Medizinische Versorgung

Bürgerspital Wertheim: Landrat will „baldmöglichst“ Klarheit schaffen

Der Poker über den Zuschuss des Kreises für das Wertheimer Bürgerspital geht in die entscheidende Phase. Die Fraktionen des Kreistags stehen großteils hinter dem Grundsatzbeschluss, das Projekt unter bestimmten Bedingungen voranzubringen.

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Gerd Weimer
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Für den vollständigen Betrieb der Notaufnahme am Wertheimer Bürgerspital braucht es einen Zuschuss des Landkreises. © Gerd Weimer

Wertheim/Main-Tauber-Kreis. Der politische Poker um den Zuschuss des Landkreises für den Betrieb der Notaufnahme im neuen Wertheimer Bürgerspital nähert sich der Schlussrunde. Ohne die finanzielle Unterstützung des Kreises, kann der Betrieb nicht wie vorgesehen rund um die Uhr stattfinden. Seit vergangener Woche können Patienten aus Wertheim und Umgebung das Bürgerspital im Notfall zwar aufsuchen, doch nur zeitlich eingeschränkt: montags bis freitags von 8 bis 18 Uhr.

Bürgerspital-Chef Alexander Gläser zur Finanzierung der Notaufnahme

Alexander Gläser, Geschäftsführer des Wertheim Bürgerspitals, nimmt gegenüber den FN Stellung zum Finanzierungsmodell für die Notfallaufnahme.

  • Der Betrieb der Zentralen Notaufnahme sei ein „Vertrauensbeweis in eine funktionierende und verantwortungsvolle Kommunalpolitik“, so Gläser. „Das einzige Krankenhaus für 50 000 Menschen zu erhalten, muss Minimalkonsens für alle sein, die Politik für alle machen wollen und sich für die Menschen einbringen“.
  • Das Finanzierungskonzept sei „nicht nur das einzig verbliebene, sondern bei Weitem auch das für die öffentliche Hand kostengünstigste Modell. Jeder der etwas anderes behauptet, verkennt die Realitäten“, so Gläser weiter.
  • „Wir haben eine rechtlich einwandfreie Grundlage für die öffentliche Unterstützung erarbeitet, welche alle Rechtsvorschriften, unter anderem des EU-Beihilferechts, respektiert“, spielt der Geschäftsführer auf frühere Bedenken vor allem aus dem Landratsamt Main-Tauber an. „Die subventionierte Notfallversorgung wird betriebswirtschaftlich getrennt gerechnet und jährlich gegenüber der der Stadt Wertheim offengelegt.“
  • Nur echte Verluste der Notfallversorgung würden von der Stadt mit maximal 2,75 Millionen Euro mitgetragen. Jedes Risiko darüber hinaus trage die Westfalenklinik-Gruppe. „Man möge sich erinnern: die frühere Betreiberin hat mit dem gesamten Haus bis zu 6,5 Millionen Euro pro Jahr Verluste gemacht“, stellt Gläser klar.
  • Und weiter: „Wir haben den Verwaltungen und der Rechtsaufsicht alle Fragen beantwortet, sämtliche Dokumente vorgelegt und weit mehr Informationen bereitgestellt, als wir überhaupt verpflichtet wären. Wir haben sämtliche Hausaufgaben erledigt.“
  • Das neue Krankenhaus sei der Gemeinnützigkeit verpflichtet. Alles, was an Werten und eventuell in einigen Jahren an moderaten Gewinnen erwirtschaftet wird, reinvestiere man in die Verbesserung der Versorgung. Es könnten hiernach keine öffentlichen Mittel abfließen.
  • „Die privatwirtschaftlich organisierte Westfalenklinik-Gruppe und die Weight Doctors bringen zusätzlich Einnahmen für das Haus durch Operationen an Patienten, die andernfalls nie nach Wertheim gekommen wären. Hierdurch entstehen die dringend notwendigen Synergien für die langfristige Wirtschaftlichkeit“, erklärt Gläser das Geschäftsmodell. wei

Alexander Gläser, Chef des Bürgerspitals, hat klargemacht, dass ein Betrieb darüber hinaus ohne die bereits vereinbarte städtische Finanzspritze von bis zu 2,75 Millionen Euro nicht umzusetzen ist. Der Stadt Wertheim wiederum sitzt das Regierungspräsidium im Nacken, denn die Aufsichtsbehörde wird die Vereinbarung zwischen Bürgerspital und Stadt Wertheim nicht genehmigen, wenn dafür nicht der erforderliche Spielraum im Wertheimer Haushalt zur Verfügung steht.

