Odenwald-Tauber. Für Bündnis 90/Die Grünen kandidiert Charlotte Schneidewind-Hartnagel, Diplom-Betriebswirtin aus Eberbach, Jahrgang 1953. Sie antwortet auf unsere Fragen wie folgt:
Frau Schneidewind-Hartnagel, was halten Sie von einer möglichen Erhöhung des Rentenalters?
Charlotte Schneidewind-Hartnagel: Ich halte an der Rente mit 67 fest. Allerdings trete ich mit meiner Partei auch dafür ein, dass Menschen den Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand stärker nach den eigenen Bedürfnissen gestalten können. Wir Grüne wollen mit einer Teilrente ab dem 60. Lebensjahr erreichen, dass der Verbleib am Arbeitsplatz möglich bleibt. Wer erst später in Rente gehen will oder erst mal eine Teilrente in Anspruch nehmen und noch in Teilzeit weiterarbeiten möchte, für den soll es leichter werden, Teil-Rente und Erwerbseinkommen zu kombinieren.
Wie stehen Sie zur Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns?
Schneidewind-Hartnagel: Der gesetzliche Mindestlohn ist zu niedrig. Trotz Arbeit in Vollzeit bringt der Mindestlohn oft nur einen Monatslohn, der in Städten mit hohen Mieten mit ALG II aufgestockt werden muss und später in die Altersarmut führt. Ich unterstütze eine Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro innerhalb von zwei Jahren. Dafür braucht es strukturelle Verbesserungen der Mindestlohnkommission. Die Erhöhung des Mindestlohns muss strikt auf wissenschaftlicher Grundlage geschehen.
Stichwort Corona: Soll es Einschränkungen speziell für Nichtgeimpfte geben? Wenn ja, welche?
Schneidewind-Hartnagel: Wir müssen in dieser Phase der Pandemie und darüber hinaus zuerst darüber nachdenken, wie wir Freiheiten wieder ermöglichen, die grundsätzlich allen zustehen.
Nicht geimpfte Erwachsene dürften aber weiterhin mit Einschränkungen leben müssen – nicht als Folge von Verboten, doch wenn etwa Gastronomen nur noch Geimpfte und Genesene in ihre Lokale lassen, kommt es trotzdem zu Einschränkungen.
Soll es künftig vorrangig zentrale größere Kliniken geben? Oder sind Sie und Ihre Partei für die Beibehaltung der dezentralen Strukturen?
Schneidewind-Hartnagel: Die Erreichbarkeit guter Gesundheitsversorgung auf dem Land ist mir und meiner Partei sehr wichtig. Ich will eine gut abgestimmte, dezentrale wohnortnahe Grundversorgung. Um die Versorgung zu stärken, wollen wir ambulante und stationäre Angebote übergreifend planen. Wir schlagen Gesundheitsregionen vor. Das sind Verbünde von lokalen Netzen von Ärzten und Ärztinnen, Apotheken, Therapeuten und Therapeutinnen, Krankenhäusern oder Pflegediensten.
Für den Weltklimarat ist es bereits fünf nach zwölf. Welche Maßnahmen zum Klimaschutz müssen bei uns im Wahlkreis umgesetzt werden?
Schneidewind-Hartnagel: Großen Nachholbedarf gibt es etwa beim Verkehrsanteil von Fahrrädern und Elektro- sowie Hybridfahrzeugen. Wir brauchen viel mehr Lade-Stationen als Grundlage für E-Mobilität und intelligent vertaktete Mobilitätsangebote im ÖPNV mit Bus und Bahn. Am Ende geht es aber weniger um einzelne Maßnahmen und mehr um konkrete Klimaschutzpläne mit auf die kommunale Ebene heruntergebrochenen Klimaschutzzielen.
Was tun Sie persönlich, um für weniger CO2-Ausstoß zu sorgen?
Schneidewind-Hartnagel: Den CO2-Ausstoß zu minimieren, ist mir sehr wichtig. Ich nutze möglichst den öffentlichen Verkehr, kleinere Wege erledige ich zu Fuß und nutze ein Elektroauto. Als Verbraucherin entscheide ich mich für energiesparende Geräte und Bio-Lebensmittel und weitgehend gegen tierische Produkte. Mir ist bewusst, dass sich das nicht alle leisten können. Genau deshalb engagiere ich mich für einen sozial gerechten Klimaschutz. Unterm Strich geht es weniger um individuellen Verzicht als vielmehr um die politische und strukturelle Organisation von Klimaschutz.
Wie stellen Sie sich den Umgang mit der pandemiebedingten Staatsverschuldung vor? Wo kann gespart werden?
Schneidewind-Hartnagel: Die Aufnahme neuer Schulden in der Pandemie war wichtig. Jetzt bricht aber nicht die Zeit des Sparens an. Angesichts der Klimakrise müssen wir in einen Umbau unserer Wirtschaft investieren. Dazu kommt der Investitionsstau. Wir Grüne planen ein Investitionsprogramm von 50 Milliarden Euro jährlich über die kommenden zehn Jahre. Trotzdem wollen wir an einzelnen Stellen auch sparen. Zum Beispiel können wir uns die Subventionen für den Verbrennungsmotor sparen. Insgesamt geht es um Generationengerechtigkeit. Diese erreichen wir eher mit dem Erhalt der Lebensgrundlagen als mit einer schwarzen Null.
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