Besuch von MdL Armin Waldbüßer (Die Grünen)

Bürgermeister sagten, wo sie der Schuh drückt

Landtagsabgeordnete sprachen über Finanzausgleich, Innenentwicklung, Energie und Grundsteuer

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pm
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Weikersheim/Main-Tauber-Kreis. MdL Armin Waldbüßer, Betreuungsabgeordneter der Grünen für den Main-Tauber-Kreis, kam zu einem Austausch mit Bürgermeistern aus dem Landkreis. Da es schwerpunktmäßig um Steuern und Finanzen ging, hatte er seinen Kollegen und Finanzexperten MdL Peter Seimer mitgebracht, der vor seiner Abgeordnetentätigkeit als Steuerfahnder gearbeitet hat.

Schuppert als Moderator

Die Gesprächsmoderation übernahm der Weikersheimer Bürgermeister Nick Schuppert, der von seinen Kollegen Benjamin Czernin aus Ahorn, Frank Menikheim aus Igersheim, Marcus Wessels aus Wittighausen und Uwe Hehn aus Creglingen sowie Kreisrat Rainer Moritz unterstützt wurde.

Hehn schilderte eindrücklich die Probleme seiner mit 40 Einwohnern pro Quadratkilometer besonders dünn besiedelten Flächengemeinde. Seine 4600 Einwohner verteilen sich auf 37 Wohnplätze, sein Kernort habe lediglich 1700 Einwohner. Er müsse 75 Kilometer Gemeindeverbindungsstraßen unterhalten, 800 Kilometer Feldwege und vier Kindergärten. Praktisch alle Kinder müssten zum Kindergarten gefahren werden.

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Früher benutzten sie die Linienbusse unbegleitet. Seit 2015 werde hierfür eine Begleitperson verlangt, was seine Gemeinde 70 000 Euro pro Jahr koste. Der seit seiner Einführung einwohnerbezogene Finanzausgleich des Landes werde den besonderen Herausforderungen der Flächengemeinden nicht gerecht. Die nicht zuletzt auf sein Betreiben eingeführte Flächenkomponente des Finanzausgleichs von insgesamt 50 Millionen Euro sei jedoch unzureichend, so Hehn. „Der Finanzausgleich nach Einwohnerzahl zwingt zur Industrieansiedlung“, so Hehn, „da wir für die Natur kein Geld bekommen“.

Creglingen leide unter der Abwanderung junger Menschen, die hier keine adäquaten Arbeitsplätze fänden.

Auch große Bauplätze mit mehr als sieben ar seien heute kein Grund mehr aufs Land zu ziehen. Zudem verbiete die Regionalplanung, dass sich Dörfer weiter entwickelten. Manche würden deshalb ganz verschwinden.

Innenentwicklung viel teurer

Die Innenentwicklung sei sehr viel teurer als die Ausweisung von Neubaugebieten. Es fehlten die rechtlichen Instrumente, um Baulücken schließen zu können.

In seiner Innenstadt verhindere der Denkmalschutz, dass investiert wird. „In zehn Jahren werden wir nochmal rund 300 Menschen verlieren“, befürchtet Hehn.

In Folge der Abwanderung werde die Bevölkerung immer älter und es fänden sich auch kaum noch Leute für die Landschaftspflege. „Die Landwirtschaft stirbt auf Grund der Gesetze“, ist Hehn überzeugt. Einem seiner Landwirte sei beispielsweise die Freilandhaltung seiner Kühe wegen eines zu hohen Stickstoffgehalts der Luft verboten worden. Milch aus Anbindehaltung nähmen die Molkereien aber nicht mehr an.

Tourismus nicht so bedeutsam

Im Tourismus sehen die Bürgermeister übereinstimmend keinen bedeutsamen Wirtschaftsfaktor, der für einen Ausgleich sorgen könnte. Dazu seien die Löhne und Arbeitszeiten zu schlecht.

Bürgermeister Nick Schuppert kritisierte die Verfahren beim Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum (ELR) und Ausgleichsstock. Um die damit finanzierten Maßnahmen planen zu können, müssten sie besser synchronisiert werden, so Schuppert. Wenig hilfreich sei laut Marcus Wessels die Förderung von Konzepterstellungen. Die Ideen seien vor Ort durchaus vorhanden. Benötigt werde stattdessen eine Investitionsförderung.

In Queckbronn schilderte Bürgermeister Schuppert den Landtagsabgeordneten die Probleme beim Repowering der demnächst aus dem EEG herausfallenden vorhandenen Windkraftanlagen.

Leistungsfähigere Anlagen

Moderne Anlagen seien heute höher und leistungsfähiger als die alten. Allerdings verhinderten die Heeresflieger aus Niederstetten die erforderliche Genehmigung dafür. Unverständnis zeigte er darüber hinaus für die bei einer Freiflächenphotovoltaikanlage nachgeschobene Forderung der Bundeswehr nach blendarmen Modulen.

Es sei nämlich völlig unklar, was darunter zu verstehen ist. „Wenn man auf einer Maximalforderung beharrt, kann in ganz Deutschland keine Freiflächenphotovoltaikanlage mehr gebaut werden“, pflichtete ihm Uwe Hehn bei.

Wie kommt der Strom ins Netz?

Die Gemeinde Creglingen erarbeitet derzeit elf Bebauungspläne für Freiflächenphotovoltaikanlagen auf einer Fläche von zusammen circa 200 Hektar. Diese auf den ersten Blick sehr groß erscheinende Fläche relativiere sich, wenn man berücksichtige, dass dies lediglich 2,8 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche seiner Kommune sei, so Hehn. Das große Problem dabei bestehe darin, den erzeugten Strom ins Netz zu bringen.

Erforderlich werde der Bau einer 110 kV-Leitung zum Umspannwerk in Stalldorf. Hehn verspricht sich von den Anlagen Einnahmen, die er in die Infrastruktur seiner Gemeinde stecken kann.

Für die beiden Landtagsabgeordneten neu waren drohende Probleme mit der reformierten Grundsteuer. Im Unterschied zu Windkraft fallen FFPV-Anlagen in die Grundsteuer B, die künftig nach dem Bodenrichtwert berechnet wird.

In stadtnahen Lagen sei der jedoch so hoch, dass die Grundsteuer die erzielte Pacht sogar übersteigen könne.

Durch das neue Berechnungsverfahren bei der Grundsteuer sehen die Bürgermeister auch eine Verschiebung der Steuerbelastung weg von den Unternehmen und hin zu den Privatleuten.

Ein weiteres Problem liege beim Förderprogramm für die Inklusion von Schülern vor. Die Höhe des Zuschusses erfahre man erst, nachdem die Baumaßnahme fertiggestellt und abgerechnet wurde. Dadurch lasse sich die Finanzierung solcher Investitionen haushaltsmäßig nicht planen.

Armin Waldbüßer dankte den Gesprächspartnern für die vielen Informationen und stellte eine Fortsetzung in einer Videokonferenz unter Einbeziehung weiterer Fachpolitiker in Aussicht.

Um Themen kümmern

Peter Seimer versprach, sich um die angesprochenen Themen zu kümmern und verwies abschließend darauf, dass die baden-württembergischen Gemeinden im Bundesvergleich finanziell recht gut dastünden. Lediglich zwei Kommunen im ganzen Land könnten damit rechnen, von der Altschuldentilgung durch den Bund zu profitieren. pm

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