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Die Hiobsbotschaft aus Bayern, dass die dortige Kommunalaufsicht den Nachbargemeinden untersagt hat, das Projekt mit Mitteln aus ihren eigenen Budgets zu unterstützen, sorgte zu Beginn der Woche für eine weitere Zuspitzung. Wie die Stadt Wertheim mitteilte, spreizt sich deswegen die vorhandene Lücke um 290.000 Euro, was die Unterstützung des Landkreises noch wichtiger macht.

Wertheim will Mitte März über Haushalt entscheiden

Unklar ist bisher, wann der Kreistag über das Wertheimer Ansinnen entscheiden wird. Doch die Zeit drängt. Denn der Wertheimer Gemeinderat will am 17. März über den Haushalt für das laufende Jahr entscheiden. Um den Zeitplan einhalten zu können, müsste der Kreistag bei seiner Sitzung fünf Tage zuvor einen Nachtragshaushalt beschließen, falls die Unterstützung nicht innerhalb des bereits beschlossenen Budgets abzubilden ist.

Dazu kommt eventuell eine Erhöhung der Kreisumlage zur Gegenfinanzierung – falls notwendig. Die erforderlichen Vorberatungen könnten im Finanzausschuss des Kreistags am 26. Februar vonstattengehen. Berücksichtigt man die Vorlaufzeit zur Erstellung der Vorlagen, müsste bis etwa Mitte Februar die Angelegenheit politisch geklärt werden.

Kein Hinweis mehr auf unerledigte Hausaufgaben

Das Landratsamt lässt auf FN-Anfrage mitteilen, dass man zum Zeitpunkt einer Entscheidung des Kreistags derzeit keine Auskunft geben könne, wie auch über die Höhe des Zuschusses. „Sie dürfen aber sicher sein, dass es Landrat Christoph Schauder ein sehr wichtiges Anliegen ist, dass die Stadt Wertheim für ihre weiteren Planungen baldmöglichst Klarheit erhält“, heißt es in der Antwort von Pressesprecher Markus Moll.

„Aus diesem Grund hat er ja auch am 23. Oktober einen entsprechenden Grundsatzbeschluss in den Kreistag eingebracht, der von diesem mit breiter Mehrheit angenommen wurde“, so Moll. Immerhin taucht der bisher übliche Hinweis auf „Hausaufgaben“, die von der Stadt Wertheim noch erledigt werden müssten, nicht mehr auf.

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Eine Anfrage an die Fraktionsvorsitzenden des Kreistags zum möglichen Zeitpunkt der Entscheidung und der Höhe des Zuschusses ergab ein unterschiedliches Bild. Joachim Döffinger (CDU) verweist „auf den mit breiter Mehrheit – auch aus der CDU-Fraktion – gefassten positiven Grundsatzbeschluss“ vom Oktober, Wertheim einen Zuschuss zu gewähren. „Damit haben wir deutlich gemacht, dass wir trotz finanziell schwieriger Zeiten einen nicht nur symbolischen Beitrag leisten möchten“, so Döffinger. Wichtig sei, dass alle wesentlichen Fragen geklärt sind, die mit dem Projekt verbunden sind. „Ich bin zuversichtlich, dass dies zeitnah gelingen kann“, erklärt der Assamstadter Bürgermeister. „Jetzt über eine mögliche Höhe oder den Zeitpunkt einer Entscheidung zu sprechen, wäre allerdings kontraproduktiv“, meint er.

Die Freien Wähler berufen sich ebenfalls auf den Grundsatzbeschluss. „Für eine endgültige Beschlussfassung zu einem möglichen Zuschuss und insbesondere zur Höhe des Zuschusses fehlen den Kreistagsmitgliedern aktuell noch die notwendigen Informationen. Sobald diese vollständig vorliegen, werden wir uns als Fraktion erneut mit der Thematik auseinandersetzen“, lässt Benjamin Czernin, Bürgermeister von Ahorn, wissen.

Aus Sicht der SPD-Fraktion bestand im Kreistag im Oktober „ein allgemeiner Konsens, bis spätestens März eine Entscheidung herbeizuführen“, vor allem im Hinblick auf den Wertheimer Zeitplan zur Verabschiedung des Haushalts, erklärt der Fraktionsvorsitzende Alfred Bauch (Külsheim). Man werde sich dafür einsetzen, dass die Entscheidung bis dahin fällt. Unabhängig von den rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen, sei es das Anliegen der SPD-Fraktion, mit der Einrichtung einer stationären Notfallversorgung inklusive „Stroke Unit“ eine zeitkritische Versorgung bei lebensgefährlichen Notlagen sicherzustellen.

