FN-Serie „FitNess“

Deshalb ist guter Schlaf so wichtig

Wie wichtig ist der Schlaf für Gesundheit und Wohlbefinden? Und was kann man selbst für einen guten Schlaf tun? Dr. Mathias Jähnel, Ärztlicher Direktor am Krankenhaus Tauberbischofsheim, stand uns Rede und Antwort.

Von 
Sabine Holroyd
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Gut ausgeruht und voller Energie in den Tag starten können – wer wünscht sich das nicht? © dpa

Tauber-Odenwald. Herr Dr. Jähnel, wie viel Schlaf brauchen Sie denn persönlich, um sich fit und ausgeschlafen zu fühlen?

Dr. Mathias Jähnel: Das ist bei mir wie bei allen Menschen je nach Jahreszeit unterschiedlich. Unser Schlaf unterliegt einem chronobiologischen Rhythmus. Wir sind auf ungefähr 24 Stunden „getriggert“. Dieser Schlaf-Wach-Rhythmus ist untrennbar mit unserer inneren Uhr verbunden. Der Blutdruck und die Hormonausschüttung werden unter anderem dadurch gesteuert. Das alles ist im Wesentlichen vom Licht abhängig.

Das Licht stellt die innere Uhr immer wieder auf 24 Stunden. Im Sommer sind diese Lichtphasen natürlich viel länger als im Winter. Diese innere Uhr gerät jedoch völlig aus dem Takt, wenn wir etwa in eine andere Zeitzone reisen und sich der „Jetlag“ bemerkbar macht. Je nach Zeitzone kann es mitunter schon eine Woche dauern, bis man sich an die „neue“ Zeit gewöhnt hat und man sich – wieder zurück – an die gewohnte Zeit angepasst hat. Schlaf ist sehr individuell. Normalerweise gilt die Faustregel von sieben Stunden Schlaf für einen Erwachsenen. Je älter man wird, desto weniger Schlaf braucht man. Säuglinge und Kleinkinder benötigen natürlich viel mehr Schlaf. Es kommt jedoch nicht nur auf die Schlafdauer, sondern auch auf seine Qualität an.

Wie „funktioniert“ denn der Schlaf?

Dr. Jähnel: Wenn sich das Tageslicht „verabschiedet“, wird in einer bestimmten Hirndrüse, der Epiphyse, das „Schlafhormon“ Melatonin gebildet, das den Schlaf steuert. Der Schlaf wiederum ist in gewisse Abschnitte aufgeteilt – die Einschlaf-, Leichtschlaf- und Tiefschlafphase sowie die Traumphase. Sie wechseln sich rhythmisch ab. Für einen erholsamen Schlaf ist die Tiefschlafphase natürlich besonders wichtig, aber auch die Traumphasen sind von Bedeutung. Während der Tiefschlafphase senken sich Blutdruck und Puls – es tritt eine Tiefenentspannung ein. Während der Traumphase stellt sich das Rapid-Eye-Movement (REM) ein. Mit einem EEG im Schlaflabor kann man das sehr genau nachweisen. Wenn sich die Augen eines schlafenden Menschen schnell bewegen und man ihn weckt, wird er über lebhafte Träume berichten. Wir alle träumen nachts, aber wir erinnern uns oft nicht mehr daran.

Schlaf ist sehr individuell. Normalerweise braucht ein Erwachsener durchschnittlich sieben Stunden Schlaf. Säuglinge und Kleinkinder benötigen viel mehr. Je älter man wird, desto mehr verändert sich auch die Schlafarchitektur – man schläft weniger. Jeder träumt nachts nicht nur, sondern wacht auch mehrmals auf. Doch diese Wachphasen werden mit fortschreitendem Alter länger, und man erinnert sich deshalb an sie. Das muss aber nicht heißen, dass man schlechter schläft.

Was kann man selbst zu einem gesunden Schlaf beitragen?

Dr. Jähnel: Wichtig sind abends gewisse Entspannungsphasen, denn man kann sich ja nicht noch „unter Strom“ ins Bett legen und erwarten, dass man sofort einschläft. Wenn der Tag zu Ende geht, sollte man den Tag ausklingen lassen, sich Ruhe gönnen, vielleicht Yoga, autogenes Training oder progressive Muskelentspannung machen und den Tag noch mal Revue passieren lassen. Wichtig ist, sich vor dem Einschlafen nicht blauem Licht auszusetzen. Handys oder Fernseher strahlen aber solches Licht aus. Dieses „blaue Licht“ – energiereiche, kurzwellige Anteile im Lichtspektrum – unterdrückt die Produktion des Schlafhormons Melatonin.

Deswegen kann man auch nicht gut einschlafen, wenn man zuvor noch Fernsehen schaut, sich mit dem Handy beschäftigt oder ein E-Book liest. Im Bett sollte man deshalb „richtige“ Bücher vorziehen. Voraussetzung für einen „guten“ Schlaf ist auch, sich vor dem Schlafengehen nicht noch aufwühlenden oder aufregenden Dingen zu widmen. Der Spruch „Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett“ ist nicht der richtige Leitsatz. Genauso wenig sollte man vor dem Zubettgehen Horrorfilme konsumieren.

Dr. Mathias Jähnel ist Chefarzt der Abteilung für Psychiatrie, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Krankenhaus Tauberbischofsheim sowie Ärztlicher Direktor der Klinik. © Sabine Holroyd

Es soll Menschen geben, die vor dem Schlafen gerne ein, zwei Bier trinken mit der Begründung, dass sie dann besser einschlafen können. Was denken Sie darüber?

