Odenwald-Tauber. Viele Haltepunkte im Zuständigkeitsbereich der Westfrankenbahn sind in den letzten Jahren umfassend saniert worden. Die ersten Verkehrsstationen an der Frankenbahn-Trasse von Heilbronn nach Würzburg (Gerlachsheim, Grünsfeld, Zimmern, Wittighausen) sollen 2024 grundlegend modernisiert werden, wie eine Sprecherin der Deutschen Bahn den Fränkischen Nachrichten auf Anfrage bestätigte. Und überall steht ein Begriff ganz hoch im Kurs: Barrierefreiheit. Allerdings: Barrierefreiheit ist in diesem Fall nicht gleich Barrierefreiheit – es sind gewissermaßen zwei verschiedene Paar Stiefel.
Stolzer Höhenunterschied
Während die Haltestellen entlang der Frankenbahn eine Einstiegshöhe von 76 Zentimetern erhalten sollen, betragen sie zwischen Aschaffenburg und Crailsheim derzeit gerade mal 55 Zentimeter. Dies bedeutet: Wenn der Nutzer eines Rollators im kommenden Jahr barrierefrei in Gerlachsheim einsteigt, hat er beim Ausstieg in Lauda stolze 21 Zentimeter Höhenunterschied zu überwinden, um wieder sicheren Boden unter den Füßen zu haben.
Der Höhenunterschied habe sich vor allem historisch ergeben, wurde in der Vergangenheit politischerseits immer wieder betont. Grundsätzlich werde eine Harmonisierung angestrebt – konkreter Termin offen.
Wie stellt sich die augenblickliche Situation auf der Strecke der Westfrankenbahn (WFB) zwischen Aschaffenburg und Crailsheim dar? Dazu Denis Kollai, Sprecher der Geschäftsleitung bei dem Unternehmen: „Mit den Verkehrsministerien in Bayern und Baden-Württemberg ist für die Laufzeit des Verkehrsvertrages Netz 11 Hohenlohe-Franken-Untermain bis Dezember 2031 für die Strecken Aschaffenburg nach Seckach über Miltenberg sowie Miltenberg über Lauda nach Crailsheim eine Einstiegshöhe von 55 Zentimeter über Schienenoberkante, passend zu den Fahrzeugen – 642 mit Spaltüberbrückung – vereinbart.“ Auf diesen Strecken werde ausschließlich dieses Fahrzeugtyps gefahren.
Unterschiedliche Unternehmen
Die Frankenbahn, die übrigens nicht zur WFB gehört, werde von unterschiedlichen Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) mit unterschiedlichen Fahrzeugeinstiegshöhen befahren.
In Bahnhöfen wie Miltenberg (mit neuen Aufzügen), Obernburg, Elsenfeld (künftig mit einem neuen Aufzug) und Bad Mergentheim, „planen wir so, dass auch eine spätere Aufstockung auf 76 Zentimeter nicht verbaut wird“, macht der WFB-Frontmann deutlich. Dies bedeute, in Bad Mergentheim hielten die Züge künftig nicht vor dem Empfangsgebäude im Dachbereich, sondern etwas abgesetzt bei BAGeno. „Denn hier lässt sich ein Bahnsteig später auf 76 Zentimeter erhöhen.“
Erhöhung falscher Weg
Eine Erhöhung im Empfangsgebäudebereich würde dazu führen, dass der Gebäude-Anschluss von Türen durch die hohe Bahnsteighöhe nicht mehr funktionieren würde.
„Beide Ministerien in Baden-Württemberg und Bayern haben Bahnsteighöhen- und -längenvorgaben. Nach diesen Zielhöhen – entweder 55 oder 76 Zentimer – ist der Infrastrukturbetreiber verpflichtet zu bauen“, sagt Denis Kollai.
Wenke Böhm, Sprecherin des Stuttgarter Verkehrsministeriums, bestätigt gegenüber unserer Zeitung den Ausbau der Bahnstationen Gerlachsheim, Grünsfeld und Wittighausen 2024. „Sie werden im Rahmen des Bahnhofsmodernisierungsprogramms 2 – BMP-2 – modernisiert und auf eine Bahnsteighöhe von 76 Zentimeter gemäß des Bahnsteighöhenkonzepts gebracht. Die Station Zimmern wird im Rahmen des Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzesmodernisiert.“
Die sich anbahnenden „Höhenprobleme“ von 21 Zentimetern in Lauda begründet Böhm damit, dass „am Bahnhof in Lauda ein Kreuzungspunkt von Netzen mit unterschiedlichen Bahnsteighöhen besteht.“ In bestimmten Regionalnetzen, wie auch auf der Westfrankenbahn, würden weiterhin Fahrzeuge mit 55 Zentimeter Einstiegshöhe im Einsatz sein. Aufgrund der Laufzeiten der Verkehrsverträge sowie der Lebensdauer der Fahrzeuge sei auf Regionalnetzen eine Bahnsteighöhe von 76 Zentimetern derzeit nicht zielführend. „In der Regel sind die Fahrzeuge aber alle mit einer fahrzeuggebundenen Einstiegshilfe ausgestattet. Zudem sei die mit der DB abgestimmte Zielhöhe der Bahnsteige auf der Westfrankenbahn 55 Zentimeter und bei der Frankenbahn 76 Zentimeter.
Zwei verschiedene Höhen
Sofern sich Bahnsteige mit Höhe von 55 und 76 Zentimetern voneinander separieren lassen, dürfen einzelne Bahnsteige auch mit 55 Zentimeter Höhe gebaut werden, hebt die Sprecherin hervor. „In diesem Fall existieren in einem Bahnhof zwei verschiedene Bahnsteighöhen. In Lauda wurde dies aber bislang noch nicht vorgenommen.“
Umfangreiche Maßnahmen
Unabhängig davon fänden an verschiedenen Stationen in der Region umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen statt, um auch die Bahnsteige barrierefrei zu erreichen (in der Vergangenheit auch bereits in Lauda).
„Auf den Hauptnetzen werden die Züge eine Einstiegshöhe von 76 Zentimeter aufweisen, auf den Regional- und Nebennetzen voraussichtlich von 55 Zentimetern, wenn dort auch langfristig – wie bei der Westfrankenbahn – eine Zielbahnsteighöhe von 55 Zentimetern vereinbart ist“, blickt Wenke Böhm vom baden-württembergischen Verkehrsministerium abschließend nach vorn.
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