Prozentualer Beitrag schafft Flexibilität

Dies entspreche den Empfehlungen des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Ersteinschätzung des Versorgungsbedarfs in der Notfallversorgung, wonach innerhalb von 30 Minuten ein Facharzt verfügbar sein sollte. Angesichts dieser Anforderungen erscheine die Einrichtung und Aufrechterhaltung einer stationären Notfallversorgung im Bürgerspital Wertheim „nicht nur wünschenswert, sondern notwendig“ – besonders für die Bevölkerung im nördlichen Main-Tauber-Kreis und darüber hinaus, so Bauch.

Bezüglich der Höhe der finanziellen Unterstützung durch den Landkreis werde man die weiteren Beratungen und die Entscheidung im Kreistag abwarten. Die Festlegung konkreter Zahlen obliege den Hauptakteuren (Landkreis und Stadt Wertheim). „Unser Ziel ist es jedoch, einen nennenswerten prozentualen Beitrag zu beschließen“, erklärt Bauch. Dieser Ansatz habe den Vorteil, dass bei einer Unterschreitung der von der Stadt Wertheim genannten maximalen Defizithöhe von 2,75 Millionen Euro die Unterstützungsleistung des Landkreises flexibel bleibt und entsprechend geringer ausfallen könne.

Die AfD-Fraktion sei „primär daran interessiert, soziale Einrichtungen nicht aufzugeben“, erklärt Roland Ehrmann (Weikersheim). Dies setzt eine stabile Basis voraus. „Nach den derzeit vorliegenden Erhebungen sowohl seitens des Betreibermodells als auch seitens des Landkreises, der viele vom Land eingeforderte Verpflichtungen leisten müsse, sei „nach dem Erkenntnisstand vom Dezember 2024 eine sofortige Hilfe trotz aller guten Absicht nicht zu leisten“. Eine Unterstützung sei nur vorstellbar, wenn die Städte und Gemeinden durch die Kreisumlage einen größeren Beitrag aufbringen. Es bestehe noch Informations- und Verhandlungsbedarf.

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Die Fraktion der Grünen verweist wie andere auf den Grundsatzbeschluss vom Oktober „Dazu stehen wir ohne Wenn und Aber, weil eine hochwertige Notaufnahme der Versorgungssicherheit der Menschen in und um Wertheim dient“, erklärt der Fraktionsvorsitzende Rainer Moritz (Bad Mergentheim). Zur Abfederung eines möglichen Defizits könne es einen zweckgebundenen Zuschuss des Landkreises geben. „Voraussetzung dafür sind Parameter, die einstimmig beschlossen wurden. Ob diese von der Stadt ans Landratsamt inzwischen geliefert wurden, ist uns nicht bekannt“, so Moritz weiter. Erst danach könne über einen konkreten Betrag des Kreises gesprochen werden. Falls die Unterlagen rechtzeitig vorliegen, könne der Kreistag mit seinen Ausschüssen im nächsten Sitzungszyklus, also im März, darüber debattieren und entscheiden. Das Tempo der Entscheidung bestimme vor allem die Stadtverwaltung Wertheim.

„Rechtssicherheit muss fraglos und nachhaltig gegeben sein“

Stefan Kempf erklärt schließlich für die Fraktion der FDP/Bürgerliste Wertheim, dass man das Ziel, eine wohnortnahe und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung sicherzustellen, unterstütze. Das Krankenhaus in Wertheim spielt dabei eine essenzielle Rolle, nicht nur als medizinische Einrichtung, sondern auch als wichtiger Arbeitgeber. Die Sicherung seiner Finanzierung sei daher nicht nur ein gesundheitspolitisches, sondern auch ein sozioökonomisches Anliegen.

Man gehe davon aus, dass eine Entscheidung in der ersten Jahreshälfte Jahres möglich ist, wenn alle Vorarbeiten bis dahin geleistet sind. „Auch die vom Landrat geforderte Rechtssicherheit muss fraglos und nachhaltig gegeben sein“, so Kempf. Seine Fraktion und der Kreistag würden dann sorgfältig prüfen müssen, ob und in welchem Umfang der Zuschuss des Landkreises realisierbar ist. Eine konkrete Summe könne man noch nicht nennen, da hierzu noch Gespräche, Abstimmungen und Beratungen erforderlich seien. „Klar ist jedoch, dass ein möglicher Zuschuss in einem ausgewogenen Verhältnis zu den Haushaltsmöglichkeiten des Landkreises und aller Kommunen stehen muss“, erklärt der Wertheimer.

Redaktion Reporter Wertheim

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