75 Jahre – FN on Tour - Der Gin des erfolgreichen Brenners Dieter Braun aus Beckstein wurde schon mehrfach ausgezeichnet

Wenn Dieter Braun Gin brennt, liegt in Beckstein Wacholderduft in der Luft

Mit Obstbränden und Destillaten kennt sich Dieter Braun aus. Mehrfach wurde er für seine Kreationen ausgezeichnet. Der Becksteiner produziert mittlerweile auch Gin in der eigenen Brennerei.

Von 
Diana Seufert
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„Gut Ding braucht Weile“, sagt Brenner Dieter Braun. Das gilt auch für den Gin, der in der modernen Destille in Beckstein produziert wird. © Diana Seufert

Beckstein. Fast bis zum Überlaufen ist die Brennblase gefüllt. Der letzte Rest Flüssigkeit muss bis zum nächsten Destilliervorgang warten. Obenauf schwimmen Wacholderbeeren und verströmen ihren typischen Duft. Mit einem schnellen Handgriff verschließt Dieter Braun den kupfernen Kessel und legt kräftig Holz in die Feuerstelle darunter. Rund 80 Grad Celsius herrschen in der Blase. Langsam steigt der Dampf in die Höhe, wird abgekühlt, kondensiert und läuft schließlich in den bereitstehenden Eimer.

Mit zahlreichen Medaillen und Auszeichnungen wurden die Liköre und Spirituosen von Dieter Braun bereits belohnt. © Diana Seufert

Palette wird erweitert

Der Becksteiner nutzt seit geraumer Zeit sein Wissen, um Gin zu produzieren. Der Wacholderschnaps ist mittlerweile zum In-Getränk avanciert, erzählt er. Damit erweitert er die eigene Palette an Obstbränden und Likören, die bereits mehrfach ausgezeichnet wurden. Nicht nur bei den badischen und den württembergischen Kleinbrennern holt er regelmäßig Medaillen, sondern auch bei der DLG wurden seine Erzeugnisse schon ausgezeichnet.

Braun experimentiert gerne. Und so kam er auch zum Gin. In einer Miniatur-Destille hatte er mehrere Monate an der richtigen Mischung getüftelt. Da gab es auch einige Rückschläge zu verzeichnen. „Einmal wollte ich zuviel, da ist mir alles um die Ohren geflogen“, erinnert sich Braun, der zusammen mit drei Jungs einer Würzburger Werbeagentur an der richtigen Rezeptur gebastelt hat. Immer wieder haben sie sich getroffen und bei Tastings die letzten Nuancen herausgekitzelt.

„Das hat unheimlich viel Spaß gemacht. Wir haben uns gegenseitig befruchtet.“ Denn die vier wollten eine ganz spezielle Sorte Gin produzieren: Den London Dry. Das Besondere daran: „Beim London Dry müssen alle Zutaten in die Brennblase, Zusatzstoffe oder Flavour dürfen später nicht noch hinzugefügt werden.“ „London Dry“ steht dabei nicht für die Herkunft, sondern quasi für ein Reinheitsgebot. Seit dem 18. Jahrhundert wird der Gin so hergestellt, während früher oft nachträglich gesüßt wurde.

Es muss also alles passen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, wurde der Gin doch bei der jüngsten Prämierung der Kleinbrenner in Baden mit Gold ausgezeichnet – eine Auszeichnung, die Braun dafür schon bei der DLR und der Frankfurt Trophy eingeheimst hat.

Die Wacholderbeeren für den Gin aus Beckstein füllen zusammen mit Gewürzen und Neutralalkohol den Brennkessel. © Diana Seufert

Bio-Qualität

Wacholder in Bio-Qualität wird zusammen mit Gewürzen gemischt und mit Neutralalkohol vermengt. Einen Tag vor dem Brennen gibt Braun noch die Schalen von Bio-Zitronen und -Orangen dazu. Im 150 Liter fassenden Brennkessel der modernen Anlage entsteht aus der öligen Masse aus Botanicals und Alkohol der London Dry aus Beckstein. Mit mehr als 90 Volumen-Prozent fließt der besondere Stoff in den Eimer. Durch das Destillieren mit einem Verstärker ist gleichzeitig auch die Reinigung verbunden. Glasklar, ohne jede Trübung, ist die Flüssigkeit. Schnell steigt der typische Geruch in die Nase.

