„75 Jahre – FN on Tour“ - Flächengemeinde im oberen Taubertal hat einen hohen Investitionsbedarf in die weit verzweigte Infrastruktur / 2022 steht der 50. Geburtstag an

Creglingens Stärke ist die große Vielfalt

Wer die Probleme einer Flächengemeinde wie Creglingen verinnerlichen will, der geht mit dem Bürgermeister auf eine Tour durchs Gemeindegebiet. Wenig Menschen, viele Straßen und Gebäude: Diese Infrastruktur macht das Regieren nicht leicht.

Von 
Arno Boas
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Creglingen wirbt für sich als „Stadt mit Ideen“. Mit über 30 Wohnorten und nur knapp 4700 Einwohnern ist sie eine der am dünnsten besiedelten Kommunen des Landkreises. © Thomas Wilhelm

Zahlen und Fakten



Höhe: 278 Meter über NHN

Fläche: 117 km2

Einwohner: 4631 (31. Dezember 2020)

Bevölkerungsdichte: 40 Einwohner je km2

Postleitzahl: 97993, 97990

Vorwahlen: 07933, 07939, 09335, 09865, 09861.

Kfz-Kennzeichen: TBB, MGH

Siedlungs- und Verkehrsfläche: 1069 Hektar

Landwirtschaftsfläche: 7712 Hektar

Waldfläche: 2672 Hektar

Wasserfläche: 77 Hektar

Sonstige Fläche: 193 Hektar

Stadtgliederung: Kernort Creglingen und zwölf Ortsteile: Archshofen, Blumweiler, Craintal, Finsterlohr, Frauental, Freudenbach, Münster, Niederrimbach, Oberrimbach, Reinsbronn, Schmerbach, Waldmannshofen.

Creglingen. Ein großes Jubiläum liegt erst relativ kurz hinter der Stadt Creglingen – im Februar 2020 der 100. Geburtstag des Pferdemarktes – ein anderes steht bald bevor: Vor fast 50 Jahren – im Jahr 1972 – schlossen sich Creglingen und zwölf weitere Gemeinden zur neuen Stadt Creglingen zusammen. Das halbe gemeinsame Jahrhundert: ein Grund zum Feiern? Inzwischen: ja.

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Die Menschen im oberen Bezirk sehen das Ganze programmatisch. Denn eine wirkliche Alternative hat es damals nicht gegeben. Und so ist aus der Zweckheirat über die Jahrzehnte zwar keine Liebesbeziehung geworden, aber man respektiert sich und hat sich arrangiert – und das ist oft eine bessere Grundlage für eine dauerhafte Beziehung als überschwängliche Gefühle.

Der Keltenverein Finsterlohr-Burgstall kümmert sich seit Jahren um das keltische Oppidum. © Arno Boas

Creglingen war bei der Kommunalreform vor knapp 50 Jahren eine der wenigen Gemeinden im Land, in der der Hauptort weniger Einwohner hatte als die dazu kommenden Ortschaften. Immerhin 34 Wohnplätzer waren unter einen Hut zu bringen – eine Sisyphusaufgabe.

Die einen – etwa Reutsachsen – zog es mehr nach Rothenburg, die anderen – wie Waldmannshofen – eher Richtung Aub und Ochsenfurt. Da war das Zusammenwachsen keine Sache von Monaten, eher von Jahren´oder Jahrzehnten.

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Dass bei allen Unterschieden trotzdem ein „Creglingen-Gesamtgefühl“ gewachsen ist, hat der Pferdemarkt 2020 gezeigt. Das 100-Jahr-Jubiläum war eine eindrucksvolle Demonstration bürgerschaftlichen Engagements über alle früheren Ortsgrenzen hinweg. Wenn es gilt, wird also zusammen gehalten. Einheit in der Vielfalt, würde man das wohl in der großen Politik nennen.

Das Romschloss (im Hintergrund) ist das kulturelle Zentrum Creglingens. © Arno Boas

Kommen wir zum Ausgangspunkt zurück: Die dünne Besiedlung und die weit verzweigte Infrastruktur haben gravierende Nachteile: Die Gemeinde ist klamm, denn viel Geld muss sie in den Erhalt ihrer Straßen und Gebäude stecken. Bürgermeister Uwe Hehn kämpft seit Jahren für eine bessere Finanzausstattung, zuletzt sogar mit einigem Erfolg, denn die Einführung der Flächenprämie durch das Land Baden-Württemberg ist auch auf seinen Einsatz zurückzuführen. Berührungsängste hat der Creglinger Bürgermeister dabei nicht: Letztes Jahr chauffierte er den baden-württembergischen Sozialminister Manfred Lucha höchstpersönlich durch das 117 Quadratkilometer große Gemeindegebiet – die Fahrt dauerte fast einen halben Tag. Es ist nicht verbürgt, was der Gast aus Stuttgart über den Ausflug dachte – sicher aber darf man sein, dass Uwe Hehn seinen Kampf mit Stuttgart für eine bessere Finanzausstattung so schnell nicht aufgibt.

