Ein Jahr im Amt

Wie Bürgermeister Stefan Grimm schon als Hardheimer denkt

Hardheims Bürgermeister Stefan Grimm zieht im großen Redaktionsgespräch nach einjähriger Amtszeit eine erste Bilanz. Er spricht über die brennendsten Themen und darüber, warum ihm der Job so viel Spaß macht.

Von 
Maren Greß und Michael Fürst
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Im großen Redaktionsgespräch im Frankoniahaus in Tauberbischofsheim stellte sich Hardheims Bürgermeister Stefan Grimm (Zweiter von rechts) den Fragen von Redakteurin Maren Greß, Reporterchef Michael Fürst (links) und Chefredakteur Fabian Greulich. © Sabine Holroyd

Hardheim. Bürgermeister Stefan Grimm ist an diesem Dienstag ein Jahr im Amt. Im großen Redaktionsgespräch im Frankoniahaus in Tauberbischofsheim zieht der 45-Jährige eine erste Bilanz und spricht über die brennendsten Themen in Hardheim. Neben den großen Projekten Erfapark, Krankenhaus und Feuerwehrgerätehaus verrät Grimm auch, dass sich in Sachen „Tempo 30“ alsbald etwas tun könnte.

Herr Grimm, Sie sind heute genau ein Jahr im Amt. Wie viel Hardheimer steckt schon in Stefan Grimm?

Stefan Grimm: Ganz viel. Es hat mich selbst überrascht, wie schnell es ging, die Külsheimer Gemeinderatsbrille abzulegen und völlig in Hardheimer Themen und aus Hardheimer Sicht zu denken. Wenn ich über Hardheim spreche, ist das automatisch „Wir“. Ich lebe das und brenne dafür. Bürgermeistersein macht mir verdammt viel Spaß.

Im FN-Interview zur Bürgermeisterwahl im April 2022 haben Sie auch schon von „Wir“ gesprochen. Sie meinten: „Wir müssen ein größeres Wir-Gefühl schaffen“. Ist Ihnen das schon gelungen?

Grimm: Die Hälfte meines Jobs besteht darin, die Leute zu motivieren, ihre Heimat voranzubringen und positiv darüber zu denken. Das hört nie auf. Je mehr Wir-Gefühl wir schaffen, desto besser läuft es. Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg. Ich denke voll im „Wir“, genauso wie viele andere auch.

Gab es im vergangenen Jahr etwas, das Sie negativ überrascht hat?

Grimm: Eigentlich nicht. Ich bin ein sehr positiver Mensch. Wenn etwas nicht gleich beim ersten Mal klappt, wird es eben noch einmal versucht oder abgehakt.

Ein neues Feuerwehrhaus passt in der Alten Würzburger Straße gut ins Ortsbild.
Stefan Grimm Bürgermeister der Gemeinde Hardheim

Sie kommen aus der freien Wirtschaft. Wie oft haben Sie sich schon über die hohen bürokratischen Hürden geärgert?

Grimm: Darüber habe ich mich schon ganz oft geärgert. Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen: Wir hatten vor kurzem eine Sitzung zum Thema Arbeitssicherheit. Dort wurde von speziellen Schuhen berichtet, die verhindern sollen, dass man abrutscht, wenn man auf der Leiter steht. Wir haben im Anschluss darüber philosophiert, ab wann der Bürgermeister haftbar gemacht werden kann, wenn sein Mitarbeiter ohne diese speziellen Schuhe von der Leiter fällt. Muss er täglich drei Mal auf- und absteigen oder den ganzen Tag auf der Leiter stehen? Arbeitsschutz ist natürlich ein wichtiges Thema, aber wir schießen mit solchen Dingen meiner Meinung nach über das Ziel hinaus.

Als wir uns im vergangenen Jahr mit Ihnen vor der Bürgermeisterwahl an der Treppe am Schlossplatz getroffen haben, haben Sie mit uns einen „Rundgang“ durch Hardheim gemacht. Diesen würden wir gerne wiederholen. Die ersten Stationen waren der Kindergarten und das Feuerwehrgerätehaus. Was hat sich beim Feuerwehrgerätehaus getan?