Weich und harmonisch

Weich und harmonisch im Gaumen soll das Getränk sein. Damit dies der Fall ist, lässt Dieter Braun das Destillat sechs Wochen im Tank ruhen. „Dann kann es sich harmonisieren“, erklärt der Fachmann. Behutsam wird der Alkoholgehalt über mehrere Tage durch die Zugabe von Wasser reduziert, ehe die Mischung erneut vier Wochen ruhen darf. „So kann sich der Gin wieder beruhigen, bevor er unter dem Namen ,The Hanging Man’ abgefüllt wird“, schmunzelt Braun. Hinter der Bezeichnung stecke eine Geschichte über einen Londoner Frauenknast, in dem im 19. Jahrhundert unter widrigsten Umständen Gin hergestellt wurde. Ob dies auf Wahrheit beruht oder alles nur Legende ist, lässt Braun offen. Zumindest gab es erst die Erzählung, bevor sich die drei Chefs der Marketingagentur auf die Suche nach einem Gin-Destillateur machten.

In einer Minidestille wird die Rezeptur für die Spirituosen entwickelt. © Diana Seufert

Dieter Braun ist Brenner mit Leib und Seele. Seit mehr als 50 Jahren werden in seiner Familie Spirituosen erzeugt. Dabei stehen für ihn nicht nur seine eigenen Produkte im Vordergrund. Viele Jahre hat er sich für seine Standeskollegen im Taubertal eingesetzt. Er bildete sich nicht nur regelmäßig fort und gab die Informationen weiter, sondern holte als Vorsitzender der regionalen Gruppe des Verbands Badischer Obst- und Kleinbrenner Referenten in die Region. Braun bedauert, dass der Vorsitz derzeit nur kommissarisch geleitet wird.

Im Verband engagiert

Richtig anspruchsvoll ist für den Experten die Gin-Herstellung nicht. „Wenn man einmal die richtige Mischung herausgefunden hat, ist das Destillieren keine Schwierigkeit mehr.“ Das Rezept sei die Leistung, nicht das Brennen. Obstbrände, die Braun ebenfalls brennt, seien da schon aufwendiger, findet der Fachmann. Seine Brennsaison startet im Sommer kurz nach der Ernte von Kirschen und Himbeeren, um den vollen Geschmack der Früchte in die Flasche zu bannen.

Seit zehn Jahren zieht es ihn immer wieder ins Erzgebirge. Nicht zum Urlaub, sondern zur Arbeit. Braun ist in Lauter Teilhaber einer Brennerei, in der neben edlen Obstdestillaten mittlerweile auch Whisky produziert wird. Aufgrund der Corona-Pandemie stieg man in die Herstellung von Desinfektionsmittel ein, nach den Vorgaben der Weltgesundheitsorganisation WHO.

Diese Sparte will Braun gerne ausbauen. Um die Desinfektionsflüssigkeit für den Klinikbereich überhaupt produzieren zu dürfen, müssten hohe Standards eingehalten werden. Und die Zertifizierung sei sehr aufwendig, sagt der Brenner, der in Tauberbischofsheim lebt. Doch davon hat sich Braun bisher nicht abschrecken lassen. Sein Ansporn: „Ich will gute Produkte erzeugen.“ Dabei spielt die Qualität eine entscheidende Rolle. Das die stimmt, wurde Dieter Braun, der selbst in der Prüfungskommission für Brände und Liköre seine sensorischen Fähigkeiten unter Beweis stellt, mehrfach bescheinigt.

Abgefüllt ist der Gin aus Beckstein noch nicht. „Wir gönnen ihm noch etwas Reifezeit. Denn: Gut Ding braucht Weile“, beschreibt der Brenner eine ganz wichtige Maxime seiner Arbeit.

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