FN Interview

Lauda-Königshofen: Dr. Braun zieht positive Halbzeitbilanz

Dr. Lukas Braun ist seit vier Jahren Bürgermeister von Lauda-Königshofen. Im Interview resümiert er diese Zeit mit zahlreichen spannenden Ereignissen, aber auch vielen Herausforderungen für die Zukunft.

Von 
Diana Seufert
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Dr. Lukas Braun wurde vor vier Jahren zum Bürgermeister der Stadt Lauda-Königshofen gewählt. In seiner Halbzeitbilanz blickt er auf viele tolle Momente und so manche Herausforderung der Zukunft. © Stadtverwaltung

Lauda-Königshofen. „Außergewöhnlich“ und „unberechenbar“ sind zwei Worte, mit denen Dr. Lukas Braun den Beginn seiner Amtszeit beschreibt. Am 1. Mai 2020 hat er den Rathaussessel übernommen.

Herr Dr. Braun, die ersten vier Jahre als Bürgermeister sind vorbei. Wie würden Sie diese Zeit in drei Eigenschaften charakterisieren?

Dr. Lukas Braun: Diese Zeit mit drei bestimmten Eigenschaften abzuhandeln, fällt mir schwer. In jedem Fall war sie unberechenbar. Mein Wahlsieg fiel in den ersten Corona-Lockdown. Die ersten zwei Jahre waren nicht zuletzt vom ständigen Pandemie-Management und von den entsprechenden Einschränkungen des öffentlichen Lebens geprägt. Nebenbei hatte ich einen nur mit erheblichen Abstrichen genehmigten Haushalt geerbt und damit einhergehend die Aufforderung der Rechtsaufsichtsbehörde, bis September 2020 gleich ein gepfeffertes Maßnahmenpaket zur Konsolidierung des städtischen Haushaltes vorzulegen. Dann hat Moskau im Februar 2022 mit dem Einmarsch in der Ukraine noch diesen völlig unsinnigen Krieg vom Zaun gebrochen und damit neben einer massiven Flüchtlingsbewegung auch noch eine historisch hohe Inflation ausgelöst, mit deren Folgen alle Städte und Gemeinden heute noch zu kämpfen haben. Es gibt sicherlich immer externe Schocks, die sich auf das kommunale Handeln auswirken, aber diese Entwicklungen waren in den vorigen Jahren schon außergewöhnlich.

Der erste Bürger der Stadt zu sein, bringt viele spannende, aber auch anstrengende Momente mit sich. Was war in den letzten vier Jahren das schönste Ereignis?

Dr. Braun: Spannend war natürlich die Geburt unserer Tochter vor zwei Jahren, zumal ich für jeden Krankenhausbesuch mit einem Corona-Impfzertifikat am Security-Dienst vorbei musste. Unsere Tochter macht jeden Tag Freude und hatte neulich sichtlich Spaß am Kindergeburtstag.

Beruflich gab es eine ganze Reihe von tollen Erlebnissen. Schön war es zu sehen, wie wir gemeinsam Hand in Hand mit viel ehrenamtlichen Engagement von Feuerwehr, DLRG und Rotem Kreuz die kommunale Test-Station und die Infrastruktur für den Regionalen Impfstützpunkt sprichwörtlich über Nacht aus dem Boden gestampft haben. Ähnlich verhielt es sich mit der Umnutzung des Altbaus der Turmbergschule zur Flüchtlingsunterkunft, den wir nach einem Hilferuf des Landkreises mit viel ehrenamtlichen Einsatz binnen weniger Tage umgesetzt haben.

