Prozess gegen mutmaßlichen Reichsbürger

Bobstadt: Tödliche Salven wie beim Häuserkampf

Spektakuläre Helmkamera-Videos geben Einblick in akute Gefährdungslage von Polizisten bei Bobstadt-Einsatz.

Von 
Michael Weber-Schwarz
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Vor dem Oberlandesgericht in Stuttgart-Stammheim wird der Fall „Ingo K.“ verhandelt. © Michael Weber-Schwarz

Bobstadt/Stammheim. Nur ihre schusssichere Ausrüstung und ein ballistischer Schild rettete Polizeibeamten bei der Schießerei in Bobstadt-Boxberg wohl das Leben – im Zuge des Prozesses um den mutmaßlichen Reichsbürger Ingo K. wurden jetzt vor dem Oberlandesgericht in Stuttgart-Stammheim Ausschnitte von Drohnenaufnahmen und von Helmkameras der Spezialeinsatzkräfte gezeigt. In den Videos ist die Attacke auf die Polizisten aus dem Haus-Inneren hautnah zu sehen.

Frühjahr 2022: Es sind nur wenige Momente nach dem Versuch der Polizei ins Gebäudeinnere zu gelangen: Unvermittelt eröffnet der mutmaßliche Täter mit einem Sturmgewehr das Feuer auf die Beamten. Ein Beamter hat mit einer „Flex“ die Terrassentür aufgeschnitten: Und dann hagelt es plötzlich durch die Jalousien hindurch eine Salve tödlicher Geschosse. Sie verfehlen den Polizisten, treffen aber seinen Kollegen mit dem Schild – unter anderem in den Genitalbereich.

Weil er einen schusssicheren Tiefschutz trug, erleidet der Mann nur ein schmerzhaftes Hämatom. Ein weiterer Poliziste wird an beiden Beinen schwer verletzt. Die Bilder der Helmkameras: Wie bei einem Häuserkampf im Krieg.

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Warum stürmte die Polizei nicht unerwartet in der Nacht das Domizil des mutmaßlichen Reichsbürgers? Weil sie von dem großen Waffenlager Ingo K.s gar nichts wusste. Das Spezialeinsatzkommando sollte nur eine Pistole einziehen, die K. trotz mehrerer amtlicher Aufforderungen nicht freiwillig zurückgegeben hatte.

Der Tauberbischofsheim Polizeichef Burkhard von der Groeben hatte in dem Fall übrigens den richtigen Riecher: Illegaler Waffenbesitz und eine zumindest wahrscheinliche Nähe von K. zur Reichsbürgerszene – da müssen speziell geschulte Beamte ran. Es ging damals nicht um eine Festnahme, hält von der Groeben vor Gericht fest, sondern nur um ein kurzfristiges Festsetzen des früheren Kampfsportlers – wegen der Pistole. Dass die Lage folgenreich eskaliert ist, konnte keiner der Ermittler ahnen. Auch Vorab-Checks der Örtlichkeit mit Drohenflügen hatten keine Erkenntnisse über ein größeres Waffenlager ergeben.

Über den Prozesstag am Montag wird die FN-Redaktion noch ausführlich berichten.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Bad Mergentheim

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