Flüchtlingsproblematik

Darum sind die Merchinger gegen die Flüchtlingsunterkunft

Einstimmig lehnt der Ortschaftsrat das geplante Bauvorhaben des Landkreises ab. Dafür nennen die Räte diverse Gründe. Nun liegt der Ball beim Gemeinderat, der in seiner Sitzung am 14. Dezember votieren muss.

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Michael Fürst
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Im Ahornweg in Merchingen möchte das Landratsamt des Neckar-Odenwald-Kreises Wohncontainer für Flüchtlinge errichten. Der Ortschaftsrat des Ravensteiner Stadtteils sprach sich nun dagegen aus. © Michael Fürst

Merchingen. Das Thema Notunterkünfte für Geflüchtete im Neckar-Odenwald-Kreis hat seine nächste Kommune erreicht: Ravenstein. Genauer: den Stadtteil Merchingen. Nach dem „Vorgeplänkel“ der Informationsveranstaltung am 19. September wird es nun ernst, denn es ist Eile geboten. Aufgrund der hohen Flüchtlingszahlen soll die Container-Unterkunft im Ahornweg bereits im ersten Quartal 2024 gebaut werden und im zweiten bezugsfertig sein – so stellt es sich jedenfalls der Landkreis vor.

Klares Votum des Ortschaftsrates

Wenn es aber nach den Merchingern geht, dann sollen diese Container überhaupt nicht errichtet werden. Dies wurde aus dem Votum des Ortschaftsrates am Dienstagabend deutlich. Einstimmig sprach sich die Gruppe um Ortsvorsteherin Anne-Katrin Kämmer gegen eine Errichtung aus. Gut 30 Zuhörer im unteren Saal des Schlosses verdeutlichten, wie sehr den Merchingern dieses Thema auf den Nägeln brennt. Auch Bürgermeister Ralf Killian war zugegen und informierte ergänzend.

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„Zwischenzeitlich ist bei uns auch eine Liste eingegangen mit etwa 300 Unterschriften von Personen, die sich gegen diese Unterkunft aussprechen“, teilte Killian unter anderem mit. Er versprach, diese Unterschriften an die zuständige Stelle des Landratsamtes weiterzugeben. Der Bürgermeister freute sich zudem, dass die Diskussion unter den Räten sowie die Fragen und Anregungen der Einwohner „bei diesem brisanten Thema sehr sachlich“ vonstattenging.

Ortschaftsräte und Zuhörer einig

Die Sachlichkeit, so merkte man schnell, war natürlich auch der Tatsache geschuldet, dass sich im Grunde alle – Ortschaftsräte und Zuhörer – einig waren. In keinem Wortbeitrag sprach sich auch nur einer für die Unterbringung von bis zu 75 weiteren Flüchtlingen in Merchingen aus. Offensichtlich sind alle dagegen. Das zeigt auch die Unterschriftenaktion. Geplant ist, erst einmal 50 Menschen dort vorübergehend wohnen zu lassen. Bisher sind im gesamten Stadtgebiet Ravenstein etwa 50 Flüchtlinge, meist privat, untergebracht, 21 davon in Merchingen.

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Doch warum sind die Merchinger so strikt gegen das „Containerdorf“? „Die Sicherheit und das Wohl der Allgemeinheit“ sieht Rätin Michaela Stahl gefährdet. „Man kann so eine Unterkunft nicht direkt neben einem Jugendraum bauen“, sagte sie und gab zudem zu bedenken, dass sich die geplante Unterkunft ganz in der Nähe des Kindergartens und der Grundschule befände.

Kapazitäten von Kindergarten und Schule zu klein?

Tobias Vogt sagte: „Wenn uns Familien zugewiesen werden, sind die Kapazitäten im Kindergarten und in der Grundschule schnell erschöpft.“ Johannes-Georg Müller befürchtet, dass in Merchingen auch solche Flüchtlinge untergebracht würden, die woanders auffällig waren. „Hier sind sie weg vom Schuss.“ Für diese Aussage erhielt er Applaus von den Zuschauern. Aus deren Reihen war im Vorfeld der Vorschlag gekommen, die zugewiesenen Flüchtlinge auf alle Stadtteile zu verteilen. Bürgermeister Killian machte in seinen Ausführungen deutlich, dass das nicht so leicht sei, weil in Frage kommende Gebäude erst teuer renoviert werden müssten.

Weitere Argumente gegen die Containerunterkunft führte Ortsvorsteherin Anne-Katrin Kämmer zusammen: Es sei kein Arzt vor Ort, Busverbindungen von und nach Merchingen gebe es nur fünf (eine davon morgens für Schüler), Integrationsmöglichkeiten seien schlichtweg nicht vorhanden, dazu sei Merchingen zu klein. „Es geht hier im Grunde nur um schlafen, essen und wohnen.“

Gemeinderat muss entscheiden

Das Nein-Votum des Ortschaftsrates ist nun eine Empfehlung an den Gemeinderat, der am Donnerstag, 14. Dezember, um 18 Uhr im Oberwittstadter Gemeinschaftshaus tagt. Michaela Stahl appellierte an die anwesenden Gemeinderäte, in dieser Sitzung auch so zu entscheiden. „Dann gilt es für uns, diese Entscheidung gut zu begründen“, mahnte Ortvorsteherin Kämmer. Geschehe das nämlich nicht und sieht das Landratsamt die Begründungen als nicht zutreffend oder unzureichend an, könnte es sich auch über das Votum des Gemeinderats hinwegsetzen und die Unterkunft trotzdem bauen. „Versagtes Einvernehmen“ nennt sich das im Bürokratendeutsch. Geschehen ist das jüngst in Schefflenz.

Ressortleitung Reporterchef und Leiter der Sportredaktion

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