75 Jahre – FN on Tour - Waschechter Niklashäuser liebt seine Rollen als Schauspieler und Regisseur

Gerold Künzig aus Niklashausen liegt Theater im Blut

Er ist ein waschechter Niklashäuser. Und es zieht Gerold Künzig zeit seines Lebens auf die „Bretter, die die Welt bedeuten“: zuerst als Schauspieler, inzwischen auch als Regisseur.

Von 
Hans-Peter Wagner
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Ganz in seinem Element als Schauspieler: Gerold Künzig (links) 2017 als älterer Tenor in der Aufführung des Stücks „Immer diese Schwiegermütter“. © Sammlung Gerold Künzig

Niklashausen. „Mein Opa hat früher Theater in Niklashausen gespielt. Unser Sohn Fabian hat die gleichen Gene“, erzählt Gerold Künzig im Gespräch mit den FN von seiner Familie. Er selbst sammelte erste Theater-Erfahrungen schon in der Grundschule Gamburg: „Vierte Klasse, Emil und die Detektive, Nebenrolle mit etwas Text.“ In der Hauptschule spielte seine Klasse jedes Mal zum Abschluss des Schuljahres Theater.

Gerold Künzig an der Kirche, deren Außenbeleuchtung die Theatergruppe mitfinanziert hat. © Wagner

Beim ersten Stück der Theatergruppe Niklashausen im Jahr 1981 war Künzig nicht dabei. Danach jedoch ging er auf Initiator Walter Dahner zu und meinte: „Wenn ihr mal einen braucht, dann rufst mich einfach an.“ Dahner hat 1984 angerufen, „und ich war dabei“, freut sich Künzig noch heute. Im Januar 1985 hat er bei „Der scheinheilige Florian“ seine Rolle textlich so präsentiert: „Ganz ruhig, wie mer seicht, doa soach ich am Gscheidste nix.“

Nur Komödien auf dem Spielplan

„Wir spielen nur Komödien“, erklärt der Akteur beim Blick auf die bisherigen Spielpläne der Theatergruppe aus dem Werbacher Ortsteil – jahrzehntelang im Januar, später im November, meist vier Wochen lang. Inzwischen sind es alle zwei Jahre jeweils um die acht Aufführungen. Hinzu kommt eine beim Seniorennachmittag.

Nach einer Theatersaison ist ein Jahr Pause. Dann heißt es erneut: „Wer spielt wieder mit“. Damit beginnt die Suche nach einem Stück. Dazu beurteilen, „zwei Damen und ich“, so Künzig, verschiedene Leseproben. Die Gruppe trifft sich bei einem Mitspieler, liest die Texthefte gemeinsam. Dann werden die Rollen verteilt, jeweils passend zu den einzelnen Charakteren der Akteure.

„Die Regie ist eine gemeinsame Sache“, betont Gerold Künzig, „jeder bringt seine Ideen mit ein.“ Bei den Proben wird gelesen, gegessen, getrunken, geflachst. Sobald die Kulisse steht, geht es zur „ewigen Spielstätte“ im Saal des Niklashäuser Gasthauses „Zum Hirschen“. Dort ist bei den Vorstellungen Platz für 100 Zuschauer.

Freude an Improvisation

„Alle Aufführungen seit 1981 waren erfolgreich“ und „ohne besondere Vorkommnisse“ freut sich der Schauspieler. Schmunzelnd gibt er allerdings zu, dass er es mag, auf der Bühne zu improvisieren: „Dies lockt den Beifall der Zuschauer, nicht aber den der Mitspieler.“ Insgesamt jedoch „passt alles“, ist Künzig überzeugt.

Was nach den Aufführungen an Geld übrig bleibt, kommt jeweils Projekten in Niklashausen oder sonst einem guten Zweck zugute.

Für 2019 hatte die Theatergruppe bereits das Stück „Tolldreiste Brüder“ vorbereitet. „Wir hätten spielen können“, blickte Künzig zurück. Kurzfristiger Personalmangel verhinderte damals die Aufführungen. Dafür sollte dann eben 2020 gespielt werden. Doch Corona kam dazwischen.

Momentan sei vorgesehen, dass auch in diesem Jahr nicht gespielt wird. Künzig: „Wir können nicht mehr als warten.“ Nun hoffen die Laienschauspieler, dass es wieder losgeht, sobald die Möglichkeiten gegeben sind.

„Ausgebremst“ ist Gerold Künzig aber nicht nur als Schauspieler, sondern auch in seiner Funktion als Regisseur. In diese „bin ich hineingeschlittert“, blickt er schmunzelnd zurück. Um die Jahrtausendwende hatte die Theatergruppe jemand gesucht, der bei Bedarf den „Pfeifer von Niklashausen“ mimt. Künzigs erster Auftritt als solcher war 2001 in Röttingen, wo er mit anderen die Gemeinde Werbach bei einem Jubiläum vertrat. Später spielte Gerold Künzig auch die Rolle des Laurentius Schwab, Hofchronist des Fürstbischofs von Würzburg, während Sohn Fabian die Rolle des Pfeifers übernahm. Immer wieder, so Künzig, habe er damals überlegt, wer auf der Bühne wo zu platzieren sei.

Für Mitte 2013 hatte „Der Pfeifer –Verein für Geschichte und Kultur Niklashausen“ einen historischen Abend geplant. Aufgeführt werden sollte das Stück „Der Prophet der letzten Tage“ des Autors Uwe Klausner (Bad Mergentheim) über das Leben und Wirken des Hans Böhm, Pfeifer von Niklashausen. Gerold Künzig wurde vom Verein gefragt, ob er das in die Hand nehmen könne, „und ich habe sofort ja gesagt“.

Vorstellungskraft

Damit war Künzig Regisseur. Er erhielt das Rollenbuch, suchte Mitstreiter, zuerst in der Theatergruppe, anschließend im Ort – und fand diese auch. Er habe die Örtlichkeit im Hof des „Hirschen“ x-mal näher beäugt und schon vor der ersten Probe gedanklich zirka 30 Leute eingeteilt. Vor seinem geistigen Auge sei alles so entstanden, wie es später aussehen solle.

Natürlich seien Absprachen nötig gewesen, der Regisseur müsse auf seine Leute eingehen, versichert Künzig: „Man braucht ein Gespür für ein Gefühl.“ Die Proben dauerten etwa acht Wochen, das Stück sei ein voller Erfolg gewesen, frohlockt der Regisseur: „Drei Mal gespielt, je 160 Zuschauer.“

Gerold Künzig ist auch als Luther unterwegs. So trat er beispielsweise in dieser Rolle bei der Feier des Reformationsjubiläums 2017 im Kurzstück „Mensch Martin“ auf.

Auf die Zukunft als Schauspieler und Regisseur angesprochen, betont Gerold Künzig, er wolle gerne wieder mit der Theatergruppe Niklashausen spielen, ein Stück inszenieren. „Tolldreiste Brüder“ stehe ja noch aus. Und er ergänzt leise, aber bestimmt: „Ich würde gerne ein abendfüllendes Pfeifer-Stück spielen.“

Der „Pfeifer von Niklashausen“ habe 1476 gewirkt, in fünf Jahren stehe das 550-Jahr-Jubiläum an. Uwe Klausner sei bereit, das Stück zu schreiben.

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