Main-Tauber-Kreis. Die Jugendtechnikschule (JTS) Main-Tauber hat ihren Sitz in Bad Mergentheim und ihr Netzwerk in den vergangenen Jahren im gesamten Landkreis ausgebaut. Alle Bad Mergentheimer Schulen, sechs Schulen in Wertheim, drei in Weikersheim, drei in Tauberbischofsheim, dazu Bildungseinrichtungen in Grünsfeld, Assamstadt, Igersheim und Creglingen sind mit der JTS im Austausch.
Die Fränkischen Nachrichten blicken heute exemplarisch auf die Strukturen in Wertheim und zeigen auf, wie die Zusammenarbeit funktioniert und bereichert.
Motivierte Stimmung
In der Comenius-Realschule in Wertheim herrscht an diesem Tag eine motivierte Stimmung. Vertreterinnen und Vertreter von Schulen, Unternehmen und der Stadt treffen sich mit JTS-Geschäftsstellenleiterin Iris Lange-Schmalz zu einem weiteren Austausch – und eines wird deutlich: Die Begeisterung der Anwesenden für MINT – Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – ist spürbar. Gemeinsam blicken die Beteiligten auf erfolgreiche Projekte zurück und schmieden bereits neue Pläne, um bei jungen Menschen das Interesse für MINT-Themen zu wecken.
Die Stadt Wertheim, als Gründungsmitglied des Vereins MINT-Region Main-Tauber e. V., hat in Kooperation mit lokalen Schulen wie der Comenius-Realschule in Bestenheid, der Gemeinschaftsschule Wertheim, der Otfried-Preußler-Schule sowie den Grundschulen Bestenheid und Reichholzheim zahlreiche MINT-Pilotprojekte auf den Weg gebracht. Unterstützt werden sie dabei von engagierten Unternehmen wie der Brand-Gruppe (Brand/Vacuubrand), Kurtz Ersa, Woerner, den Stadtwerken Wertheim und EQYO/Saint-Gobain. Alle sind sich einig: Das MINT-Netzwerk in Wertheim zeige Wirkung – Schulen, Unternehmen und Stadt ziehen ein positives Fazit.
„Wir sind stolzes Gründungsmitglied“
Matthias Fleischer vom Referat Bildung und Familie von der Stadt Wertheim sieht sich als Schnittstelle zur MINT-Region, den Schulen und den Unternehmen: „Wir sind stolzes Gründungsmitglied der MINT-Region, da die Aktivitäten des Vereins Schülerinnen und Schüler frühzeitig mit alltagsrelevanten MINT-Themen in Kontakt bringen und das schulische Wissen ergänzen. Die frühe MINT-Bildung hilft uns dabei, lokale Talente zu erkennen oder zu fördern und langfristig, Fachkräfte in den regionalen Unternehmen zu sichern. Das Engagement stärkt aber nicht nur die Wirtschaftskraft, sondern fördert die gesamte Entwicklung einer nachhaltigen, modernen und attraktiven Stadt. Die Rückmeldungen aller Beteiligten sind positiv und die Kinder so begeistert, dass sie immer weitermachen wollen. Die Stadt Wertheim unterstützt die MINT-Region daher sehr gerne.“
Ausbildung statt Studium
Katrin Amrhein, die Schulleiterin der Comenius Realschule, ist sehr froh, bereits Projekte am Laufen zu haben: „Die Zusammenarbeit mit den Unternehmen war unkompliziert und erfolgreich. Die Schüler sind viel motivierter, sich anschließend mit MINT-Themen zu beschäftigen.“ Chris-Patrick Schöffler, Lehrer im Bereich Technik an der Comenius-Realschule und Koordinator für MINT-Projekte und den Erfinder-Wettbewerb „Kreative Köpfe“ merkt an: „Ich finde es total cool, dass wir dabei sind und somit einen Einblick in die Unternehmen bekommen. Wir merken außerdem gerade wieder, dass die 10er sich wieder mehr für eine Ausbildung interessieren und nicht nur auf ein Studium fokussieren.“
