„75 Jahre – FN on Tour“ - Der 29-jährige Matthias Leuser hat den elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb in Assamstadt komplett auf Bio umgestellt – und sich mehrere Standbeine geschaffen

Assamstadt: Matthias Leuser ist erfolgreich gegen den Strom geschwommen

Die deutschen Landwirte sehen sich von politischer Seite mit immer mehr Vorschriften konfrontiert. Matthias Leuser lässt sich davon nicht entmutigen. Der 29-Jährige liebt seinen Beruf und hat Visionen. Er sieht seinen Hof gerüstet für die Zukunft.

Von 
Klaus T. Mende
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Dass ein 29-Jähriger in der Landwirtschaft so richtig durchstartet, ist heutzutage nicht mehr die Regel. Matthias Leuser hat großen Spaß und sieht seinen Hof, der komplett auf Bio umgestellt worden ist, für die Zukunft gut aufgestellt. © Klaus T. Mende

Assamstadt. Matthias Leuser schwimmt gewissermaßen auch mal gegen den Strom. Im Gegensatz zu vielen anderen Menschen seines Alters, die es zunehmend in die Ballungsräume zieht, weil sie hier nur noch wenig berufliche (und private) Perspektiven sehen, hat sich der Assamstadter zusammen mit seiner Lebensgefährtin Carmen Scherer und dem wenige Monate alten Nachwuchs dazu entschlossen, die Chance beim Schopf zu packen, um da durchzustarten, wo sie alle ihre Wurzeln haben – im ländlichen Raum. Und damit in heimatlichen Gefilden. Die Arbeit auf dem Agrarsektor sei bestimmt keine einfache, lässt Leuser im Gespräch mit den Fränkischen Nachrichten wissen, doch für ihn sei es eine Herausforderung, der er sich gerne stelle, „zumal ich es liebe, mit den Tieren, und das in der Natur, tätig zu sein“.

Zunächst konventionell tätig

Bis vor gut drei Jahren war der Hof des Junglandwirts einer wie viele andere in der Region zwischen Tauber- und Jagsttal – konventionell betrieben. Doch dann sei schließlich, in engem Austausch mit seinem Vater, eine Kehrtwende um 180 Grad vollzogen worden, „Inzwischen haben wir komplett auf Bio umgestellt – und das aus voller Überzeugung“, erklärt der Agrarexperte weiter.

Zum Hof vor den Toren von Assamstadt zählen 30 Milchkühe – lauter glückliche Kühe. Denn sie dürfen auf die Weide, so oft es möglich ist. Ein weiteres wichtiges Standbein stellt der Ackerbau dar. Und hier zeigt sich der 29-Jährige äußerst experimentierfreudig.

Mit der Hähnchenmast hat sich Matthias Leuser ein weiteres Standbein geschaffen, das ihn und seine Familie voller Optimismus in die Zukunft blicken lässt. © Leuser

Dinkel, Lupinen, Erbsen und vieles andere – „es wird ganz einfach ausprobiert. Und wenn mal etwas nicht so funktioniert, wird im Folgejahr etwas anderes getestet“, lacht Matthias Leuser, ein junger Vertreter seiner Zunft, der voller Ideen und Visionen steckt. Doch dies sei eine sehr gute Grundlage, um dauerhaft auf dem Agrarsektor Fuß zu fassen und so all den Untiefen zu trotzen, mit denen sich die Landwirte von verschiedener Seite konfrontiert sehen.

Stillstand ist bekanntlich Rückschritt. Und so hat der Jungbauer nach einem weiteren Betätigungsfeld Ausschau gehalten – mit Erfolg. Seit kurzer Zeit betreibt er nämlich auf seinem Terrain einen Hähnchen-Maststall – im Übrigen ebenso voll und ganz unter Bio-Aspekten. Wer jetzt denkt, ein Tier sitzt dicht gedrängt am nächsten, dessen Vorstellungen führen komplett in die Irre. Stattdessen ist es so, dass der Wohlfühlfaktor für das gackernde Völkchen einen hohen Stellenwert hat. Denn ihm stehe, so Matthias Leuser, nicht nur ein geräumiger überdachter Bereich, sondern auch eine riesengroße Freifläche zur Verfügung.