Grimm: Für mich zeichnet sich ab, dass es ein Neubau wird – vorausgesetzt wir kommen zu einem akzeptablen Preis an die Flächen heran. Es ist kein Geheimnis, dass gerade eine große Potenzialfläche den Besitzer wechselt. Die Gemeinde hat hier kein Vorverkaufsrecht, und wir müssen weiterverhandeln. Das ist mühsam. Aber sobald wir eine Fläche haben, werden wir zeitnah loslegen. Wir werden den Neubau des Feuerwehrgerätehauses nächstes Jahr in den Haushalt mit aufnehmen.

Wo sind denn die potenziellen Flächen?

Grimm: Entlang der Alten Würzburger Straße. Dort können wir uns das gut vorstellen, und ein neues Feuerwehrgerätehaus passt dort gut ins Ortsbild.

Die nächste Station ist die Erftalhalle…

Grimm: Zuvor möchte ich noch etwas zum Kindergarten sagen. Wir mussten im ersten Winter nach Corona aus Krankheitsgründen Betreuungszeiten reduzieren. Deswegen haben wir jetzt das Personal aufgestockt, um mehr Puffer zu haben. Außerdem haben wir organisatorisch einige Maßnahmen eingeleitet, so dass wir ungeplante Schließtage im kommenden Winter hoffentlich vermeiden können.

Den Hardheimern muss es nicht bange sein um ihr Krankenhaus. Bürgermeister Stefan Grimm sieht es gut für die Zukunft aufgestellt. © Maren Greß

Dann geht es aber jetzt zur Erftalhalle! Hier hatten Sie die fehlende Gastronomie angesprochen. Inzwischen bereitet der Brandschutz Sorgen. Welches Problem ist das größere?

Grimm: Die beiden Probleme können nicht gegeneinander abgewogen werden. Wir müssen uns als erstes um den Brandschutz in der Schule kümmern. Danach ist die Erftalhalle an der Reihe. Wir sind aber nicht untätig herumgesessen. Wir haben viel mit dem Regierungspräsidium gesprochen und auch eine Einigung erzielt. Im rückseitigen Teil in Richtung Schule werden wir eine Fluchttreppe errichten. Vielleicht können wir sogar einen Fahrstuhl installieren. Das Obergeschoss ist für viele Veranstaltungen wichtig. Die Schule hat nun aber erst einmal Priorität.

Und wie sieht es mit der fehlenden Gastronomie aus?

Grimm: Provokant könnte man sagen: Es liegt gar nicht an den Gastronomen, sondern am Servicepersonal. Man hat es am Grill-Pavillon gesehen. Der vorherige Pächter machte zunächst einen guten Eindruck, ihm hat dann aber auch das Personal gefehlt. Der neue Pächter Christos Sirtmatsis macht seinen Job bisher hervorragend. Er hat einen tollen Biergarten eingerichtet. Da geht mein Herz auf, wenn Leute für etwas brennen. Auch er wäre im Stande, punktuell etwas in der Erftalstube zu machen.

Sie hatten eine Aktion für die Bewirtung der Erftalstube mit Vereinen angekündigt. Was hat sich daraus entwickelt?

Grimm: Wenn der Vorsitzende ja sagt, heißt das noch lange nicht, dass er seine Leute überzeugen kann. Die Ehrenamtlichen leisten schon viel. Es ist schwer, noch zusätzlich etwas draufzupacken. Ich habe mein Ziel noch nicht erreicht, da muss ich noch viel Überzeugungsarbeit leisten.

Ihr Wunsch war es, dass die Schule besser mit den lokalen Unternehmen zusammenarbeitet. Das haben Sie mit der Initiative „Ausbildung mehr wert denn je“ auch gleich umgesetzt. Was erwarten Sie sich davon?

