Jugendtechnikschule

Main-Tauber-Kreis: Es ist nie zu früh, etwas lernen zu wollen

Wie bringt sich die Jugendtechnikschule in Kindergärten und Grundschulen der Region ein? Hier gibt es Antworten.

Von 
Roland Mehlmann
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In einigen Grundschulen der Region ist die Jugendtechnikschule schon aktiv. Hier sieht man die ersten Programmierschritte der Kinder. © Jugendtechnikschule

Main-Tauber-Kreis. Wie arbeitet die Jugendtechnikschule (JTS) in der Praxis, was passiert in der MINT-Region Main-Tauber und wie werden die gemeinsamen Ziele im Landkreis umgesetzt? Diesen Fragen geht die FN-Redaktion heute im Bereich Kindergärten und Grundschulen nach.

In Igersheim leitet Chiara Comolli das Kinderhaus Kunterbunt. Hier läuft das Projekt „Igersheimer Forscherkids“, in das alle sechs Igersheimer Kindergärten involviert sind und das seit Beginn von der Manfred-Schaffert-Stiftung gefördert wird. Durch dieses Projekt bringt die JTS den Kindern spielerisch die Welt der Naturwissenschaften und Technik näher. Ein Grund für den Erfolg liegt auch in den beteiligten Personen: Chiara Comolli war zuvor Ingenieurin und ihre Mitstreiterin Nicole Baier arbeitete viele Jahre in einem anderen Kindergarten. Als sich die Chance ergab bei der JTS einzusteigen, nutzte sie ihre Technikaffinität und arbeitet nun teils als Erzieherin, teils als JTS-Mitglied. Regelmäßig besucht sie Kindergärten im Kreis, führt MINT-Projekte (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) durch.

Chiara Comolli: „Ich war von Beginn an begeistert von diesem Angebot. Die Kinder sind voller Freude dabei, probieren, finden Lösungen und feiern gemeinsam Erfolge. Für mich sind diese Stunden wichtig, weil ich mich zurücknehmen kann und sozusagen von außen betrachte, was die Kinder machen, wie sie miteinander interagieren und wie auch ihre soziale Kompetenz wächst.“ Nicht verwunderlich, dass auch Nicole Baier genau so denkt: „Ich komme nicht und sage den Kindern, was sie zu tun haben. Ganz im Gegenteil, unsere Experimente beginnen mit Aufgaben, oft kniffligen, bei denen selbst Erwachsene ins Grübeln kommen. Oder wüssten Sie, wie man ein Glas auf eine Schachtel stellt, ohne es zu berühren – nur mithilfe eines Luftballons?“

Die Kinder sind zunächst ratlos, bevor die ganze Gruppe sich auf Lösungssuche macht. Für Nicole Baier ist diese Gruppendynamik entscheidend: „Wir wollen, dass die Kinder nachdenken, selbst die Lösung finden und dabei Spaß haben. Falls es Hilfe braucht, geben wir vielleicht einen kleinen Tipp. Aber die strahlenden Gesichter, wenn die Gruppe gemeinsam die Lösung erarbeitet hat, sind wirklich berührend. Gleichzeitig wollen wir von der JTS die Mitarbeiter der Kindergärten ermutigen, eigene Experimente auszuprobieren.“

Chiara Comolli verteilt am Ende dann noch ein besonderes Lob: „Ich finde es unglaublich, wie Nicole Baier jedes Mal mit frischen Experimenten aufwartet. Ich habe noch nie erlebt, dass sich etwas wiederholt.“

Kinderhaus-Leiterin Chiara Comolli und ihre Mitstreiterin Nicole Baier. © Kinderhaus Kunterbunt

Vom Kindergarten in die Grundschule

Wenn man die Grundschulen Stuppach und Neunkirchen besucht, sieht man öfter Kinder eifrig mit kleinen, gelben Bienen auf dem Boden spielen. So denkt man zumindest, denn was so spielerisch daherkommt, erfordert gehörig Gehirnschmalz. Silke Mark und Anja Scherer, die die beide Grundschulen zusammen als Rektorinnen verantworten, klären auf: „Was die Kinder hier tun, ist nichts anderes als Programmierung. Sie bekommen bestimmte Aufgaben, auf welchem Weg sich die Biene, die Bee Bot, bewegen soll und müssen sie dafür programmieren.“ Dazu mussten sie erkennen, dass Roboter/Computer nicht selbständig agieren, sondern vielmehr Befehle ausführen, die man ihnen exakt eingeben muss und auch die Reihenfolge der Befehle muss wohlüberlegt sein.

