75 Jahre – FN on Tour - Historisches Handwerk erhalten / Das Brauchtum pflegen und bewahren

Die Schlepperfreunde Grünsfeld lassen alte Traktoren in neuem Glanz erstrahlen

Die Schlepperfreunde Grünsfeld lrestaurieren alte Traktoren und Landmaschinen, fühlen sich aber auch dem historischen Handwerk verpflichtet.

Von 
Matthias Ernst
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Grünsfeld. „Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, bäuerliches Brauchtum und Traditionen zu pflegen und zu erhalten.“ Kilian Barthel ist der Vorsitzende der Schlepperfreunde Grünsfeld. Seit mittlerweile 19 Jahren gibt es diese Vereinigung. Eine richtige Erfolgsgeschichte.

„Immer ist es bergauf gegangen“, so Barthel im Gespräch mit den FN. Marken wie Güldner, Fendt, Deutz, Lanz, Hanomag, Porsche, Kramer, Allgaier oder Massey Ferguson lassen auch heute noch die Augen der Kenner aufleuchten. Die Anfangszeit der Motorisierung in der Landwirtschaft wird durch den Verein wieder lebendig. Mit viel Liebe zum Detail werden alte Maschinen wieder hergerichtet, um sie für die Nachwelt zu erhalten.

Noch viele Schätze zu heben

Mittlerweile steckt viel Know-How als Erfahrungsschatz in den Mitgliedern, die nicht alle aus der Landwirtschaft kommen, aber die Liebe zu den alten Maschinen als gemeinsames Hobby entdeckt haben. Jeder bringt sich ein und tut was er kann. Viele Schätze müssen noch gehoben werden, sind sich die Mitglieder einig. Denn in alten Scheunen lassen sich manchmal im hintersten Eck noch Pioniere der Landwirtschaft entdecken.

Die Technik ist meist recht einfach und High-Tech, wie sie heute in landwirtschaftlichen Zugmaschinen verbaut ist, fehlt komplett. „Dafür kann man an den Maschinen auch noch selbst Hand anlegen und braucht keinen Computer zum Auslesen von Fehlerdaten“, sagen die Schlepperfreunde.

Doch nicht nur alte Traktoren haben es den Vereinsmitgliedern angetan. Auch die Technik von alten Pflügen, Mähdreschern oder Dreschmaschinen gehören zum Fundus der Vereinsmitglieder. So arbeitet auch heute noch ein Mähdrescher der Marke Claas Columbus (Baujahr 1962) von Andreas und Sebastian Bundschuh sehr zuverlässig. Immer wieder kommt er bei Vorführungen zum Einsatz, wie bei den regelmäßig stattfindenden Schleppertreffen oder bei der Grünsfelder Gewerbeschau, an der man sich seit mehreren Jahren beteiligt.

Gerne zeigen die Schlepperfreunde Grünsfeld ihre alten Landmaschinen bei Ausfahrten und Umzügen, Festen und Ausstellungen. © Matthias Ernst

Da gibt es nicht nur bei den Kindern große Augen, auch viele Erwachsene sind hellauf begeistert, wenn die liebevoll restaurierten Gefährte von außen und innen zu besichtigen sind. Und immer sind es die Vorführungen der Schlepperfreunde, die besonders geschätzt werden. Dabei gibt es stets fachkundige Erklärungen und immer wieder hört man von Besuchern, dass sie sich noch gut an die Zeit der frühen Motorisierung erinnern können.

Wo früher Pferde oder Ochsen die Feld- oder Waldarbeit unterstützten, kam es kurz nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem Wechsel in der Antriebstechnik. Immer häufiger lösten Maschinen die Tiere ab. Man arbeitete immer effizienter und schneller. Ob das alles so gut war? Das bezweifeln die Schlepperfreunde. Aber ohne die Mechanisierung könnten sie ihrem Hobby nicht nachgehen.

Häufig trifft man sich in der alten Scheune in der Gerlachsheimer Straße, die mittlerweile zu einem „Vereinsheim“ geworden ist und restauriert alte Maschinen. 2017 waren es immerhin über 400 Stunden, die man in der alten Halle verbrachte.