Grimm: Wir haben im Ländlichen Raum einen Fachkräftemangel. Wir haben die jungen Menschen und die Unternehmen hier vor Ort. Wir wollen die Jugendlichen und auch deren Eltern davon überzeugen, dass die Ausbildung als Start ins Berufsleben eine gute Wahl ist. Man muss heute nicht mehr studiert haben, um ein gutes Leben zu führen.

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Das heißt aber auch, dass die Betriebe mehr unternehmen müssen, um Nachwuchs zu gewinnen.

Grimm: Genau. Mit den alten Methoden kommt man heutzutage nicht mehr weit. Als Unternehmen muss man sich im Prinzip bei den jungen Leuten bewerben. Für viele Betriebe ist das Neuland. Dabei wollen wir sie unterstützen. Uns schwebt ein „Tag der offenen Tür“ in den Hardheimer Firmen vor. Dort können die Jugendlichen einfach mal vorbeikommen und sich umschauen. Es muss in der Gesellschaft ein Umdenken stattfinden. Vom diesjährigen Abschlussjahrgang der Realschule sind es erfreulicherweise überdurchschnittlich viele, die eine Ausbildung anfangen.

Der nächste Stopp bei unserem Rundgang ist die Erfapark-Baustelle inklusive Aldi-Markt. Das Einvernehmen zur Baugenehmigung von Seiten der Gemeinde wurde erteilt. Wann geht es jetzt endlich los?

Grimm: Bis zum 30. Juni wurde der Bebauungsplan öffentlich ausgelegt, und es konnten Stellungnahmen abgegeben werden. Diese müssen jetzt wie bei jedem Bebauungsplanverfahren vom Gemeinderat abgewogen werden. Das ist für September geplant. Danach soll es mit den Erdarbeiten losgehen. In der vergangenen Sitzung habe ich bereits bekanntgegeben, dass Rossmann eine Filiale eröffnen wird (wir berichteten, Anm. d. Red.). Außerdem sind 80 Prozent der Verträge für die Geschäfte im Erfapark abgeschlossen.

Können Sie außer Rossmann noch einen Namen nennen?

Grimm: Ich kenne Namen, die sind aber noch nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. So viel kann ich aber verraten: Es soll ein bunter Branchenmix werden.

Ich kann nicht überall sein. Ich wurde als Vater von vier Kindern gewählt.
Stefan Grimm Bürgermeister der Gemeinde Hardheim

Wir wollen bei unserem Rundgang einen zusätzlichen Stopp am ehemaligen „Glashaus“ einlegen. Das Gebäude hat Ihnen schon im Wahlkampf nicht gefallen. Es soll einen Investor geben. Getan hat sich aber noch nichts. Warum?

Grimm: Nach meinem aktuellen Kenntnisstand ist der vorderer Teil im Besitz eines reichen Investors, der nicht aus der Region kommt. Der hintere Teil, das Bermayer-Areal, gehört einem lokalen Investor, der allerdings den gesamten Komplex entwickeln möchte – inklusive „Glashaus“. Es gab schon viele Gespräche, aber es ist wohl noch nichts unterschrieben.

Ein wichtiges Anliegen war Ihnen die Schaffung von Gewerbeflächen. Am Regenüberlaufbecken an der Querspange wurde eine Fläche erschlossen. Wie schwierig gestaltet sich die Suche?

Grimm: Die Fläche oberhalb vom bestehenden Gewerbegebiet in Richtung Höpfingen ist ausgewiesen. Wir haben eine Satzung erlassen, dass die Gemeinde dort Vorkaufsrecht hat. Dieses Gebiet wollen wir vorrangig entwickeln. Aber auch hier müssen wir wieder viel mit Grundstückseigentümern verhandeln. Daher wird das noch einige Zeit dauern, bis etwas passiert.

Eigentlich ist der „Rundgang“ hier zu Ende, aber wir wollen mit Ihnen noch eine kleine Ehrenrunde drehen: Im 100-Tage-im-Amt-Gespräch haben Sie gesagt, dass Sie bis zum 1. August 2023 das Krankenhaus „in eine neue Zeit“ gelenkt haben wollen. Was ist hier in den vergangenen Wochen und Monaten passiert?