Schön sind auch immer gelungene Projekte der interkommunalen Zusammenarbeit, etwa beim Bäderpersonal erst mit Boxberg und jetzt mit Tauberbischofsheim, oder beim Aufbau kommunaler Kindertagesstätten im neu mit Großrinderfeld gegründeten Zweckverband Kindliche Bildung Tauberfranken und mit Grünsfeld sowieso in ganz vielen Bereichen. Spaß gemacht hat auch das Richtfest der neuen Freiflächen-PV-Anlage bei Hof Sailtheim. Erfreulich ist es auch zu sehen, dass das neu erschlossene Baugebiet Grötsch/Wallschloe in Königshofen nun trotz Baukrise langsam bebaut wird. Dass nach der OBI-Schließung unser aktives Zugehen auf Stabilo und unsere hartnäckige Vermittlung zum Erfolg geführt hat und wir wieder einen Bau- und Gartenmarkt in der Stadt haben, hat mich auch gefreut. Ein großes Gefühl der Erleichterung hatte ich, als wir für 2023 nicht nur den ersten ausgeglichenen Haushalt meiner Amtszeit, sondern sogar den ersten ausgeglichenen Haushalt seit dem Umstieg der Stadt auf die doppische Haushaltsführung im Jahr 2018 beschließen konnten.

Sie sind angetreten für mehr Bürgernähe. Der Tag der offenen Rathaustür am 13. April für alle Bürger anstelle des Neujahrsempfangs für geladene Gäste ist ein Baustein dafür. Hätten Sie mit dieser Resonanz gerechnet?

Dr. Braun: Den klassischen Neujahrsempfang mit geladenen Gästen im kalten Januar durch ein offeneres Veranstaltungsformat im Frühling zu ersetzen, war von Anfang an mein Ziel. Leider hat mir auch hier die Corona-Pandemie in den ersten Jahren einen Strich durch die Rechnung gemacht – wie ich auch insgesamt sagen muss, dass der Bürgerkontakt während der Pandemie nicht nur zu kurz gekommen, sondern phasenweise schlicht ausgefallen ist, weil keine öffentlichen Veranstaltungen möglich waren. Dass der Tag der offenen Tür derart gut angenommen würde, hat mich doch überrascht. Natürlich hat uns das brillante Wetter in die Karten gespielt. Die Rückmeldungen der Besucherinnen und Besucher waren durchweg positiv. Ich denke, im kommenden Jahr machen wir wieder etwas Ähnliches.

Schulen und Kitas, aber auch Infrastruktur nahmen und nehmen einen großen Stellenwert ein. Bleibt neben dem Thema Bildung noch genügend Raum für anderes?

Dr. Braun: Klar ist, dass wir in diesem Jahrzehnt neben der Erweiterung der Josef-Schmitt-Realschule, der abschnittsweisen Sanierung des Martin-Schleyer-Gymnasiums, Brandschutzmaßnahmen an allen Schulgebäuden und den Kindergarten-Neubauten in Königshofen andere Bereiche zurückstellen müssen. Wir werden angesichts der genannten Vorhaben nicht jede Straße, die es nötig hätte, umgehend sanieren und auch nicht jeden Stadtteil mit der Erschließung eines Neubaugebietes bedenken können. Der Handlungsbedarf besteht jetzt, nachdem Lauda-Königshofen Jahrzehnte lang andere Schwerpunkte als die Bildung gesetzt hat.

Es werden wieder andere Zeiten kommen. Wenn man sich den Haushalt insgesamt ansieht, ist es keineswegs so, dass wir neben dem Schwerpunkt Bildung und Betreuung überhaupt nichts anderes mehr angehen würden. Schauen Sie die Erfolge in den beiden Stadtsanierungsgebieten „Eisenbahnvorstadt/Hexenstock“ in Königshofen oder „Bahngelände Lauda“ an. Die Entwicklung des Einzelhandels in der Tauberstraße kann sich in einer Zeit, in der andere Städte um ihre letzten Fachgeschäfte kämpfen, wirklich sehen lassen – zumal mit „Action“ jetzt wohl noch ein richtiger Frequenzbringer hinzukommt. Oder denken Sie an den städtischen Investitionsanteil am neuen barrierefreien Bahnhof in Gerlachsheim oder auch an die aktuellen Maßnahmen der Innenentwicklung in Unterbalbach oder Heckfeld. Viele gute Entwicklungen schreiten auch im Kleinen voran, etwa stetige Energieeffizienz- und Klimaschutzmaßnahmen an öffentlichen Gebäuden oder der Straßenbeleuchtung. Es wird trotz starker Fokussierung auf die Schulgebäude gewiss nicht zu einem Stillstand in der Stadt kommen.