Dabei beweisen einzelne Mitglieder erstaunliche Fähigkeiten. Einige können gut mit dem Schweißgerät umgehen, andere wiederum sind mit dem Einbau von Einzelteilen vertraut.

Erstaunlich viele jüngere Mitglieder hat der Verein. Ein Zeichen, dass die Liebe zur Historie nicht auf ein gewisses Alter beschränkt ist. Die Jungen lernen von den Alten und umgekehrt. Man hilft sich gegenseitig und lässt auch die Geselligkeit nicht zu kurz kommen. Regelmäßige Ausfahrten mit ihren „Schätzchen“ gehören ebenso zum Vereinsleben, wie die Fahrt nach Nordhorn in Niedersachsen, wo eines der größten und bedeutendsten Schleppertreffen in Europa stattfindet.

Während man in der näheren Umgebung mit dem eigenen Traktor vorfährt, finden die weiteren Reisen alle mit dem Bus statt. „Bei 20 bis 25 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit wäre es nicht machbar“, so Kilian Barthel, der dem Verein schon einige Jahre vorsteht. „Bei den größeren Treffen wird dann mit den Kollegen und Kolleginnen der anderen Vereine gefachsimpelt und man verrät sich gegenseitig Tipps, wie man das eine oder andere Ersatzteil doch noch bekommen kann. Die sind nämlich gar nicht so leicht zu finden.“

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Vor allem, wenn es sich um den jeweiligen Motor handelt, wird es manchmal echt kompliziert. Von abgebrochenen Wellen, verschlissenen Zahnrädern und offenen Kolben mit viel zu viel Spiel können die Vereinsmitglieder ein Lied singen, aber auch von festgerosteten Deckeln oder brüchigen Elektrokabeln.

„Bis so ein Schmuckstück wieder fahrtüchtig ist, können schon ein paar hundert Stunden draufgehen“, weiß Barthel. Aber wenn dann wieder alles blinke und glänze und auch der korrekte Anstrich aufgetragen sei, dann sehe man viel Staunen in den Gesichtern der zahlreichen Bewunderer auf Ausstellungen oder Ausfahrten.

Einige Vereinsmitglieder legen allerdings mehr Wert auf das originale Aussehen ihrer Gefährte. Eine gewisse Patina gehört nach 50 oder 60 Jahren dann einfach dazu. Hauptsache, die Technik funktioniert. Das wird regelmäßig überprüft, denn keiner will mit seinem Gefährt liegenbleiben. „Manchmal muss man zwar beim Anlassen etwas Geduld mitbringen, aber wenn so ein altes Gefährt erst mal läuft, dann läuft es auch zuverlässig“, so Kilian Barthel gegenüber den FN.

Viel Wert wird bei den Schlepperfreunden – die nicht nur aus Grünsfeld kommen, sondern auch aus der näheren Umgebung – auf die Bewahrung alter Techniken nicht bloß bei den Zugmaschinen gelegt. Auch alte Landmaschinen zum Dreschen oder Holz spalten gehören zum Fundus der Grünsfelder Schlepperfreunde.

Mit einem Riemenantrieb lassen sich allerlei Geräte bedienen, die im Lauf der Jahrzehnte die Muskelkraft ersetzten. Oder, wie bei den moderneren Geräten, man nutzt eine Kardanwelle. Da ist viel Fachwissen gefragt und die Schlepperfreunde Grünsfeld haben einen guten Namen in der Gegend, wenn es um die Vielfalt der landwirtschaftlichen Geräte geht.

Kilian Barthel ist stolz auf seine Vereinsmitglieder, wenn er auch anmerkt, dass der Markt schwieriger wird. Denn alte Zugmaschinen gelten mittlerweile als Anlageobjekte. „Kein Wunder, wenn man für eine Komplettrestaurierung fast so viel hinlegen kann, wie für einen gehobenen Mittelklassewagen.“ Doch trennen will sich bei den Grünsfelder Schlepperfreunden ganz bestimmt niemand von seinem „Schätzle“.

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