Dr. Jähnel: Alkohol macht ruhiger und ist deshalb per se kein schlechtes Mittel zum Einschlafen. Allerdings zerstört er die Schlafarchitektur, also den sich abwechselnden Ablauf von Tiefschlaf- und Traumphasen. Die Konsequenz: Obwohl man vielleicht besser einschlafen kann, fühlt man sich morgens schlechter, weil die Erholungsphasen des Schlafs nicht gegeben sind.

Ich rate auch davon ab, abends große Mahlzeiten zu sich nehmen und generell spät zu essen. Außerdem sollte eine angenehme Atmosphäre im Schlafzimmer herrschen, der Raum abgedunkelt und die Raumtemperatur nicht zu hoch sein. Das merkt man ja im Sommer: Wenn es richtig heiß ist, kann man nicht gut schlafen. Eine Raumtemperatur von ungefähr 18 Grad ist empfehlenswert.

Wie wichtig ist eine gesunde Lebensführung für einen guten Schlaf?

Dr. Jähnel: Sehr wichtig! Ausreichend Bewegung trägt zu einem guten Schlaf bei. Allerdings sollte man es abends nicht übertreiben und zu später Stunde noch Hochleistungssport machen. Rituale und eine vertraute Umgebung spielen ebenfalls eine Rolle. Viele Leute haben ja Probleme, in einem Hotelbett gut zu schlafen, eben weil es nicht vertraut ist.

Was halten Sie von pflanzlichen Schlafmitteln?

Dr. Jähnel: Ihre Wirkung – wie zum Beispiel die des Baldrians – ist medizinisch nicht eindeutig erwiesen.

Und wie verhält es sich mit dem berühmten Schäfchenzählen?

Dr. Jähnel: Das kann durchaus mal helfen (lacht). Was dem einen nicht hilft, hilft vielleicht dem anderen. Wichtig sind, wie gesagt, eine gesunde Lebensführung mit ausreichender Bewegung. Eines dürfen wir nicht vergessen: Wir unterliegen einem biologischen Rhythmus, der vom Licht „gesteuert“ wird. Damit müssen wir uns arrangieren, wir können nicht dagegen „anleben“. Ob jemand ein Nachtmensch ist, also eine „Eule“, oder doch eher zu den „Lerchen“, den Morgenmenschen, gehört, ist stark genetisch bedingt. Deshalb ist es grundsätzlich nicht zielführend, wenn eine „Eule“ Bäcker werden möchte. Berufe, die Schichtarbeit mit sich bringen, können den Schlaf nachhaltig stören. Der Mensch ist zwar sehr anpassungsfähig, aber ganz gegen seine Natur kann man nicht leben.

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Wann sollte man denn bei Schlafproblemen einen Arzt zu Rate ziehen?

Dr. Jähnel: Meistens ist es so, dass der Schlaf durch Erkrankungen gestört ist. Das heißt: Die Erkrankung ist die Ursache der Schlafstörung. Es ist weniger die Schlafstörung, die eine Erkrankung verursacht. Psychische Erkankungen wie zum Beispiel Depressionen oder Angststörungen gehen oft mit einer Schlafstörung einher. Wenn man Schlafstörungen und viele Ängste hat, die Stimmung gedrückt ist, dann sollte man einen Arzt aufsuchen. Wichtig ist, so genannte Schlafmittel nur vorübergehend zu verordnen.

Wenn eine Depression vorliegt, kann man mit schlafanstoßenden Antidepressiva dagegen vorgehen. Wenn sich die Depression bessert, dann wird auch der Schlaf wieder besser.

Es gibt aber auch körperliche Erkrankungen wie zum Beispiel das Schlaf-Apnoe-Syndrom. Dabei stoppt die Atmung während des Schlafs und die Aussetzer währen länger als zehn Sekunden. Die griechische Bezeichnung Apnoe heißt Atemstillstand. Das mit lautem Schnarchen verbundene Schlaf-Apnoe-Syndrom ist eine ernsthafte Erkrankung, die die Schlafarchitektur sehr stört. Das kann man im Schlaflabor sehr gut nachweisen. Oft bekommen die Patienten die Auswirkungen dieser Apnoe gar nicht so richtig mit – dafür aber der Partner. Durch spezielle Schlafmasken wird ein leichter Überdruck in den Atemwegen erzeugt, der die Atemaussetzer verhindert. Sie machen aber auch Geräusche, die den Partner in seinem Schlaf stören können. Da machen dann auch getrennte Schlafzimmer Sinn.

Wenn der Partner schnarcht, ebenfalls, oder?

Dr. Jähnel: Das Schnarchen darf man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Es kann sich um ein Schlaf-Apnoe-Syndrom handeln oder eine Erkrankung im Hals-Nasen-Ohrenärztlichen Bereich. Das sollte man medizinisch abklären lassen.

Es gibt ja diese Kissen mit der Aufschrift „Nur ein Viertelstündchen“. Was halten Sie vom Mittagsschlaf? Ist solch ein „Power-Nap“ am Tag sinnvoll oder schläft man dann dafür nachts schlechter?

Dr. Jähnel: Das kann man auch nur individuell beantworten. Unser Körper unterliegt einem Biorhythmus von Anspannung und Entspannung, daher kann nach dem Mittagessen eine Erholungsphase sinnvoll sein, die für jeden aber anders aussehen kann. Ein zu langer Mittagsschlaf kann für das abendliche Einschlafen und den Biorhythmus aber auch störend sein.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Tauberbischofsheim

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