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In Creglingen gibt es zahlreiche Museen. Das vielleicht originellste ist das Lindleinturmmuseum. Der Turm wurde einst von Margarete Böttiger bewohnt, die im Volksmund nur die „Katzen-Margret“ hieß. Heute ist das Kleinstmuseum genau so eingerichtet, als sei die 1995 Verstorbene nur eben kurz einkaufen gegangen.

Auch das Fingerhutmuseum von Familie Greif ist ein besonderer Ort. Es gilt als das einzige Spezialmuseum dieser Art weltweit.

Am bekanntesten ist die Herrgottskirche mit dem beeindruckenden Marienaltar von Tilmann Riemenschneider.

Ein besonderes Museum befindet sich auch in der Badgasse. Dort spiegelt das jüdische Museum die Geschichte der jüdischen Gemeinde eindrucksvoll wider. Dazu gibt es den Gedenkraum an den 25. März 1933 im alten Rathaus und den jüdischen Friedhof.

Ein weiteres außergewöhnliches Museum befindet sich im ehemaligen Wasserschloss Waldmannshofen. Dort ist das Feuerwehrmuseum untergebracht.

Ein Freiluftmuseum liegt zwischen Finsterlohr und Burgstall: das keltische Oppidum. Hier befinden sich ein Lehrpfad, eine rekonstruierte Pfostenschlitzmauer, ein Keltenhaus und ein Keltenbackofen.

Ein Alleinstellungsmerkmal in touristischer Hinsicht ist die Jugendherberge, die einzige im ganzen Landkreis. Außerdem gibt es den Campingplatz in Münster, das Freizeitgebiet Münsterseen und das Freibad in Freudenbach.

In Frauental beherbergt das ehemalige Zisterzienserinnenkloster das Museum „Vom Kloster zum Dorf“.

Infos zu allen Sehenswürdigkeiten unter www.creglingen.de

Creglingens Stärke liegt nicht in der Finanzkraft, sondern in der Vielfalt. „Die Menschen, die Dörfer, sie sind alle unterschiedlich, aber alle Einwohner eint, dass sie sich für ihr Dorf engagieren“, lobt Uwe Hehn den Menschenschlag. Es sei nicht immer einfach, alle und alles unter einen Hut zu bringen, aber: „Du musst die Leute mitnehmen, musst den Kontakt mit ihnen halten, wenn du etwas von ihnen haben willst“. Bestes Beispiel: die Wegebauvereine. Dieses in Creglingen inzwischen etablierte Konstrukt gibt es andernorts nicht. Landwirte beteiligen sich an den Kosten für Wegesanierung, dafür gibt’s von der Stadt einen Zuschuss. Nur so, ist Uwe Hehn überzeugt, lässt sich das weit verzweigte Wegenetz erhalten. „Unsere Landwirte sind da weiter als andere,“ lobt Hehn das Engagement des Berufsstandes.

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Viel Geld hat die Stadt in das Schulzentrum gesteckt, entsprechend modern steht es da und zieht auch viele Schüler aus dem fränkischen Nachbargebiet an. Und auch das Angebot an Arbeitsplätzen ist aus Sicht des Bürgermeisters ansprechend. Sogar auf den kleinsten Dörfern wie Wolfsbuch oder Reut-sachsen findet man interessante Firmen. Dazu die Global Player Wirthwein und Schnell im Kernort und ITW in Münster: Das Angebot könne sich sehen lassen, so Hehn.

Das Vereinsleben in Creglingen ist ausgeprägt, wie das Beispiel der Theatergruppe Reinsbronn zeigt. © Arno Boas

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In der Kernstadt schätzt Uwe Hehn die Kompaktheit. „In fünf Minuten erreichst du alles Notwendige“. Das sieht auch Uwe Hehns erster Stellvertreter Karl Haag so. Die Einkaufsmöglichkeiten seien nach wie vor gut, sagt Karl Haag, der dienstältestes Mitglied im Gemeinderat ist. „Die Firmen stellen gute Arbeitsplätze zur Verfügung“, freut sich Haag. Und auch schulisch sei Creglingen ebenfalls gut aufgestellt. Für ihn ist Creglingen ein „schmuckes Städtchen direkt an der Tauber mit einem historischen Stadtkern“.

Die idyllische Lage im engen Taubertal ist landschaftlich reizvoll, doch sie bringt auch Probleme mit sich, zumal Creglingen von Schutzgebieten umgeben ist. Die bauliche Entwicklung gestaltet sich schwierig. „So gesehen ist die schöne Landschaft für die Stadt eher eine Belastung. Wir haben nämlich dadurch viele Auflagen, bekommen aber nichts dafür“, sieht der Bürgermeister das Ganze durch die fiskalische Brille.

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Ob es 2022 eine Feier anlässlich des 50. Geburtstags der Stadt Creglingen in ihrer jetzigen Form geben wird? Lassen wir uns doch einfach überraschen . . .

Redaktion Redakteur bei den FN

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