Odenwald-Tauber. Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, kurz Gema, hat die Lizenz-Gebühren für Weihnachtsmärkte angehoben. Das betrifft besonders die großen Veranstaltungen wie zum Beispiel den Christkindlesmarkt in Nürnberg. Waren dort bisher rund 1.500 Euro Gema-Gebühren für die Auftritte der Chöre und Bläser fällig, wären es in diesem Jahr nach Berechnungen des städtischen Marktamts rund 24.000 Euro – eine Steigerung um 1500 Prozent.
Tauberbischofsheim will nicht auf Musik verzichten
Doch wie sieht es bei den Weihnachtsmärkten in der Region aus? Wir machten eine stichprobenartige Umfrage unter den Kommunen. Weronika Tokarczyk, Mitarbeiterin im Tauberbischofsheimer Stadtmarketing, ließ die FN wissen: „Der ,Tauberbischofsheimer Weihnachtszauber’ auf dem Marktplatz wird von der passenden Musik begleitet. Viele Menschen haben sich vorbereitet und freuen sich darauf, auf der Bühne für vorweihnachtliche Stimmung zu sorgen. Die musikalische Untermalung trägt dazu bei, eine festliche Atmosphäre zu schaffen und die gemeinschaftliche Freude in unserer Stadt zu stärken. Auch bei der Kunsteisbahn sorgt Musik für mehr Spaß am Eislaufen. Wir setzen alles daran, eine breite Palette musikalischer Genres zu präsentieren, um die unterschiedlichen Geschmäcker unserer Besucher anzusprechen.“
Die Weihnachtszeit, so ist aus dem Rathaus der Kreisstadt zu hören, „soll zu einem besonderen Erlebnis für die Bürger und Gäste werden.“ An „musikfreien“ Tagen beim „Weihnachtszauber“ werde das Wirtschaftsforum „pro Tauberbischofsheim“ für Musik sorgen, so WPT-Sprecher Frank Krause. Business as usual also.
Live-Musik in Lauda
„In Lauda verfolgen die Organisatoren des ‚Weihnachtszaubers’ die aktuelle Diskussion um die gestiegenen Gema-Gebühren sehr aufmerksam“, sagt der Pressesprecher der Stadt Lauda-Königshofen, Matthias Ernst und erläutert: „Wir möchten den Besuchern einen möglichst stimmungsvollen Aufenthalt bieten, und dazu gehört auch handgemachte Live-Musik, unter anderem von Chören, Musikgruppen und anderen Akteuren.“
Während für diese Auftritte Gema-Gebühren anfallen könnten, werde es an anderen Tagen lizenzfreie Musik geben: „Wir freuen uns schon auf alle Gäste, die mit uns feiern und eine schöne Zeit im Herzen von Lauda erleben wollen.“
Kosten verdoppeln sich
Carsten Müller, Pressesprecher der Stadt Bad Mergentheim, antwortete uns: „Auf unserem Weihnachtsmarkt wird es sowohl Auftritte geben wie etwa vom Grundschulkinder-Chor, der Stadtkapelle, von Blas- und Trachtenkapellen sowie eines Spielmannszuges, als auch Musik, die an den einzelnen Hütten abgespielt wird. Die Stadt übernimmt die Gema-Gebühren jedes Jahr für das gesamte Gelände. Laut unserer Vorkalkulation dieser Gebühren müssen wir davon ausgehen, dass sich die Kosten im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppeln. Wir werden demnach in diesem Jahr für die vier Tage Weihnachtsmarkt fast 5.000 Euro zahlen müssen. Wenn im kommenden Jahr der Weihnachtsmarkt wieder an zwei verlängerten Advents-Wochenenden und somit acht Tagen stattfindet, bedeutet das entsprechende weitere Kosten-Steigerungen.“
Einsparmöglichkeiten sieht man in der Kur- und Badestadt kaum: „Musik ist ein nicht wegzudenkender Teil der Weihnachtsmarkt-Atmosphäre“, so Carsten Müller. Auch eine räumliche Verkleinerung sei keine Option, da das ,Ensemble‘ schon recht dicht gestellt sei. „Insofern“, so Carsten Müller, „herrscht auch bei uns großes Unverständnis über das Vorgehen der Gema, uns drastische Mehrkosten abzuverlangen, die wir nicht umgehen können. Wir hoffen, dass die scharfe Kritik an der Neu-Kalkulation, die derzeit bundesweit von Städten und Gemeinden an die Gema herangetragen wird, etwas bewirkt.“
"Außerhalb jeglicher Relation"
„Gema-freie Weihnachtslieder halten wir für denkbar schwierig“, sagt der Wertheimer Citymanager Christian Schlager und meint: „Das ist irrsinnig, was da gerade läuft, deshalb schließen wir uns mit Freuden jedem Protest an.“ Er berichtet: „Die Vorbereitungen für den Wertheimer Weihnachtsmarkt laufen seit Wochen auf Hochtouren. Allein schon die Weihnachtsdekoration ist sehr liebevoll und aufwendig für eine Stadt dieser Größe. Da wird richtig Geld in die Hand genommen, und wir werden ein reichhaltiges Bühnenprogramm bieten. Allerdings funktioniert die Flächenregelung der Gema bei einer Gassensituation wie bei uns nicht, denn wir haben teilweise große Lücken zwischen den Hütten.“
Während beim Wertheimer Altstadtfest an allen Ecken und Enden Musik erklinge, gäbe es beim Weihnachtsmarkt nur eine einzige Livebühne, die den Marktplatz beschalle – „aber wir sollen für die Gesamtfläche bezahlen“. Was man vonseiten der Gema an Fläche zugrunde lege, sei Auslegungssache. „Das ist eine „Farce ohne Not“, meint er und sagt: „Das ist keine Erhöhung im üblichen Rahmen, sondern außerhalb jeglicher Relation. Aber wir werden zu einem Ergebnis kommen – und damit kann sich die Gema dann auseinandersetzen.“ Eines steht jedenfalls jetzt schon fest. „Keine Musik wird es auch nicht geben, wir werden dann eben in den sauren Apfel beißen müssen“, so Christian Schlager.