Die Haushaltskonsolidierung ist ein Kraftakt, die Rahmenbedingungen waren schon im ersten Amtsjahr gesteckt. Ist die Zielgerade nun in Reichweite?

Dr. Braun: Ich darf daran erinnern, dass wir gerade die stärkste Inflation seit den 1950er-Jahren erlebt haben und die Wirtschaftskonjunktur derzeit auf der Stelle tritt. Den Haushaltsausgleich von 2023 konnten wir für den Haushalt 2024 leider nicht wiederholen. In erster Linie führt die inflationsbedingt sehr hohe Tarifsteigerung dazu, dass wir im laufenden Jahr eine Personalkostensteigerung von etwa einer Million Euro verschmerzen müssen. Fast alles ist teurer geworden. Ich habe darauf hingewiesen, dass das Defizit von Frei- und Hallenbad sich langsam auf eine Million Euro pro Jahr summiert. Bei einzelnen Spezialmitteln für die Reinigung der Bäder gab es Preissteigerungen um bis zu 600 Prozent. Kurzum: Die Inflation hat uns bei der Haushaltskonsolidierung massiv zurückgeworfen. Durch weitere Einsparungen allein werden wir dies nicht kompensieren können. Wir brauchen wieder Wachstum in Deutschland.

Der Beschluss zur Abschaffung der Unechten Teilortswahl im Herbst 2022 und zur gleichzeitigen Verkleinerung des Gemeinderates hat Aufsehen erregt. Was waren die Beweggründe?

Dr. Braun: Anlass war die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs über die Ungültigkeit der Tauberbischofsheimer Kommunalwahl, und damit einhergehend die Frage nach der eigenen Rechtssicherheit. Die FBL-Fraktion hatte vor diesem Hintergrund sehr rasch einen Prüfauftrag eingereicht. Wir haben in der Tat eine rechtlich kritische Unterrepräsentation der Stadtteile Lauda und Unterbalbach festgestellt. Deshalb mussten wir handeln. Letztlich war der konsequente Abschied von der Unechten Teilortswahl der einzige, dauerhaft rechtssichere Weg. Damit drängte sich die Frage nach Ortschaftsräten in Gerlachsheim und Oberlauda auf, da beide Gemeinden in ihren Eingliederungsverträgen mit der Stadt Lauda zugunsten eines zusätzlichen Gemeinderatssitzes auf eigene Ortschaftsverfassungen verzichtet hatten, was beim Zusammenschluss der Stadt Lauda-Königshofen beibehalten wurde. Deshalb ist es konsequent, dass mit der diesjährigen Wahl nicht nur die reine Verhältniswahl Einzug hält, sondern in Gerlachsheim und Oberlauda nun auch Ortschaftsräte gewählt werden können. Historisch war der Schritt überfällig. Wir werden mit der Zeit sehen, dass die Belange der kleineren Ortschaften nicht unter den Tisch fallen werden.

Wo liegen die Schwerpunkte in der zweiten Hälfte Ihrer Amtszeit?

Dr. Braun: Um die beiden Kraftakte Erweiterung der Realschule und Sanierung des Gymnasiums überhaupt irgendwie stemmen zu können, müssen wir andere laufende Großvorhaben zeitnah zum Abschluss bringen und die Stadt in vielen Bereichen kosteneffizienter aufstellen. Die Laufzeit des Sanierungsgebietes „Bahngelände Lauda“ beispielsweise wurde vom Land nochmals bis 2028 verlängert. Mein Ziel ist es aber schon, dass wir dann auch tatsächlich zur Endabrechnung kommen, weil dieses für unsere Verhältnisse sehr große Sanierungsgebiet erhebliche Investitionsmittel bindet. Auch für große Infrastrukturvorhaben wie etwa eine Straßensanierung der Größenordnung „Becksteiner Straße“ wird künftig kaum Raum bleiben.