Melanie Matuszewski, die Schulleiterin der Grundschule Bestenheid, erklärt: „Nach Corona haben wir festgestellt, dass Basisfähigkeiten gefehlt haben. Wir haben uns gefragt, wie können wir die Kinder bestmöglich auf den Wechsel an die Comenius RS vorbereiten, wohin viele gehen. Die ‚MINT-Region‘ hat sich für den naturwissenschaftlichen Zweig angeboten und wir starteten in der 2. Klasse das Projekt BeeBots. Frau Baier von der JTS bringt dabei den Kindern das Programmieren bei. In der 3. Klasse und den AGs lassen sich die Technikkenntnisse vertiefen. Zudem gibt es die Kooperation mit den Stadtwerken zum Thema Wasser.“ Sarah Herma, Geschäftsführerin Saint-Gobain, antwortet den FN: „Wir sind Gründungsmitglied, und wollen bald mit unserem ersten Projekt beginnen.“
Wasser als wichtiges Gut im Fokus
Sabrina Fischer, Personalbereich Stadtwerke Wertheim, unter anderem für die Ausbildung zuständig, erzählt: „Bei der letztjährigen Mitgliederversammlung sind wir mit Frau Matuszewski ins Gespräch gekommen, dass wir gerne ein Projekt umsetzen möchten, und kamen auf das Thema ‚Wasser‘. Nach einem kleinen Piloten in den 4. Klassen haben wir in diesem Jahr ein dreitägiges Projekt in den 3. Klassen gestartet: Am ersten Tag geht es uns Trinkwasser, am 2. Tag um den Wasserverbrauch und dass Wasser ein sehr wichtiges Gut ist. Am dritten Tag werden die Kids nach Dertingen ans Wasserwerk gefahren, wo es eine Führung durchs Werk und eine Wanderung an den Hochbehälter, den Speicher des Wassers, gibt.“
Frank Adam, Technischer Ausbildungsleiter bei Kurtz Ersa, sagt: „Auch wir sind Gründungsmitglied des MINT-Vereins und bei Kreative Köpfe aktiv. Im Oktober 2024 hatten wir an zwei Tagen die sechste Klasse im Haus, die Jugendlichen waren in der Ausbildungswerkstatt und im Museum. Es hat Spaß gemacht und wir möchten das wiederholen.“ Massimo de Vivo, Global Head Corporate People and Culture Organisation Kurtz Ersa, betont, dass „MINT aus eigenem Interesse sehr wichtig für das Unternehmen“ sei: „Wir stellen mit Bestürzung fest, dass die Qualifikationen junger Menschen im MINT-Bereich stetig nach unten gehen. Wir brauchen aber Fachkräfte, um auf dem Markt und im globalen Wettbewerb zu bestehen. Deshalb liegt uns viel daran, die auf Neudeutsch ‚Work Force‘, die wir benötigen, langfristig zu besetzen.“
Wofür überhaupt Mathe in der Schule?
Alexander Kärcher, Geschäftsführer bei Woerner, beschreibt: „Für uns ist es von allerhöchster Wichtigkeit, dass wir die Personen finden, die wir brauchen, denn wir können die ‚geilsten‘ und teuersten Maschinen und Produkte haben, wenn wir aber niemanden haben, der sie herstellt, können wir zumachen.“ Und Helmut Ballweg, Ausbilder „Industriemechaniker“ bei Woerner, ergänzt: „Wir fangen schon im Kindergarten an, unser ‚Technolino‘ startete schon bereits 2008. Dabei wird unser Projekt „Würfel“ um den Themenbereich Reibung, Bewegung, Schmierung ergänzt. Im Rahmen des MINT-Region-Projekts haben wir das Projekt: ‚4-Gewinnt: Mit Technik zum Sieg!‘ mit der Realschule angefangen. Ziel ist es unter anderem, die Motivation der Schülerinnen und Schüler zu steigern und dass sie sehen, wofür sie beispielsweise Mathematik überhaupt in der Schule erlernen.“
Kars Herrmann, Director Human Resources & Legal, Brand Gruppe sieht die gleichen Schwierigkeiten wie bei den anderen Firmen: „Es gibt mittlerweile Berufe, da haben wir gar keine Bewerber mehr – Werkzeugmechaniker, Mechatroniker und so weiter. Hier herrscht Flaute. Wir brauchen Menschen, die sich für die Fächer und die Berufe interessieren. MINT-Projekte sind wichtig, sodass wir die Ausbildung erfolgreich fortsetzen können, die vom Stellenwert her ganz hoch einzuordnen ist.“
