Ehemalige Bundesrainerin der Frauen-Fußballnationalmannschaft

Frauenfußball: Der Erfolg der Walldürner Welttrainerin Silvia Neid

Olympiasiegerin, Welt- und Europameisterin: Silvia Neid hat im Frauenfußball alles gewonnen, was man gewinnen kann.

Von 
Michael Fürst
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Der Moment des größten Erfolgs: Die Walldürnerin Silvia Neid freut sich über den Olympiasieg 2016 mit der Frauenfußball-Nationalmannschaft. © dpa

In letzter Zeit ist es still geworden um Silvia Neid. Als Leiterin der Frauen-Scoutingabteilung beim Deutschen Fußball-Bund steht sie lange nicht mehr so viel in der Öffentlichkeit wie einst als Bundestrainerin der deutschen Frauen-Fußballnationalmannschaft. Die 57-Jährige vermisst die Kameras und Mikrofone aber nicht: „Als Bundestrainerin hast du viele Verpflichtungen und musst an Veranstaltungen teilnehmen. Jetzt kann ich mir die Dinge viel mehr aussuchen. Ich genieße es, nicht mehr dauernd erkannt zu werden; dafür sind auch die Masken gut.“ Sie lacht, nachdem sie das gesagt hat. Silvia Neid ist gut drauf, als sie sich Zeit nimmt für das Gespräch mit den Fränkischen Nachrichten, ihrer Heimatzeitung. Etwa alle vier Wochen kommt sie noch heim nach Walldürn und schaut dort nach ihrer Mutter.

„In Walldürn kennt man mich; ich werde aber selten angesprochen. Wenn ich mit meiner Mutter einkaufen gehe und wir Menschen treffen, unterhalten wir uns natürlich mit denen. Die Leute sagen dann oft: Hey, schön, dass du mal wieder da bist“, erzählt sie. Klar, für die Ur-Walldürner ist Silvia Neid noch immer die „Silv“. So wurde sie bereits als Mädchen gerufen, und zwar auch von den Jungs, denen sie einst auf dem Bolzplatz, nahe dem jetzigen Gelände der Eintracht Walldürn, die Stirn bot.

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Dort holte sie sich früh ihr Rüstzeug für ihre Fußballkarriere, behauptete sich gegen die Buben. Wendig, schnell und technisch versiert – mit diesen Attributen erarbeitet sie sich fix höchsten Respekt bei den Jungs. Schmunzelnd fügt sie hinzu: „Schon nach dem zweiten, dritten Mal war es so, dass ich nicht mehr die Letzte war, die gewählt worden ist.“ Gerne erinnert sie sich daran zurück, sagt Neid.

Der weitere Weg ist bekannt. Aus der Walldürnerin wurde ein Weltstar – erst als Spielerin (sieben Mal Deutsche Meisterin, sechs Mal DFB-Pokalsiegerin, drei Mal Europameisterin, einmal Vizeweltmeisterin), später als Trainerin der deutschen Frauenfußball-Nationalmannschaft (Weltmeisterin 2003 als Co-Trainerin, 2007 als Chefcoach, fünf Mal Europameisterin, drei Mal als Co-, zweimal als Cheftrainerin sowie Olympia-Bronze 2008 und der Olympiasieg 2016). Drei Mal wurde sie von der Fifa zur Welttrainerin gekürt. Bei all diesen Erfolgen drängt sich die Frage regelrecht auf: Welcher Titel ist für Silvia Neid der größte Erfolg? Bei dieser Frage muss sie ein wenig überlegen, ehe sie antwortet: „Auf einen möchte ich mich nicht beschränken; aber einige kann ich schon hervorheben. Der Weltmeistertitel 2007, weil es mein erstes Turnier als Cheftrainerin war und wir den Titel von 2003 verteidigt haben. Auch die WM 2011 war ein richtig schönes Highlight, obwohl wir da schon im Viertelfinale ausgeschieden sind. Aber: Wochenlang hat sich in Deutschland alles um Frauenfußball gedreht. 2013 wurden wir trotz sechs verletzter Stammspielerinnen Europameister. Und klar, 2016 die Olympische Goldmedaille zu meinem Abschied. Das war das i-Tüpfelchen.“

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An der Basilika entlang

Ruhe und Kraft für all diese Gipfelstürme findet sie immer wieder in ihrem Geburtsort, wo sie noch heute gerne an der Basilika entlangschlendert. Silvia Neid sagt: „Wenn ich nach Walldürn reinfahre, spüre ich auch nach all den Jahren noch, dass ich heimkomme. Man muss ja bedenken, dass ich mit 19 Jahren von dort weggezogen bin.“ Neid lebt im Siegener Land. Während der Corona-Zeit hat sie sich ein E-Bike gekauft und ihre zweite Heimat neu erkundet. Auch auf dem Golfplatz hat man sie öfter getroffen. In Siegen will sie auch bleiben. Denn trotz all ihrer Heimatverbundenheit zu Walldürn sagt sie ganz offen: „Ich kann mir nicht vorstellen, irgendwann wieder dorthin zurückzuziehen.“

Doch an Ruhestand denkt die 57-Jährige noch lange nicht. Aktuell ist sie dabei, das Frauenfußball-Turnier der Olympischen Spiele zu beobachten, neue Trends zu erkennen, mit Analysen Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg zu unterstützen. Analytikerin hin oder her – dieses Trainer-Gen ist immer noch aktiv in ihr. Silvia Neid verrät: „Ich hatte und habe Angebote. Das sind Angebote sowohl für Nationalmannschaften, aber auch für Vereinsmannschaften, aus der ganzen Welt. Es war aber bisher nichts dabei gewesen, was mich extrem gereizt hat, was aber auch damit zu tun hat, dass ich mich in meinem aktuellen Job sehr wohlfühle.“

Im April 2017 gab sie den FN ein Interview, in dem sie den bundesweit beachteten Satz sagte: „Ich würde es mir zutrauen, eine Herren-Bundesliga-Mannschaft zu trainieren.“ Schlummert dieser Wunsch immer noch in ihr? Bei der Antwort auf diese Frage wirkt sie recht ernst: „Es gab keine Anfragen, nein. Ich weiß aber ehrlich gesagt auch nicht, welche Frau schon ein Angebot von einer Profi-Herrenmannschaft bekommen hat. Zumindest ist Imke Wübbenhorst jetzt als Co-Trainerin in der 3. Liga tätig (Viktoria Köln, Anm. d. Red.). Was mich wundert ist, dass wir momentan sogar in der Frauen-Bundesliga nur männliche Cheftrainer haben.“

Die Walldürnerin Silvia Neid als Welttrainerin im Fußball. Doch es hätte auch ganz anders kommen können. In dem kürzlich veröffentlichten Buch „Mutige Frauen ihrer Zeit“ von der ehemaligen FN-Redakteurin Maria Gehrig verriet sie: „Wenn es mit dem Fußball nicht geklappt hätte, wäre ich professionelle Tänzerin geworden.“ Darauf angesprochen, ergänzte sie im FN-Gespräch für diesen Artikel: „Das hätte ich wirklich gerne gemacht. Ich tanze schon immer gerne. Meine Mutter hat früher immer gesagt: Du tanzt wie ein Lumpen am Stecken. Das hat ja irgendwie auch etwas mit Leistungssport zu tun.“

Olympiasiegerin, Weltmeisterin, Europameisterin, Deutsche Meisterin – ob sie all diese Titel als Tänzerin auch geholt hätte …?

Ressortleitung Reporterchef und Leiter der Sportredaktion

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