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Wir müssen uns aber strukturell effizienter aufstellen: Die Stadt Lauda-Königshofen verfügt als Rechtsnachfolgerin von zwei früher eigenständigen Städten und zehn früher eigenständigen Gemeinden nach wie vor über etwa 140 Gebäude und bauliche Anlagen, die alle im Unterhalt Geld und Personal binden. Einen erheblichen Teil davon werden wir abstoßen müssen, wie bereits das Bahnhofsgebäude in Lauda oder in Kürze das alte Rathaus in Gerlachsheim. Ein wichtiger Baustein hierbei ist auch der im vorigen Jahr beschlossene Feuerwehrbedarfsplan, der deutlich aufzeigt, wie uns der Spagat zwischen Präsenz in der Fläche und einer stärkeren Konzentration von Abteilungsstandorten gelingen kann. Wichtig ist allerdings, die Kameradinnen und Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr mitzunehmen und ihnen keine ungewollte Struktur überzustülpen. Die Umwandlung der früheren Abteilung Oberlauda in eine Löschgruppe der Abteilung Lauda ist ein gelungenes Modell, für das sich schon Nachbarkommunen interessieren. Weiter dicke Bretter bohren möchte ich in jedem Fall bei der Bahnübergangsbeseitigungsmaßnahme in Königshofen. Ich spüre, dass es bei Bund, Land und Kreis derzeit eine ernsthafte Bereitschaft gibt, zu einer Lösung für diesen in Baden-Württemberg einzigartigen Doppelbahnübergang an einer Bundesstraße zu kommen. Ebenso möchte ich mit Blick auf Lauda die Verlegung der Landesstraße 511 von der Rathausstraße auf den Kugelgraben voranbringen, um den Weg für ein weiteres mit dem Land abgestimmtes Vorgehen in Sachen Bahnunterführung Nord zu bereiten. Aber das sind sehr langfristige Vorhaben, bei denen man als Bürgermeister nicht nur in eigenen Amtszeiten denken darf.

Wenn Sie drei Wünsche für die Stadt frei hätten, welche wären das?

Dr. Braun: Höhere Steuereinnahmen und Landeszuweisungen wären schön. Allerdings bin ich der Überzeugung, dass wir für Industrie- und Gewerbeansiedlungen und hochwertige Arbeitsplätze in der Stadt wie auch im interkommunalen Industriepark ob der Tauber in Grünsfeld noch einiges selbst tun können. Einen weiteren Wunsch habe ich schon wiederholt geäußert: Die Gesetzgeber auf Bundes- und Landesebene und auch in Brüssel sollten ihr Tempo der Umsetzbarkeit in der Fläche anpassen. Nehmen Sie solche Projekte wie die Grundsteuerreform oder den Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung an Grundschulen ab 2026. All das beschließt sich im Parlament so leicht, bringt eine Stadtverwaltung wie die unsere aber rasch an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit. Und ein dritter Wunsch wäre, dass wir in Lauda-Königshofen wie in Deutschland insgesamt vom Anspruchsdenken wieder mehr zum Anpacken und Selbst-aktiv-werden kommen. Der Weihnachtszauber war doch ein tolles Beispiel dafür, wie es gehen kann: Mitmachen statt Lamentieren!

Blicken wir voraus: Können Sie sich vorstellen, 2028 nochmals anzutreten?

Dr. Braun: Grundsätzlich vorstellen kann ich mir eine neuerliche Kandidatur, aber es muss zum gegebenen Zeitpunkt für die Stadt, für meine Familie und für mich selbst Sinn machen. Bis zu dieser Entscheidung fließt jedenfalls noch viel Wasser die Tauber hinunter. Wahrscheinlich mache ich mir darüber auf der Königshöfer Messe 2027 Gedanken – bei einer kühlen Maß Festbier.

Redaktion Hauptsächlich für die Lokalausgabe Tauberbischofsheim im Einsatz

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