Zum Ausbildungsstart am 1. September

Main-Tauber-Kreis: Lehre und Karriere einfach „daheim“

Wenn aus riesigen Portionen ganz kleine werden müssen: Als „Partner der Nahrungsmittelindustrie“ konstruiert und fertigt „Karl Schnell“ in Creglingen Verarbeitungs-Maschinen. Auszubildende werden immer gesucht.

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Michael Weber-Schwarz
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Schweißen mit höchster Präzision: In der Nahrungsmittelindustrie liegen die Anforderungen ans Endprodukt extrem hoch. © Michael Weber-Schwarz

Creglingen. Ein langer Zaun am nördlichen Ortseingang von Creglingen, dahinter verschiedene Produktionsgebäude samt einem Neubau: Hier werden von rund 250 Mitarbeitern am Tauber-Standort riesige und tonnenschwere Maschinen für bis zu 200 Meter lange „Fertigungsstraßen“ hergestellt.

Personalleiter Dieter Reinhard versucht, die hochkomplexen Arbeiten für den Laien griffig zu beschreiben. Ein Metzger etwa nutzt einen Standkutter, um Fleischstücke zum feinen Ausgangsprodukt für Wurst zu verarbeiten und die Zutaten zu vermengen.

Im Prozess ähnlich, in den Dimensionen aber gigantisch, stellt „Karl Schnell“ Maschinenabfolgen her, die bis zu zwölf Tonnen Fleisch pro Stunde verarbeiten können. Und das in einem quasi endlosen Lauf. Wo also Großmengen im industriellen Kontext verarbeitet werden müssen – vom Tiefkühl-Ausgangsprodukt bis hin zur Verpackung – ist Karl Schell einer größten weltweit operierenden Anbieter.

Schmelzkäse, Wurstwaren, Tiernahrung, Teigwaren, Saucen: Große Tiefkühl-Blöcke an Rohzutaten müssen zunächst grob zerkleinert („gebrochen“) werden. Dann werden sie weiter zerkleinert und stets temperaturüberwacht fließfähig gemacht. Und dann – je nach Kundenwunsch – wird die jeweilige Masse zu einem Endprodukt „konfektioniert“.

Wo ein normaler Metzgerei-Kutter als Standgerät an die 150 Kilogramm wiegt und etwa 15 Kilo Fleisch auf einmal „verwursten“ kann, geht es auch beim Maschinengewicht bei Karl Schnell in die Tonnen. Doch auch bei großen Dimensionen muss am Ende das Produkt stimmen – und dafür sorgen in Creglingen (und im Stuttgart-nahen Winterbach/Rems-Murr-Kreis) handwerklich orientierte Experten in zahlreichen Gewerken.

Karl Schnell verfügt über eine bemerkenswert hohe Fertigungstiefe. Das bedeutet, dass im Grunde sämtliche Komponenten eines Fertigungssystems selbst hergestellt werden. Design, Konstruktion und Bau, Elektronik und Software, Lager und natürlich Verkauf sowie weltweite Auslieferung per Lkw, Bahn oder Schiff – all das findet in und ab Creglingen statt; im besten Sinne Hand in Hand unter einem Dach.

„Küchenmaschine“ ganz groß: In Creglingen werden sie gebaut. © Michael Weber-Schwarz

Und: Karl Schnell bildet auch seinen eigenen Nachwuchs aus – mit Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten etwa zum Techniker oder Meister. An die zwanzig Azubis sind es konzernweit. Die Auszubildenden müssen trotz Ausbildungsschwerpunkten und jeweiligen Berufsbildern auch die flankierenden Sparten des Unternehmens mit durchlaufen. „Damit jeder weiß, wofür er seinen Teil herstellt und liefert“, heißt es.

Seit mehr als 75 Jahren bietet Karl Schnell eine breite Produktpalette an. Aktuell liegen die Schwerpunkte wie beschrieben im Maschinen- und Anlagenbau für die industrielle Verarbeitung von Fleischwaren, Tiernahrung, Feinkost- und Schmelzkäseprodukten.