Nicht lange überlegt

Als der Assamstadter die Wahl hatte, im Vollerwerb in die Landwirtschaft einzusteigen oder sich einen Job mit geregelten Arbeitszeiten und gesichertem Einkommen zu suchen, musste er nicht lange überlegen. „Die Entscheidung ist mir nicht schwergefallen – ich habe sie aus Überzeugung getroffen“, sagt er sichtlich zufrieden – und wer ihn so beobachtet, der kommt schnell zu dem Schluss, dass die Arbeit ihm großen Spaß bereitet, „auch weil ich mich hier richtig entfalten kann“.

Er sei sich zwar von Anfang an darüber im Klaren gewesen, dass sich im Freizeitverhalten manches gravierend ändern werde, wenn er selbst das Ruder übernehme. Es sei zum Beispiel nicht mehr ganz so einfach, mal kurzzeitig alles liegen zu lassen und einen Urlaub anzutreten. Denn jetzt habe er eine große Verantwortung für Natur und Tiere. Und der wolle er gerecht werden. „Ich trage dies gerne mit“, lacht Freundin Carmen – und ergänzt: „Außerdem ist es auf so einem Hof bisweilen fast schon wie Urlaub mit all den Tieren.“

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Ken Tag wie der andere

Für Matthias Leuser liegt der Reiz, als leidenschaftlicher Landwirt engagiert zu sein, vor allem darin, „selbständig Verantwortung zu tragen“. Trotz der wenigen Freizeit sei kein Tag wie der andere – und jeder neue Tag bringe viele Überraschungen. Am Abend könne er aber stets zufrieden Bilanz ziehen, „denn ich weiß und sehe, was wir geleistet haben“. Es sei ständig was los – „und langweilig wird es bestimmt nicht“.

Der 29-Jährige kritisiert, dass die Landwirtschaft als Ganzes von bestimmten Teilen der Gesellschaft „immer wieder an den Pranger gestellt wird“ – aus seiner Sicht sei dies zum überwiegenden Teil realitätsfremd. Es sei ganz einfach falsch, den Bauern oftmals dann die Schuld in die Schuhe zu schieben, wenn es wieder mal um Themen wie Klima und Umwelt gehe.

Änderungen im Kopf

Unabhängig davon reifte auf dem Leuser-Anwesen in jüngster Zeit immer mehr das Bestreben, Änderungen herbeizuführen: „Wir wollten den Hof für die Zukunft neu ausrichten – deswegen haben mein Vater und ich nicht nur über Bio nachgedacht, sondern dies auch umgesetzt.“ Und jetzt wähne man sich auf einem guten Weg hinein in eine optimistische Zukunft.

Der Wechsel auf biologischen Anbau bedeutete für die Leusers auch eine mentale Umstellung, was die Ausrichtung des Hofes angeht. „Der Kopf muss mitarbeiten“, schmunzelt der leidenschaftliche Bauer. Es sei bewusst eine ganz andere Richtung eingeschlagen worden, sei es bei der Bearbeitung der des Bodens und der Pflanzen auf den Feldern, sei es beim Futter für die Tiere. Doch schlussendlich sei dieser Spagat doch gut gelungen, meint er. Vieles habe sich geändert, geblieben sei jedoch die Bürokratie: „Sie wird nicht weniger, es wird regelmäßig kontrolliert, und es muss viel dokumentiert werden.“ Hier wären auch mal die Hebel anzusetzen – doch darüber müssten sich andere endlich mal die Köpfe zerbrechen, meint er.

Matthias Leuser will sich und seinen Betrieb auch als Biolandwirt künftig stets weiterentwickeln – und hat dafür auch schon konkrete Vorstellungen. Denn über einen mobilen Hühnerstall denkt er mit seiner Familie ebenso nach wie später über einen kleinen Hofladen, in dem er Produkte aus der Region für die Menschen in der Region anbieten möchte. Der 29-Jährige hat nämlich längst verstanden, wie gut und nützlich es durchaus sein kann, auch einmal gegen den Strom zu schwimmen.

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Redaktion Mitglied der Main-Tauber-Kreis-Redaktion mit Schwerpunkt Igersheim und Assamstadt

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