Wertheimer trainiert nun Bundesligisten

VfL Bochum-Trainer Thomas Reis ist bodenständig aufgestiegen

Der Wertheimer Thomas Reis hat es als Erster der Fußball-Region Odenwald geschafft, einen Bundesligisten zu trainieren. Mit dem VfL Bochum geht es in die Premieren-Saison 2021/2022.

Von 
Michael Fürst
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Er gibt beim VfL Bochum die Richtung vor und hat den Verein nach elf elend langen Jahren wieder zurück in die Bundesliga geführt: Thomas Reis, dessen Wurzeln in Wertheim liegen. © dpa

Das Bochumer Ruhrstadion ruht auf massiven Betonsäulen. An den Stützen, welche die Haupttribüne tragen, sind mit Namen und Konterfeis die VfL-Legenden verewigt: Michael Lameck zum Beispiel oder Ralf Zumdick. Aber auch Jupp Tenhagen, Stefan Kunz und Dariusz Wosz huldigt man dort für ihre Verdienste um diesen kultigen Verein aus dem Ruhrpott. Den Namen Thomas Reis findet man dort nicht. Noch nicht. Doch die Leistung, die er im Mai als Trainer mit seiner Mannschaft vollbracht hat, würde fast schon ausreichen, um den 47-Jährigen dort an den Säulen zu verewigen: Nach elf Jahren Zweitklassigkeit hat er den VfL Bochum wieder zurückgeführt in die Fußball-Bundesliga. Tausende Fans feierten diesen Erfolg ausgelassen „anne Castroper“, wie man in Bochum sagt.

„Ich glaube, jeder kann es sich vorstellen, wie emotional diese Feier ausgefallen ist. Es war Freude pur. Was da schon in der Kabine los war – das war einfach klasse“, erzählte Reis einige Tage später im Interview mit den Fränkischen Nachrichten. Thomas Reis krönt mit diesem Aufstieg (vorerst) eine Fußballer-Laufbahn, die als Kind in Wertheim begann – beim FC Eichel, um es genau zu sagen.

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Dort kickte er bis 1989. Als C-Jugendlicher wurde sein Talent entdeckt und er wechselte zum VfB Stuttgart. Bei Eintracht Frankfurt wurde er Profi, mit dem VfL Bochum spielte er im Uefa-Cup. Thomas Reis schlug die Trainerlaufbahn ein und ist jetzt in der Bundesliga „gelandet“. „Ich wollte auch als Trainer immer so hoch kommen, wie es nur möglich ist. Ich habe mir schon immer hohe Ziele gesteckt und habe auch hier viel dafür getan, mich über die Jugend des VfL Bochum und die des VfL Wolfsburg nach oben gearbeitet. Von daher ist für mich jetzt schon ein Traum in Erfüllung gegangen“, sagt er. Was er in Bochum erreicht hat, erkennt man erst dann richtig, wenn man sich vor Augen führt, dass Reis den VfL im September 2019 auf einem Abstiegsplatz in der 2. Bundesliga übernahm.

Es war ein ganz bewusster Schachzug von Sebastian Schindzielorz, dem VfL-Geschäftsführer Sport, nach der Entlassung von Robin Dutt ausgerechnet Thomas Reis als dessen Nachfolger für den Trainerposten zu holen. Bei den Verantwortlichen und bei den Fans ist er „einer von uns“, und das nicht nur, weil er im Verein alle und alles kennt, sondern weil er schon als Spieler die Tugenden verkörperte, die in Bochum fast mehr verehrt werden als Filigranarbeit: Einsatzbereitschaft, Maloche und Vereinstreue. In der Fan-Kneipe „frein’s Event Location“, nur wenige Schritte vom Ruhrstadion entfernt, verehren die VfL-Anhänger „ihren Thomas“ immer noch und wieder. Ein handsigniertes Trikot von Reis hängt dort eingerahmt an einer Wand.

Auch wenn Thomas Reis in Bochum heimisch geworden ist, so hat er doch den Kontakt nach Wertheim nicht verloren. „Heimat kann man nicht verleugnen. Wertheim wird immer meine Heimat sein. Mein Vater und meine Schwester wohnen noch da“, sagt er. Während seines Urlaubs nach der vergangenen Zweitliga-Saison war er auch wieder zu Besuch in Wertheim. „Ich habe noch zu vielen Personen von dort Kontakt.“ Antonio Lopez ist eine davon. Er trainiert derzeit den Buchener Kreisligisten TSV Buchen; und siehe da: Die Spieler dort staunten nicht schlecht, als Reis im Sommer 2020 plötzlich im Frankenlandstadion auftauchte und dort eine Trainingseinheit leitete. Diese Aktion sagt viel über Reis aus: Er ist immer bodenständig geblieben. Er weiß, wo seine Wurzeln liegen, ist einer, der sich nie aufgrund seines Status’ als Bundesliga-Trainer über andere Menschen erheben würde.

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Er weiß, was in der Heimat läuft

Seine Verbundenheit mit der Region zeigt sich auch in folgender Aussage: „Es ist schade, dass in der Gegend in Sachen Fußball nicht so viel geht. Würzburg liegt zwar nicht mehr im Main-Tauber-Kreis, aber genau an der Grenze. Von daher finde ich es auch schade, dass die Kickers aus der 2. Bundesliga abgestiegen sind.“ Er hat im Blick, was in der Heimat läuft und weiß stets, auf welchem Tabellenplatz sein Heimatverein FC Eichel steht.

Doch ab August geht es erst einmal gegen die ganz Großen der Nation: Die Gegner heißen nicht mehr Balbachtal oder Distelhausen, sondern Bayern und Dortmund. Zur neuen Bundesliga-Saison sagt er: „Wir sind Meister in dieser starken 2. Bundesliga geworden und haben uns diesen Titel verdient. Unsere derzeitige Altersstruktur war genau richtig für die 2. Bundesliga. Doch wir müssen die Weichen für die Zukunft stellen, frisches Blut zuführen und neue Konkurrenz in den Kader bringen. Wir haben aber schon jetzt Spieler in unseren Reihen, die absolutes Bundesliga-Format haben.“ Ganz klar geht es für den VfL Bochum einzig und allein um den Klassenerhalt.

Und sollte Thomas Reis und der Mannschaft der Ligaverbleib wirklich gelingen – dann wird man kaum mehr drum herum kommen, den Wertheimer auch an den Beton-Säulen des Ruhrstadions zu verewigen …

Ressortleitung Reporterchef und Leiter der Sportredaktion

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