Musik vom Band
Auf der anderen Seite des Mains organisieren die „Weihnachtselfen“ und das Frauenforum den Kreuzwertheimer Weihnachtsmarkt in Zusammenarbeit mit dem Markt Kreuzwertheim. Auf diesem Weihnachtsmarkt wird wie gewohnt Musik gespielt, „außerdem planen wir in den freien Zeiten Musik ,vom Band’ einzuspielen“, sagte uns Jan Theobald von den „Weihnachtselfen“.
Er informierte weiter: „Dank der kompakten Grundfläche des Marktes, die auch in den Vorjahren immer korrekt angegeben wurde, betreffen uns die Preiserhöhungen der Gema nicht so stark. Die Preissteigerung beläuft sich auf einen mittleren zweistelligen Betrag. Deshalb haben wir entschieden, unser Programm wie bisher zu veranstalten. Sollten die Kosten allerdings weiter steigen, müssen wir uns Gedanken machen. Für einen kleinen Markt ist es schwierig, die Kosten für die musikalische Umrahmung zu decken. Alternativ könnte zum Beispiel auf Musikstücke zurückgegriffen werden, die von der Gema befreit sind.“
Überschaubare Größe des Marktes
Auch in Creglingen hat man den Vorteil, dass das Weihnachtsmarktgelände von der Größe her überschaubar ist. Anita Müller vom Hauptamt der Stadt Creglingen antwortete uns: „Die Größe des Geländes haben wir in den letzten Jahren gemeldet. Deshalb hat sich im Vergleich zu den letzten Jahren an den Gebühren auch nichts geändert. Über die Höhe der Gebühren kann man sich natürlich streiten.“ Das Weihnachtsmarktprogramm in Creglingen beinhalte weiterhin Auftritte von Musikvereinen und Chören.
Und auch in Walldürn sieht man der Gebührenerhöhung gelassen entgegen: „Unsere ,Dürmer Schlossweihnacht’ im Innenhof des Verwaltungsgebäude Schloss wird davon nicht beeinflusst“, antwortete uns Sina Berberich, die bei der Stadt Walldürn für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. „Dank eines abgegrenzten kleinen Bereichs im malerischen Schlosshof, in dem das festliche Treiben stattfindet, bleibt die ,Dürmer Schlossweihnacht’ von der Erhöhung unberührt.“ Sina Berberich freut sich auf die „zauberhafte Atmosphäre mit festlich geschmückten Ständen, kulinarischen Köstlichkeiten und einem vielfältigen Unterhaltungsprogramm für die ganze Familie.“
Laut Gema "deutliche Diskrepanzen" bei Flächengröße
Die Gema erklärt zu den Gebührensteigerungen auf ihrer Website: „In der Vergangenheit haben wir auf Basis der von den Kunden gemeldeten Nutzungsflächen lizenziert. Wir haben uns auf korrekte Angaben der Veranstalter verlassen und keine Prüfung vorgenommen. Nach der Coronapandemie, in der aufgrund behördlicher Schließungen keine Stadtfeste und Weihnachtsmärkte stattfinden konnten, haben wir begonnen, die Flächen über Tools wie ,Google Maps’ zu messen. Wir haben dabei deutliche Diskrepanzen festgestellt. Schon aufgrund der Gleichbehandlung aller Kunden haben wir diese Diskrepanz bei der Berechnung der Lizenzhöhe berücksichtigt. Daher ist es in Einzelfällen zu solchen Steigerungen der Lizenzkosten gekommen.“
Etwas zerknirscht klingt die darauf folgende Entschuldigung: „Dies hätten wir umfassend kommunizieren müssen. Das ist nicht in dem gewohnten Maße erfolgt und das bedauern wir.“ Nun werde mit den betroffenen Kunden an Übergangslösungen gearbeitet.
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