Creglingen. Der Rosenhof Taubertal genießt einen exzellenten Ruf. Selbst in Berlin stößt man auf seine Erzeugnisse. Sie stecken etwa in Produkten großer Naturkosmetikfirmen, sie finden sich aber auch in Fruchtaufstrichen, Joghurt oder Eis. Dabei habe er 1996 eher „aus Jux und Tollerei“ mit dem Anbau der Rosen begonnen, erzählt der 60-Jährige, der mit einer großen Portion verschmitzten Humors ausgestattet ist. Zuvor hatte sich der Creglinger Landwirtssohn vor allem auf den Anbau von Obst und Kräutern konzentriert – aber auch Hanf und Durum standen schon auf der Produktliste des nach eigenen Angaben „sehr experimentierfreudigen“ Landwirts, der eigentlich Schlosser gelernt hat.
Reinhold Schneiders Arbeitsplatz liegt idyllisch hoch über Creglingen mit einem wunderbaren Blick über das Taubertal und seine Heimatstadt. Dort oben, in unmittelbarer Nähe zum Baugebiet „Schafgärten“, stehen 250 Obstbäume und 200 Quitten, dort findet sich auch das Feld mit inzwischen 1500 Rosenstöcken und über 100 Rosensorten. „Ich bin kein Rosenzüchter, sondern ein Rosenbauer“, betont der 60-Jährige – ein für ihn ganz erheblicher Unterschied.
Reinhold Schneider verschlingt Fachbücher so wie andere seine Marmelade verschlingen. „Ich bin ein nicht satt gewordener Hauptschüler“, meint er mit einem schelmischen Grinsen. Seine Wissbegierde scheint unstillbar, „manchmal lese ich mich bis nachts um drei durch Fachliteratur“, erzählt der zweifache Familienvater im Gespräch mit den FN. So ist es kein Wunder, dass der absolute Autodidakt inzwischen ein wandelndes Lexikon ist, das sich seit 2018 auch „Demeter-Bodenpraktiker“ nennen darf. Der biologisch-dynamische Anbauverband arbeitet nach besonders strengen Vorgaben.
Der Rosenhof Taubertal
Reinhold Schneiders Kräuter-, Obst- und Rosenhof Taubertal ist Mitglied im Netzwerk Demonstrationsbetriebe Ökologischer Landbau.
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hatte aus knapp 32 000 Öko-Betrieben rund 300 Höfe als Demonstrationsbetriebe ökologischer Landbau ausgewählt.
Diese Betriebe zeigen durch Führungen, Hoffeste und Aktionstage allen Interessierten, was ökologischen Landbau ausmacht.
Der Rosenhof ist Mitglied im Anbauverband Demeter, der für biologisch-dynamischen Anbau steht und der strenge Richtlinien hat.
Seit 2018 ist Reinhold Schneider „Demeter-Bodenpraktiker“. Er verfügt über besondere Kenntnisse in Bodenphysik, Bodenleben und Biodiversität.
Die Betriebsfläche beträgt rund fünf Hektar. Auf Schneiders Streuobstwiesen wachsen Äpfel, Quitten und Wildobst..
Reinhold Schneider stammt aus einer Landwirtsfamilie und absolvierte zunächst eine Schlosserlehre in der Gemeinde Igersheim. „Aber das war nicht mein Ding“. In der Schule hatte er sein Faible fürs Geschichtenschreiben entdeckt und sogar einen Wettbewerb gewonnen, was kurzzeitig den Wunsch weckte, Journalist zu werden. Aber auch Erzieher hätte ihn gereizt, „doch ohne Abitur hätte ich da keine Aufstiegschancen gehabt“. Zudem, so sieht er es heute, „war ich eher eigenwillig und hätte mich und andere nur unglücklich gemacht“.
Prägend wurden die Zeit als Zivildienstleistender in der Bauernschule Weckelweiler, wo er die biologisch-dynamische Landwirtschaft kennenlernte, und ein Aufenthalt als´Entwicklungshelfer in Bangladesch. Danach stand fest: „Ich werde doch Bauer“. Er ging auf Lehr- und Wanderjahre, lernte unter anderem das Käsemachen, absolvierte viele Fachkurse und kam 1986 zurück nach Creglingen mit dem Wunsch, „etwas mit Sonderkulturen“ zu machen.
Dazwischen lag noch seine friedensbewegte Zeit. „Auf der Waldheide bei Heilbronn, wo in den 80-er Jahren amerikanische Nuklearsprengköpfe gelagert wurden, habe ich Blockaden mitorganisiert und dabei einiges fürs Leben gelernt“. Etwa Stressmanagement, Personalführung und Organisationsfähigkeit. Schneider bezeichnet sich als „Wertkonservativer im linken Sinne“, aber mit Ideologien hat er nichts am Hut. Ihm ist der gesunde Menschenverstand näher. „Ungerechtigkeiten regen mich immer noch auf“, bekennt er freimütig. „Wenn die Leute dich schaffen sehen, ist es egal, welche politischen Ansichten du hast“. Die Leute hätten Respekt vor seiner Arbeit, auch wenn nicht jeder mit seiner direkten Art etwas anfangen könne.
Die Entscheidung, Rosenbauer zu werden, sei für ihn die „absolut richtige Entscheidung“ gewesen, sagt der 60-Jährige im Rückblick. Und er lernt immer noch dazu, wühlt sich nächtelang durch Fachaufsätze.
Im Einsatz für eine ökologische Landwirtschaft hat er nicht nachgelassen, und so freut ihn besonders, dass der Main-Tauber-Kreis Biomusterregion wird. „Gesellschaftlich und ökologisch können wir uns die intensive Landwirtschaft nicht mehr leisten“, ist Schneider überzeugt. Die Biomusterregion sei eine wichtige Sache, für die sich einzusetzen er sich verpflichtet fühle. „Das kann eine kleine Lokomotive sein, um die Selbstvermarktung und den sanften Tourismus zu stärken.“
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