„Würden gerne mehr ausbilden“

„Unser Portfolio reicht von der individuellen Einzelanfertigung bis hin zu automatisierten Komplettlösungen. Dabei legen wir großen Wert auf das Zusammenspiel von Innovation, Qualität und Effizienz“, so Geschäftsführer Dr. Ernst-Otto Schnell in einer Mitteilung.

Die Arbeiten am nördlichen Neubau gehen in die finale Phase – die Inbetriebnahme ist für Anfang 2025 geplant. Nach der Fertigstellung soll die Halle die Produktionsabläufe bei der Blechfertigung optimieren. Modern, effizient und logistisch sinnvoll: Ein bis ins Kleinste durchdachter Produktionsablauf stellt die Grundlage für erfolgreiches Wirtschaften dar.

Wie kommt das familiengeführte Unternehmen an Nachwuchs? Heute muss man für junge Menschen attraktiv sein – und man streckt die Fühler hin zu weiblichen Azubis aus. Schweißen als pure Männersache: Das können gut ausgebildete Frauen genauso, ist man sich sicher.

„Wir würden gerne noch mehr ausbilden“, sagt Personaler Dieter Reinhard. Die Karriere „daheim“ an einem modernen Arbeitsplätze und in einem Unternehmen mit Innovationswillen – in Creglingen ist das möglich. Auch interessant für die Mitarbeiter: Es gibt keine Schichten, sondern eine geregelte Tagesarbeitszeit.

Schlosserei-Meister Fabian von Schenk erklärt: Alle Bauteile können von den Mitarbeitern am PC abgerufen werden. Gleich nebenan werden sie zusammengefügt. © Michael Weber-Schwarz

In einigen Fertigungsprozessen übernimmt nach der menschlichen Arbeitszeit der Roboter, stellt etwa Flansche her und packt die am Ende auch noch auf die Transportpalette. Dass die Roboter Arbeitsplätze stehlen, das befürchtet man in Creglingen nicht. Die Auslastung für jeden Einzelnen sei sehr gut – und zahlreiche Arbeiten am Groben wie im Detail erfordert einfach Handarbeit. Trotz vielfältiger Unterstützung durch Computer und CAD-Systeme bleibt Karl Schnell unterm Strich eine Manufaktur.

Am Anfang steht für einen Azubi ganz traditionell das Planen, Ausmessen, Feilen und Fräsen an der Werkbank auf dem Programm, hält Ausbildungsleiter Stephan Ernst fest. Zur Arbeit gehört aber auch immer wieder gemeinsame Freizeitgestaltung. So wächst das jeweils jüngste Team zusammen – und ein Tag im Hochseilgarten macht einfach Spaß. Das Unternehmen gibt seine Visitenkarte übrigens schon früh ab; etwa durch die Kooperation mit den Creglinger Schulen. Auch über Betriebspraktika können Interessierte sich einen Eindruck von „Karl Schnell“ verschaffen und schauen, ob es für ein interessantes Arbeitsverhältnis „matcht“.

Aktuelle Zahlen der Kammern

Info: 1382 neue Auszubildende starten am 1. September in den Handwerksbetrieben der Region Heilbronn-Franken in ihre berufliche Zukunft. Damit sei die Zahl der neuen Azubis im Handwerk im Vergleich zum Vorjahr weitgehend konstant geblieben, teilte die Handwerkskammer in Heilbronn auf Anfrage der FN-Redaktion mit.

Zum Stichtag 30. August wurden vier Ausbildungsverträge mehr abgeschlossen als vor einem Jahr, was einem Anstieg von 0,3 Prozent entspricht. Erfahrungsgemäß gehen bis zum Jahresende noch weitere Lehrverträge bei der Handwerkskammer ein.

