Amokfahrt vom Silvestertag

Lebensbedrohliche Einsatzlagen: Main-Tauber-Kreis testet neue Einsatzkoordination

Bei der Amokfahrt am Silvestertag kam erstmals ein neues Koordinationsmodell zum Einsatz. Wie Kreisbrandmeister Andreas Geyer die Zusammenarbeit von Feuerwehren und Polizei bewertet.

Von 
Klaus T. Mende
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Das von der Polizei gesicherte Tatfahrzeug in Tauberbischofsheim. © Sabine Holroyd

Tauber-Odenwald/Heilbronn. Andreas Geyer oblag die Einsatzleitung sämtlicher Blaulichtorganisationen – außer der Polizei – bei der Amokfahrt mit dem Bagger am Silvestertag. Der Kreisbrandmeister für den Bereich Main-Tauber lobt in seiner Bilanz das Zusammenspiel aller Kräfte explizit und spricht davon, dass sich „das Ganze zu 1000 Prozent bewährt hat“. Das angesprochene „Ganze“ ist nämlich vollkommen neu – und kam am Dienstag in Tauberbischofsheim und Grünsfeld erstmals zur Anwendung. „Hierbei handelt es sich um eine Neuerung in der Zusammenarbeit“, teilt Geyer im Gespräch mit dem FN-Reporter mit. „Das Polizeipräsidium Heilbronn hat mit den vier Landkreisen Heilbronn, Main-Tauber, Neckar-Odenwald und Hohenlohe sowie dem Stadtkreis Heilbronn eine Kooperationsvereinbarung getroffen, wie man in solchen lebensbedrohlichen Einsatzlagen (Lebel-Lagen) effektiv handelt.“ Dies erfolgt unter aktiver Einbeziehung des Führungs- und Lagezentrums (FLZ) in der Käthchenstadt sowie den Integrierten Leitstellen.

Bei Lebel-Lage übernimmt Kreisbrandmeister Einsatzleitung

Und wie stellt sich die Neuerung dar, die landesweit Premiere hatte? „In solch einer Lebel-Lage, wie es fachlich heißt, werden zunächst ganz gezielt bestimmte Einsatzkräfte durch die Integrierte Leitstelle informiert, wobei stets der Kreisbrandmeister, in dem Fall also ich, die Einsatzleitung für alle eingesetzten Personen übernimmt“, erklärt Andreas Geyer. „Gleichzeitig wird ein Vertreter der Berufsfeuerwehr Heilbronn als Verbindungsbeamter für den Kreisbrandmeister in das FLZ entsandt.“

Als bekannt gewesen sei, dass es diese Amokfahrt gibt, „wurde ich als Erster alarmiert, bin sofort in die Integrierte Leitstelle gefahren und habe die Einsatzleitung für alle Kräfte übernommen. Daraufhin wurde auch der Verbindungsmann ins FLZ geschickt. Er hat mich ständig auf den neusten Stand gebracht, was vonseiten der Polizei geplant ist, damit wir in der Lage waren, ständig abzugleichen“, gibt der Kreisbrandmeister einen Einblick.

Der THW-Ortsverband Igersheim war von Kreisbrandmeister Andreas Geyer zum Ausleuchten der Tatorte nachalarmiert worden. © Sabine Holroyd

Als die Lage dann als sicher eingestuft worden sei, sei er nach Tauberbischofsheim zur Einsatzstelle gefahren, ist weiter zu erfahren. Zu diesem Zeitpunkt sei auch die örtliche Freiwillige Feuerwehr alarmiert worden, um auslaufende Betriebsstoffe abzubinden. Zeitgleich sei auch die Freiwillige Feuerwehr Grünsfeld angefordert worden, um die beschädigten Einsatzfahrzeuge auf dem Firmenareal, von dem der Bagger entwendet worden war, für die Polizei zu sichern und zugleich zu erkunden, wie die Lage auf dem Betriebshof sei.

THW Igersheim zum Ausleuchten nachgefordert

„Nachdem ich in Tauberbischofsheim die Lage mit dem örtlichen Einsatzleiter der Polizei am Tatort, Gerald Olma, durchgesprochen hatte und der Tod des Amokfahrers festgestellt worden war, habe ich noch das THW Igersheim zum Ausleuchten der Einsatzstellen nachalarmiert. Ich habe mich dann nach Grünsfeld begeben, mir dort ein Bild von der Lage gemacht, die Einsatzkräfte zwecks weiterer Vorgehensweise eingewiesen und Rücksprache mit dem Umweltschutzamt gehalten, was noch zu tun ist. Als alles soweit gesichert war, habe ich die Einsatzstelle verlassen“, führt Andreas Geyer aus.

Fall in Bobstadt war Auslöser für Kooperationsvereinbarung

Auslöser für diese Kooperationsvereinbarung, welche die Abstimmung unter den Einsatzkräften weiter optimieren soll, sei der Fall des Reichsbürgers in Bobstadt gewesen. „Main-Tauber war jetzt jener Landkreis, der sie zum ersten Mal hat umsetzen dürfen. Die Zusammenarbeit zwischen Polizei, Feuerwehren, Rettungsdienst und sonstigen Kräften wurde durch diese Vorgehensweise durch mich als Gesamteinsatzleiter hervorragend bewältigt“, äußert sich Andreas Geyer weiter. Deswegen sei es umso wichtiger, dass alle Blaulichtorganisationen eng vernetzt seien und an einem Strang zögen.

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Das Konzept sei vom Polizeipräsidium Heilbronn initiiert worden, „wir sind momentan der einzige Präsidiumsbereich, der so vorgeht“, resümiert Andreas Geyer. Er sei gespannt, wie sich diese Neuerung entwickle. „Aber ich kann für unseren Bereich klar sagen, dass sich der vertrauensvolle und gute Kontakt zur Polizei auszahlt. Auch deswegen ist alles aus meiner Sicht so reibungslos verlaufen.“ In solch einer lebensbedrohlichen Einsatzlage sei es ohnehin wichtig, nicht blind irgendwelche Kräfte an die Einsatzstelle zu schicken, die sich selbst in Gefahr bringen. Vielmehr sollte dies alles sehr gut koordiniert sein.

„Wir können die Aussage von Kreisbrandmeister Andreas Geyer bestätigen. Es ist konzeptionell so, dass bei solchen Lagen ein Verantwortlicher der Heilbronner Feuerwehr in unser Lagezentrum kommt und die Koordination mit anderen beteiligten Blaulichtorganisationen im gesamten Präsidiumsbereich übernimmt. Eine sehr gute Sache – auch nach Meinung unseres Vizepräsidenten Markus Geistler“, sagt Frank Belz, Pressesprecher des Heilbronner Polizeipräsidiums.

Redaktion Mitglied der Main-Tauber-Kreis-Redaktion mit Schwerpunkt Igersheim und Assamstadt

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