Jürgen Leimeister, Technischer Ausbildungsleiter bei Brand: „Wir sind schon immer bemüht, die MINT-Zweige zu fördern. Ich finde es deshalb gut, dass wir hier dabei sind, Klassen in die Firma kommen und ein Gefühl dafür bekommen, wie sieht es dort aus, wie riecht es da. So kann jeder den Betrieb finden, der passt.“
Chancengleichheit schaffen
Der MINT-Region Main-Tauber ist stolz darauf, gemeinsam mit seinen Gründungsmitgliedern – der Stadt Wertheim und einer Vielzahl engagierter Unternehmen – nicht nur ein starkes Netzwerk angestoßen zu haben, sondern für Iris Lange-Schmalz ist dieses Engagement von unschätzbarem Wert: „Schulprojekte sind ein entscheidender Hebel, um wirklich alle Kinder und Jugendlichen zu erreichen und Chancengerechtigkeit zu schaffen. Unser Ziel ist es, dass jeder junge Mensch – vom Kindergartenkind bis zur Schulabsolventin oder zum Schulabsolventen – Berührungspunkte mit einem MINT-Projekt hat und dabei von außerschulischen MINT-Partnern begleitet wird.“ In enger Zusammenarbeit mit den Schulen entstünden praxisnahe und zukunftsweisende MINT-Projekte, die nicht nur das Interesse der Schüler wecken, sondern ihnen auch konkrete Einblicke in technische und naturwissenschaftliche Berufsfelder ermöglichen. Von Anfang an werde darauf geachtet, dass die Projekte so gestaltet sind, dass sie von weiteren Firmen unkompliziert übernommen und umgesetzt werden können. „Unser Ziel ist es, gemeinsam mit Unternehmen und Schulen zukunftsorientierte MINT-Projekte zu entwickeln, die sowohl die Bedarfe der Firmen als auch die der Schüler berücksichtigen“, so Lange-Schmalz.
Wie entstand das Netzwerk in Wertheim?
Ende Schuljahr 2022/23: Vorstellung der Aktivitäten und Möglichkeiten der MINT-Region Main-Tauber e.V./Jugendtechnikschule Main-Tauber bei allen Schulleitungen. Die Comenius-Realschule und die Grundschule Bestenheid entschieden sich daraufhin, als Pilotschulen gemeinsam mit der JTS MINT-Projekte zu entwickeln. In diesem Rahmen wurde das erste Pilotprojekt „Coding-Kids“ für die Grundschule initiiert.
Herbst 2023: In einem Planungsmeeting mit der Stadt Wertheim, den Pilotschulen, Unternehmen und der JTS wurden konkrete Projekte erarbeitet und die Vernetzung mit weiteren Vereinsmitgliedern vertieft.
Ab Januar 2024: Planung der zweiten Workshop-Reihe „Coding-Kids“ in der Grundschule Bestenheid sowie eines neuen MINT-Projekts mit der Grundschule Reicholzheim. Zudem erfolgte die Detailierung des Pilotprojekts der Comenius-Realschule in Zusammenarbeit mit Kurtz Ersa. Der MINT-Verein wurde im Rahmen des Ausbilderstammtischs vorgestellt, und ein erstes Gespräch mit dem Vereinsmitglied Woerner fand statt.
Ab Schuljahr 2024/25: Die „Coding-Kids“-Initiative expandiert: Nach dem Erfolg an der GS Bestenheid wurde das Programm an der Otfried-Preußler-Grundschule weitergeführt. An der GS Reicholzheim startete die Workshop-Reihe „Bau eines Nachtlichts“. Mit den Stadtwerken Wertheim wird das Grundschulprojekt zum Thema „Wasser“ konzipiert. An der Comenius RS führen Kurtz Ersa und Woerner die Projekte „Technik erleben: Ein Abenteuer in der Fertigung“ und „4Gewinnt - Mit Technik zum Sieg“ durch. Weitere Projekte mit der Brand-Gruppe, Saint-Gobain und der Gemeinschaftsschule sind geplant.
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