ÖPNV

Grünsfeld: „Hupkonzert“ der Züge raubt Anwohnern den Schlaf

Zwischen Lauda und Würzburg halten die Bahnen an den Übergängen. Lokführer steigen aus, um zu „schlüsseln“, damit Schranken sich wieder öffnen

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Klaus T. Mende
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Die Lokführer müssen an jedem Bahnübergang – hier jener in Grünsfeld – „schlüsseln“, damit die Schranken wieder nach oben gehen. Danach erfolgt ein lauter und schriller Signalton, bevor die Fahrt – teils mit Verspätung von zehn Minuten und mehr – fortgesetzt wird. © Klaus T. Mende

Main-Tauber-Kreis. Deutliche Verspätungen auf der Schiene, genervte Schüler, Studenten und Arbeitnehmer, die nicht rechtzeitig am Ziel ankommen, verärgerte Anwohner, denen ob des „Hupkonzerts“ der Züge nachts regelrecht der Schlaf geraubt wird: Die Frankenbahn macht (mal wieder) von sich reden – und die Begeisterung darüber hält sich arg in Grenzen. Betroffen ist diesmal der Abschnitt zwischen Lauda und Würzburg – und hier speziell mehrere Bahnübergänge im Bereich von Grünsfeld, Zimmern und Wittighausen.

Zunächst unwissend

Dienstagmorgen, kurz vor 7 Uhr – nach einem Hinweis aus der Bevölkerung mischt sich der FN-Reporter unter die vielen Schüler, die gerade am Bahnhof Grünsfeld auf ihren Zug in Richtung Lauda warten. „Wissen Sie, ob die Regionalbahn Verspätung hat?“, wird der Berichterstatter gefragt. Dieser gibt sich in freundlichem Ton unwissend . Er merkt jedoch ganz schnell, dass hier etwas nicht stimmt. Er beschließt deshalb, der Sache mal auf den Grund zu gehen.

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Jetzt heißt es warten – und mit gut fünfminütiger Verspätung rollt die Regionalbahn aus Richtung Würzburg tatsächlich an – im Schritttempo, um schließlich direkt vor dem Bahnübergang zu stoppen. Nun ist die Neugierde des Reporters endgültig geweckt – und er schaut genau hin, was sich denn da in gut 70 Meter Entfernung tut.

Der Lokführer steigt aus dem Zug, steckt etwas in eine Vorrichtung, dreht sich um und nimmt wieder im Zug Platz. Mit einem lauten und schrillen Sirenenton, der nicht nur dem FN-Reporter den Schreck durch die Glieder fahren lässt, nimmt der Stahlkoloss wieder Fahrt auf und rollt in den Bahnhof ein, wo die Kinder und Jugendlichen schon ungeduldig warten. Kurze Zeit später entschwindet die Regionalbahn schließlich den Augen des weiter wartenden Zeitungsmannes.

In den kommenden gut 25 Minuten wird er noch dreimal Zeuge des gleichen Vorgangs – zweimal in Richtung Würzburg, einmal in Richtung Lauda. Der Begriff Pünktlichkeit genießt dabei übrigens keinen allzu hohen Stellenwert, denn die Verspätungen liegen zwischen fünf und 13 Minuten – und dann jedes Mal dieser schrille Ton! Stellt sich die Frage, was denn das Ganze zu bedeuten hat.

Der FN-Mann kommt mit einer wartenden Frau mittleren Alters ins Gespräch. „Dieser Zustand dauert bereits seit rund einer Woche an. Und genau heute muss ich zu einem Arzttermin nach Würzburg. Den kann ich wohl nicht einhalten.“ Dem einen oder anderen „Leidensgenossen“, der ebenfalls auf dem Bahnsteig steht, dürfte es in den vergangenen Tagen wohl ähnlich gegangen sein.

„Deutlich mehr nervt allerdings viele Anwohner das Hupen – selbst mitten in der Nacht und bei jedem Zug“, sagt ein Anrainer. Dies sei umso ärgerlicher, „weil wir von der Deutschen Bahn im Vorfeld nicht informiert worden sind“.

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Männer in Warnwesten

Reporter haben bekanntlich die Angewohnheit, dass sie ihre Nase gerne überall hineinstecken und zudem recht wissbegierig sind. Da passt es doch gut, dass sich gerade mehrere Männer in orangefarbene Warnwesten im Bereich des Bahnübergangs aufhalten – und so den Eindruck erwecken, dass sich um das Problem gekümmert wird. Jetzt heißt es, die Gelegenheit beim Schopf packen und einen der Arbeiter nach der wahren Ursache des Prozederes fragen. Der antwortet zwar freundlich – aber in astreinem Sächsisch. Bereits nach zwei Sätzen versteht der Fragesteller nur noch „Bahnhof“ – und schaltet mental ab.

Die Zeit vergeht – und noch immer ist es nicht gelungen, der Sache auf den Grund zu gehen. Nächster Versuch, Anruf bei Herbert Bieber, erfahrener, passionierter, inzwischen pensionierter Eisenbahner.

Der Zeitungsmann schildert das mehrfach Gesehene – und kriegt jetzt (endlich) Licht ins Dunkel. „Der Schilderung nach dürfte es sich hier um ein technisches Problem handeln“, mutmaßt Bieber. „Die Schranken lassen sich zwar schließen, aber im Anschluss nicht mehr öffnen. Deshalb rollt der Zug im Schneckentempo bis an den Übergang. Der Lokführer steigt dann aus, um zu .schlüsseln“. Erst danach gehen die Schranken wieder nach oben“ – und die Fahrt könne fortgesetzt werden. Aber nur gut 2,5 Kilometer, denn dort wartet bereits der nächste beschrankte Bahnübergang – „the same procedere“ . . .

Um ganz auf Nummer sicher zu gehen, erfolgt noch ein Telefonat mit der Pressestelle der Deutschen Bahn in Stuttgart. Eine Sprecherin bestätigt dem Reporter denn umgehend die augenblicklichen Probleme: „An den Bahnübergängen in diesem Bereich gibt es derzeit technische Störungen.“ In solch einem Fall sei vorgeschrieben, dass „die Züge in diesem Bereich auf Sicht fahren und laute akustische Signale abgeben“. Dies falle aber jetzt wieder weg, denn ab sofort werde Personal eingesetzt, „das die Übergänge so lange sichert, bis die Probleme endgültig behoben sind“, gibt sie leichte Entwarnung. Zunächst werde interimsmäßig eine neue Anlage „per Hand“ betrieben, „bis die Technik wieder vollständig funktioniert“.

Demzufolge könnte es schon in wenigen Tagen wieder heißen: Freie Fahrt auf den Gleisen – ohne Verspätungen. Und auch die Anwohner dürften sich freuen – über einen störungsfreien Schlaf . . .

Redaktion Mitglied der Main-Tauber-Kreis-Redaktion mit Schwerpunkt Igersheim und Assamstadt

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