Beide Verantwortlichen waren schon immer interessiert an neuen Technologien und den Möglichkeiten, die diese bieten. Kein Wunder also, dass schon 2015 die ersten I-Pads angeschafft wurden. Silke Mark: „Natürlich waren nicht alle gleich begeistert und mussten erst überzeugt werden.“ Die nächsten Schwierigkeiten ließen nicht lange auf sich warten. Anja Scherer erinnert sich: „Wir installierten eine Cloud für unsere Schulen, damit alle Schüler und Lehrer gleichzeitig Zugriff auf Lehrmaterialien, Infos und digitale Medien hatten, je nach Zugriffsberechtigung. Leider war die Ausstattung unserer Schule damit komplett überfordert, es gab ja nicht einmal WLan!“

Die Zusammenarbeit mit der Jugendtechnikschule war für die Rektorinnen eine tolle Chance und so wurden ihre Grundschulen zu Pilotschulen. „Auf der einen Seite haben wir da die regelmäßigen Besuche der MINT-Vermittler, die mit den Kids sägen, hämmern, schrauben und kleine Experimente machen beziehungsweise zusammen etwas bauen, auf der anderen Seite unsere eigenen Projekte. Das fängt mit den Bee Bots an und endet mit eigenen kleinen Filmen, die die Kinder selbständig produzieren“, freuen sich die beiden. Und wer so viel Herzblut und Energie in die Entwicklung der Kinder steckt, wird manchmal auch belohnt. 2023 erhielten sie für das Gemeinschaftsprojekt der Grundschule am Kirchberg (Bad Mergentheim-Neunkirchen) und der Jugendtechnikschule, genannt „Coding-Kids der Grundschule Kirchberg –Einstieg in die Welt der Programmierung –Am Beispiel Klasse 1: Bee Bots“, einen Preis der Körber-Stiftung, die sich deutschlandweit für MINT-Regionen stark macht.

Die Welt der Technik



Lennard Holzinger ist 15 Jahre alt (Schüler aus Apfelbach) und berichtet den FN beispielhaft über seine „Reise durch die Welt der Technik“ in Verbindung mit der Jugendtechnikschule im Main-Tauber-Kreis.

Wie bist Du auf die Kurse und die Jugendtechnikschule aufmerksam geworden? „Schon früh hat mich Technik begeistert, und als meine Mama mir von der Jugendtechnikschule erzählte, war ich sofort Feuer und Flamme.“

Welche Kurse interessierten Dich am meisten? „Besonders fasziniert haben mich die Kurse zur Elektronik und Informatik. Der Lötkurs, bei dem ich erste Schaltungen zusammenbaute , war ein tolles Erlebnis. Auch der ‚Roboterführerschein‘ hat mich fasziniert, weil ich dabei lernte, Roboter zu programmieren und zu steuern.“

Wie ging es weiter, nachdem Du die Kurse abgeschlossen hattest? „Ich konnte dann im Future Labs in Lauda-Königshofen eigene Projekte umsetzen. Gleichzeitig engagierte ich mich in Wettbewerben wie ‚Kreative Köpfe ‘, bei denen ich meine Ideen entwickeln und nun praktisch umsetzen darf.“

Wie hat das Deine Planung für Dein späteres Berufsleben beeinflusst? „Die Erfahrungen haben mir geholfen, meine Interessen zu schärfen. Ich weiß nun, dass ich später im Bereich Informatik arbeiten möchte. Die praktischen Projekte und die Zusammenarbeit mit Gleichgesinnten haben mich in meiner Entscheidung bestärkt.“

Was hat Dir am meisten gebracht? „Am meisten schätzte ich die Gelegenheit, selbstständig Projekte umzusetzen, begleitet von der fachkundigen Unterstützung der Jugendtechnikschule. Diese Erfahrungen waren nicht nur für meine technische Entwicklung, sondern auch für meine persönliche Weiterentwicklung entscheidend“, so Holzinger.

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