Grimm: Gesundheitsminister Karl Lauterbach strebt eine Reform an. Parallel zu diesen Entwicklungen wollen wir das Hardheimer Krankenhaus entsprechend aufstellen. Am Anfang meiner Amtszeit stand die Suche nach Ärzten im Fokus. Das kann inzwischen nicht mehr das alleinige Ziel sein. Wir werden das Krankenhaus umbauen müssen, so dass wir ein breiteres Spektrum anbieten können. Der klassische Krankenhaus-Charakter wird sich nach und nach auflösen. Kleine Häuser wie in Hardheim werden mehr und mehr in die Ambulantisierung gedrängt. Wir wollen Pilotprojekt für die geplante Krankenhausreform sein. Gemeinsam mit den Belegärzten suchen wir derzeit nach Nachwuchs.

Welche Möglichkeiten gibt es, um junge Ärzte in den ländlichen Raum zu locken?

Grimm: Eine Möglichkeit ist, dass die Gemeinde oder die Praxen Ärzte anstellen. Hier spielt das Thema Work-Life-Balance eine große Rolle. In den Gesprächen müssen wir in den Vordergrund rücken, was Hardheim alles zu bieten hat – auch für die Familien, wie beispielsweise die Schule und die Kindergärten. Damit müssen wir wuchern. Alles ist jedoch ein bisschen vage, da sich noch vieles in der Diskussion befindet.

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Den Hardheimern muss es also erst einmal nicht bange sein, um ihr Krankenhaus?

Grimm: Nein, das muss es nicht. Der Gemeinderat und die Bevölkerung stehen zweifellos hinter dem Krankenhaus. Ich bin optimistisch und versuche, diesen Optimismus auch zu verbreiten.

Wir haben viele Themen besprochen. Zwei Dinge möchten wir noch kurz anreißen. Sie haben die Umgehungsstraße im Wahlkampf schon ausgeblendet. Bleibt Sie ausgeblendet?

Grimm: Ja.

Wie ist der Stand bei „Tempo 30“?

Grimm: Da hat sich etwas Spannendes getan. Die Landesregierung hatte für Juni eine Lärmkarte angekündigt. Diese soll nun im September kommen. Sollte die Ortsdurchfahrt in dieser Karte entsprechend markiert sein, müssen wir nicht mehr beim Regierungspräsidium Karlsruhe um Maßnahmen betteln. Die Straßenverkehrsbehörde des Gemeindeverwaltungsverbands Hardheim-Walldürn kann in Abstimmung mit der Gemeinde selbst Geschwindigkeitsbeschränkungen einführen – und das in einem überschaubaren Zeitfenster.

Mit der Initiative „Ausbildung mehr wert denn je“ und der Reaktivierung des Hardheim-Ausschusses haben Sie zwei Ihrer Ziele gleich umgesetzt. Was fehlt, ist noch der Ansprechpartner für die Vereine. Wann kommt der?

Grimm: Den wird es wahrscheinlich nicht geben, da der Bedarf nicht da ist. Viele Vereine haben sich gut eingerichtet und wissen, an wen sie sich im Rathaus wenden sollen.

Zum Schluss: Wann haben Ihre Kinder das erste Mal gesagt, dass der Papa zu lange und zu oft weg ist?

Grimm: Wir müssen die vielen Termine gut koordinieren. Der Job hat natürlich einen großen Einfluss auf die Familie. Es ist nicht die Masse, sondern die Qualität der Zeit, die man miteinander verbringt. Ich versuche, möglichst viele Events in Hardheim wahrzunehmen – wo es passt auch mit der Familie. Ich kann aber nicht überall sein. Ich wurde als Vater von vier Kindern gewählt. Damit geht einher, dass es auch Zeitfenster für die Familie geben muss. Die Arbeit ist zeitintensiv und fordernd. Umso wichtiger ist es, irgendwo Kraft zu tanken.

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