Neckar-Odenwald-Kreis/Buchen. Nicht erst seit der Kreistagssitzung vom 23. Oktober hängt das Szenario wie ein Damoklesschwert über dem gesamten Neckar-Odenwald-Kreis: „Ich appelliere eindringlich an alle unsere 27 Städte und Gemeinden: Helfen Sie bitte mit und übernehmen Sie, wo immer es geht, noch mehr gesamtgesellschaftliche Verantwortung. Nur wenn wir in ausreichender Zahl geeignete Gebäude oder Grundstücke für den Betrieb von Gemeinschaftsunterkünften bekommen, wird der Kelch der Beschlagnahme von Sporthallen an uns vorübergehen“, hatte damals Landrat Dr. Achim Brötel gesagt. Die drohende Belegung von Sporthallen im Kreis mit Geflüchteten war schon zuvor immer wieder thematisiert worden.
Dazu gekommen ist es bisher allerdings nicht. „Momentan verzeichnen wir erfreulicherweise eine leichte Erholung bei den Zuweisungszahlen. Falls sich dieser Trend in den nächsten Wochen und Monaten so fortsetzen sollte, hätten wir die realistische Chance, mit unseren Unterbringungskapazitäten endlich wieder vor die Lage zu kommen“, sagte Brötel auf eine aktuelle FN-Anfrage. Er führt den etwas reduzierten Zufluss an Flüchtlingszahlen unter anderem auf die verstärkten Kontrollen der Bundespolizei an den Binnengrenzen der EU zurück.
Deutliche Worte von Landrat Dr. Achim Brötel
Wie schon in der Kreistagssitzung vom Oktober betont er noch einmal in deutlichen Worten – auch in Richtung Bundespolitik: „Unser erklärtes Ziel bleibt es auch weiterhin, die Belegung von Sporthallen als Notunterkünfte unter allen Umständen zu vermeiden. Diejenigen, die schon am meisten unter der Pandemie gelitten haben – Kinder, Jugendliche und Vereine – dürfen jetzt nämlich nicht erneut dafür bestraft werden, dass die Politik nicht in der Lage und teilweise leider offenbar auch gar nicht willens ist, den Zustrom geflüchteter Menschen nach Deutschland endlich wirksam zu begrenzen.“ In Frage kämen dann zunächst einmal die die Kreissporthallen, von denen auch in Buchen eine steht.
In Buchen ist sich Bürgermeister Roland Burger der „gesamtgesellschaftlichen Aufgabe“ bewusst. Er sagte den FN: „Wir sehen diese Aufnahme als gesamtgesellschaftliche Aufgabe an und planen vorausschauend. Wir werden auch weiterhin die Geflüchteten, die uns vom Landratsamt aus der Vorläufigen Unterbringung in die Kommunale Anschlussunterbringung zugewiesen werden, in eigene oder angemietete Wohnungen unterbringen können – sofern die Zahlen sich im bisherigen Rahmen bewegen.“ In Buchen hatte vor etwa anderthalb Jahren der Bau des Containerdorfes für gut 70 Geflüchtete oberhalb des Bahnhofs für Wirbel gesorgt. Die Plätze dort sind fast alle belegt, aber ein Gefahrenpunkt, so wie von den Anwohnern zunächst befürchtet, hat sich daraus nicht ergeben. Dies bestätigt Bürgermeister Burger und eine Anwohnerin: „Bisher ist alles friedlich. Wenn das so bleibt, können die Container noch eine Weile stehen.“
Stefan Grimm erklärt Situation in Hardheim
Auch die Gemeinschaftsunterkunft in Hardheim ist fast voll. Bürgermeister Stefan Grimm erklärt die Situation in der Erftalgemeinde: „Wegen der hohen Belastung durch die Gemeinschaftsunterkunft ist Hardheim von der Anschlussunterbringung ausgenommen. Trotzdem unterstützen wir den Landkreis und seine Städte und Gemeinden mit der Bereitstellung und Anmietung von Wohnraum, wo es geboten ist. So haben wir einige Mietverträge für Ukrainische Familien für die Anschlussunterbringung übernommen, die vom Landkreis vorläufig in privaten Wohnungen untergebracht waren und für die Anschlussunterbringung in eine andere Kommune hätten verlegt werden müssen. Das haben wir den Menschen ersparen können. Sonst gelingt auch keine Integration.“ Auch den in der Bevölkerung heiß diskutierten für 2024 geplanten Neubau einer Unterkunft reißt Grimm an: „Durch die hoch geförderte Obdachlosen- und Flüchtlingsunterkunft wollen wir den ohnehin angespannten Wohnungsmarkt in Hardheim etwas entlasten. Denn auch unsere Soldaten suchen dringend bezahlbaren Wohnraum. Das neue Gebäude ist keine Ausweitung der vorläufigen Unterbringung und es sind dadurch auch keine zusätzlichen Flüchtlinge zu erwarten.“
Nicht ganz so harmonisch läuft es in Schefflenz. Dort möchte der Landkreis neben dem Schlachthof eine Containersiedlung für Geflüchtete errichten – was der Gemeinderat ablehnte. Dieses „versagte Einvernehmen“ hat der Kreis nun „ersetzt“, wie es so schön im Behördendeutsch heißt. Das bedeutet: Die Container werden trotzdem aufgestellt. Landrat Brötel begründet das so: „Die vom Gemeinderat für seine ablehnende Haltung angeführten Gründe waren schlicht und ergreifend nicht stichhaltig. Und: Dann ist auch ein ,ersetztes Einvernehmen’ allemal noch besser als eine Sporthalle.“ Auch in Merchingen ist der Bau einer Unterkunft des Kreises geplant. Mit diesem Thema beschäftigt sich der dortige Ortschaftsrat am Dienstag.
Zuletzt wurden dem Kreis 362 Asylbewerber zugewiesen, heißt es aus dem Landratsamt (August 60, September bis November je 85 und Dezember 47). Dazu kamen noch etwa 110 ukrainische Staatsangehörige. Wenn sich die Zahlen weiter in diesem Bereich bewegen, könne hier nicht von einem „Erreichen der Kapazität“ in einer Kommune gesprochen werden, heißt es. Von drohenden Sporthallen-Belegungen kann im Augenblick also keine Rede sein.
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/region-neckar-odenwald_artikel,-neckar-odenwald-fluechtlinge-in-sporthallen-so-ist-der-stand-im-kreis-_arid,2155194.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.fnweb.de/orte/hardheim_artikel,-hardheim-hardheim-von-fluechtlingsheim-kann-keine-rede-sein-_arid,2155157.html
[2] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.fnweb.de/orte/hardheim_artikel,-hardheim-hardheim-von-fluechtlingsheim-kann-keine-rede-sein-_arid,2155157.html
Fränkische Nachrichten Plus-Artikel Kommentar Flüchtlinge: Den Rechtspopulisten nicht in die Karten spielen