Odenwald-Tauber. Für die Freien Wähler kandidiert Stefan Grimm, Betriebswirt aus Külsheim, Jahrgang 1977. Er antwortet auf unsere Fragen wie folgt:
Herr Grimm, was halten Sie von einer möglichen Erhöhung des Rentenalters?
Stefan Grimm: Nichts! Wenn es beim Staat nicht reicht, fallen vielen Politikern nur zwei Lösungen ein: Beiträge erhöhen oder Leistungen kürzen. Warum in anderen Ländern weniger eingezahlt wird und trotzdem mehr Rente rauskommt, wird nicht hinterfragt. Unser Rentensystem ist ineffizient, ungerecht und gehört dringend reformiert. Alle Berufsgruppen sollten in einen Topf einzahlen.
Wie stehen Sie zur Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns?
Grimm: Wer Vollzeit arbeitet, muss davon seinen Lebensunterhalt bestreiten können. An dieser Kernaussage müssen sich Politik und Wirtschaft messen lassen. Alles andere ist Ausbeute. Gegen die Anhebung des Mindestlohns wird immer wieder argumentiert, dass dann Arbeitsplätze wegfielen. Oft sind das Tätigkeiten im sozialen Bereich oder in Teilzeit, die mehrheitlich von Frauen ausgeführt werden. Diese Arbeit mehr wert zu schätzen und entsprechend zu entlohnen würde mehr bringen als das Gendersternchen.
Stichwort Corona: Soll es Einschränkungen speziell für Nichtgeimpfte geben? Wenn ja, welche?
Grimm: Andersrum wird ein Schuh daraus. Geimpfte müssen ihre Grundrechte wiedererlangen. Solange wir keine Herdenimmunität haben und die vierte Welle nicht abebbt, müssen sich Nichtgeimpfte für die gleichen Freiheiten freitesten. Grundsätzlich sollten wir bei der Impfdebatte die Emotionen durch Informationen ersetzten. Wenn jemand Bedenken hat, sich impfen zu lassen, muss das ernstgenommen werden. Aufklärung kann dann eventuell helfen. Einen Impfzwang darf es nicht geben.
Sind Sie für mehr Investitionen in das Gesundheitssystem?
Grimm: Unser Gesundheitssystem hat bewiesen, wie leistungsfähig es einerseits ist und wo es Schwachstellen gibt. Ohne den enormen persönlichen Einsatz des zu gering besetzten Personals hätte die Pandemie deutlich mehr gewütet. Dort muss dringend nachgebessert werden. Durch angemessene Entlohnung, aber auch Wertschätzung. Bei beidem hat die Politik bisher versagt. Bei der Versorgung mit Medikamenten und Schutzausrüstung muss Europa zwingend autark werden.
Soll es künftig vorrangig zentrale, größere Kliniken geben? Oder sind Sie und Ihre Partei für die Beibehaltung der dezentralen Strukturen?
Grimm: Ich bin für kleine Kliniken, die die Grundversorgung einer Region sicherstellen. Jede muss sich zusätzlich auf bestimmte Themen spezialisieren, um so im Verbund die überregionale Versorgung zu gewährleisten. Die großen Kliniken decken die kostenintensiven Spezialbereiche ab. Krankenhäuser müssen wirtschaftlich arbeiten, aber nicht nach Gewinn streben.
Für den Weltklimarat ist es bereits fünf nach zwölf. Welche Maßnahmen zum Klimaschutz müssen bei uns im Wahlkreis umgesetzt werden?
Grimm: Wir im ländlichen Raum haben andere Herausforderungen als die Ballungszentren. Eines unserer Ziele muss sein, auf den Zweitwagen verzichten zu können. Ein dichtes Angebot an flexiblen Verbindungen auf Zuruf (ähnlich dem Ruftaxi) könnte auch dünn besiedelte Gebiete anbinden. Ich glaube, dass in zehn Jahren autonome Kleinbusse ohne Fahrer und per App zentral koordiniert auf unseren Straßen fahren könnten. Kleine Nahwärmenetze mit Hackschnitzeln entlasten die Umwelt und die Wertschöpfung bleibt in der Region.
Was tun Sie persönlich, um für weniger CO2-Ausstoß zu sorgen?
Grimm: Unser gut gedämmtes Holzständerhaus hat eine kontrollierter Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung. Eine Erdwärmepumpe mit Flächenkollektoren unter dem Rasen sorgt für Wärme. Auf dem Dach produziert eine PV-Anlage die doppelte Menge Strom, die wir verbrauchen. Aktuell suche ich nach einem kleinem E-Auto, dass wir gleichzeitig als Stromspeicher und für 95 Prozent unserer Fahrten (hauptsächlich Kurzstrecken) einsetzen könnten. Beruflich bin ich mittlerweile Fan der Bahn. Ich brauche zwar länger als mit dem Pkw, kann in der Zeit aber arbeiten.
Wie stellen Sie sich den Umgang mit der pandemiebedingten Staatsverschuldung vor? Wo kann gespart werden?
Grimm: Ich bin gegen Steuererhöhungen. Es ist genug Geld da. Es muss nur effizienter eingesetzt werden. Viele öffentliche Projekte laufen aus dem Ruder, da sich niemand persönlich verantwortlich fühlt und verschwendetes Steuergeld nicht so weh tut wie eigenes. Unternehmen, die Staatshilfen bekommen, müssten sich nach deren Erholung beim Steuerzahler dankbar zeigen.
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