„Es freut mich sehr, dass sich wieder so viele junge Leute für eine Ausbildung im Handwerk entschieden haben“, wird Ralf Schnörr, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Heilbronn-Franken in der Pressemitteilung zitiert. „Sie haben auf jeden Fall die richtige Wahl getroffen“, gibt er sich überzeugt. Bei den mehr als 130 Ausbildungsberufen im Handwerk sei für jeden das Passende dabei. „Die neuen Azubis können sich auf eine spannende und abwechslungsreiche Ausbildungszeit freuen.“ Und Sorgen um die berufliche Zukunft müssten sie sich auch keine machen. „Ohne das Handwerk geht es nicht. Handwerker werden immer gebraucht“, stellt Schnörr fest. „Neue Technologien wie etwa die Künstliche Intelligenz werden zwar auch die Handwerksberufe verändern, sie aber nie ersetzen.“

Das Handwerk werde zunehmend als unersetzlicher Wirtschaftsbereich wahrgenommen. Das helfe bei der Suche nach Auszubildenden. „Endlich ist auch in der Breite der Gesellschaft angekommen, dass das Handwerk tolle Karriereperspektiven und Verdienstaussichten bietet“, erklärt Präsident Ulrich Bopp. Wer einen Handwerksberuf lerne, habe danach viele Möglichkeiten, sich weiterzubilden. „Die Abschlüsse sind sogar mit akademischen Titeln gleichgesetzt: Der Meister ist einem Bachelor-Abschluss gleichgestellt, der Betriebswirt des Handwerks sogar dem Master.“

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Trotz des nun erfolgten Ausbildungsstarts sei der Einstieg ins Handwerk auch noch kurzfristig möglich. „Wer sich für eine Ausbildung im Handwerk interessiert, hat auch jetzt noch gute Chancen, eine Stelle zu finden“, so Bopp. „Ich kann daher alle, die noch keine Ausbildung gefunden haben nur ermutigen, einen Blick in unsere Lehrstellenbörse zu werfen. Dort sind aktuell noch mehr als 300 freie Lehrstellen aus verschiedenen Gewerken verzeichnet.“

Auch über die App „Lehrstellenradar“ können Interessierte nach Ausbildungsplätzen in der Region suchen. Bewerber, die selbst aktiv werden möchten, können auf der Webseite der Handwerkskammer auch Lehrstellengesuche mit dem eigenen Profil anlegen und so von Betrieben gefunden werden.

Auch die IHK gab den FN eine erste Einschätzung bezüglich des neuen Ausbildungsjahres ab. Aktuell vollständig belastbare Zahlen gebe es zwar noch nicht, denn in den Fachabteilungen würden die neu eingetragenen Ausbildungsverhältnisse derzeit noch erfasst und seien noch nicht einsehbar, so IHK-Pressesprecher Andreas Lukesch. Am 2. September werden die Zahlen veröffentlicht. Ähnlich wie beim Handwerk sind die Angaben mit einer gewissen Vorsicht zu genießen, denn neue Ausbildungsverhältnisse werden der IHK noch bis in den Oktober hinein gemeldet.

Es lasse sich aber sagen, dass es zum 1. September im Vergleich zum Vorjahr mehr eingetragene Ausbildungsverhältnisse gibt. Damit setze sich der Aufwärtstrend in der Region nach den schwachen Corona-Jahren fort. Zu den beliebtesten Ausbildungsberufen im Metall- und Elektrosegment gehöre nach wie vor der Mechatroniker.

Zu den Geschlechterverhältnissen in den Berufssparten: Auffällig ist, dass es in Summe und über alle Berufe hinweg fast doppelt so viele männliche wie weibliche Azubis gibt. „Nach unserer Einschätzung gehen offenbar Mädchen gezielter auf weiterführende Schulen oder schlagen andere Ausbildungswege ein“, so Lukesch. Demnach sei auch nicht feststellbar, ob es klassische „Jungs- oder Mädchenberufe“ gibt, da man generell immer mehr Jungen verbuche. Einzig in den „Klassischen kaufmännischen Berufen“ (Industriekaufleute, Kaufleute für Büromanagement und Hotelfachleute) gebe es mehr weibliche Azubis.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Bad Mergentheim

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