FN-Serie „FitNess“

Wie Instagram, Tiktok und Co. uns zum Kauf verleiten

Nahrungsergänzungsmittel zu sich zu nehmen, liegt gerade voll im Trend – zumindest suggerieren uns das die sozialen Medien. Auch Redakteurin Heike Barowski lässt sich, ohne Not, zum Kauf verleiten – wie ihr Erfahrungsbericht zeigt.

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Heike Barowski
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Nahrungsergänzungsmittel boomen – auch in meinem Küchenschrank. Von Vitamin A über Kollagen, Probiotika bis Zink habe ich alles griffbereit. Dazu kommen noch eine EMS-Platte, ein Total Crunch, eine Faszienrolle, ein Plankboard... © Barowski

Tauber-Odenwald. Es ist Freitagabend. Ich sitze auf der Couch. Doch das Fernsehprogramm langweilt mich. Automatisch greife ich zum Handy und surfe ein wenig im Internet: Ah – mein Lieblingsfriseurmeister Tom Hannemann hat einen neuen Tipp für meine strohigen Haare. Toll – muss ich haben. Ziemlich teuer, egal, meine Haare sind mir das Geld wert. Gekauft.

So „influencen“ uns Tiktok, Instagram und Youtube

Während ich mich so durch Tiktok, Instagram und Youtube klicke, entdecke ich den Beitrag von Jasper Carven. Zugegeben, es ist ein ziemlich langer Beitrag und normalerweise swipe (wische) ich nach nur wenigen Minuten weg. Aber der Mann macht auf mich einen sehr seriösen Eindruck. Er weiß scheinbar sehr genau, wovon er redet. Und vor allem: Er hat eine Lösung für meinen trägen Stoffwechsel. Was er sagt, klingt logisch.

Dann wird mir klar, dass der mir nicht nur sagen will, dass es hilft, heißes Zitronenwasser am Morgen zu trinken, der will was verkaufen. Weil jedes seiner Argumente nachvollziehbar klingt und man mir genau die Hilfe verspricht, die ich brauche, kaufe ich. Doch nein, nicht nur eine Dose von diesem Pulver, das die guten Darmbakterien befeuern soll, sondern gleich drei – sie waren schließlich im Angebot.

Vitamine und mehr

Nahrungsergänzungsmittel (Supplements) sind Tabletten, Kapseln, Pulver oder Ampullen, die bestimmte Nährstoffe in konzentrierter Form enthalten. Zu den Nährstoffkonzentraten zählen Vitamine, und Vorstufen (Provitamine),vitaminähnliche Substanzen, Mineralstoffe, Spurenelemente, Eiweißbestandteile, Kohlenhydrate und sonstige Inhaltsstoffe wie Bierhefe, Algen und probiotische Kulturen.

Eine ausgewogene Ernährung macht die Einnahme von Supplements überflüssig. Allerdings ist nach einer langen Wintersaison eine geringe Einnahme von Vitamin D sinnvoll, da der Körper es nicht selbst bilden kann. Auch eine Einnahme von Omega 3-Fettsäuren macht Sinn, weil durch die moderne Ernährung die Balance zwischen Omega 3- und Omega 6-Fettsäuren aus dem Gleichgewicht geraten ist.

Grundsätzlich sollte vor einer regelmäßigen Einnahme eine Blutanalyse stehen.

Eine Überdosierung birgt vor allem bei fettlöslichen Vitaminen A, D, E, K gesundheitliche Gefahren. hei

Nahrungsergänzungsmittel im Einkaufskorb

Einen Tag später beim Wochenend-Einkauf: In meiner Lieblingsdrogerie, deren Besuch für mich immer etwas Belohnendes hat, landen nicht nur Eyeliner und Lippenstift in meinem Einkaufskorb. Je älter ich werde, desto öfter und länger halte ich mich in den hinteren Regalgängen auf – dort wo Gesundheit und Schönheit in Form von Pulvern und Tabletten auf mich warten. Natürlich greife ich zu. Ich brauche Selen – das Anti-Aging-Elixir schlechthin. Im Korb landen außerdem noch Biotin und Melatonin. Letzteres ist für meinen Mann, der behauptet, er schlafe schlecht, obwohl er meist schon bewusstlos ist, noch bevor er das zweite Bein im Bett hat. Meinen enormen Magnesiumvorrat muss ich noch nicht auffüllen. Die Brausetabletten mit Zink und Magnesium stehen schon gar nicht mehr auf dem Einkaufszettel. Die nehme ich nämlich immer mit.

Ein paar Tage später zuhause: Das ersehnte Paket von Jasper Caren kommt. Typischer Kommentar meines Mannes: „Was hast du denn da schon wieder gekauft?“ Typische Antwort meinerseits: „Das brauche ich unbedingt!“ Die Dosen werden ausgepackt und fein säuberlich in einem Fach im Küchenschrank verstaut. Zugegeben, das Fach quillt schier über. Aber was soll’s. Ich brauche das ja – alles.

Experteninterview

Experte klärt auf: Wieso Social Media-Werbung zum Kauf verleitet

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Heike Barowski
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Swipen, Klicken, Kaufen: Social Media verleitet zum Kauf

Zwei Abende später sitze ich wieder auf der Couch und – einem Déjà-vu gleich – ich swipe, klicke und kaufe. Dieses Mal sind es ein Beutel Gerstengras und Glucomannan (Ballaststoff) zum Abnehmen.

Wieder ein paar Tage später bekomme ich eine nette Nachricht. Jasper Carven hat etwas Neues gepostet. Ich kann mich nicht zurückhalten. Also landen auch noch drei große Dosen „Hollywood-Glow“, die voller Vitamine und Mineralien stecken, in meinem Küchenschrank.

Während der Vorbereitung auf diesen Artikel stelle ich mir ernsthaft die Frage, ob ich vielleicht einen Tick entwickelt habe. Würde ich nämlich all diese Supplements (Ergänzungsmittel), die ich gekauft habe, zu mir nehmen, bräuchte ich kein Frühstück und kein Mittagbrot mehr.

Im Gespräch mit meinen Kolleginnen in der Redaktion wird jedoch schnell klar: Ich bin nicht allein! Auch andere kaufen gern Mittel jeglicher Art, um ihrem Körper hilfreich unter die Arme zu greifen.

Doch ich müsste es eigentlich besser wissen, denn ich bin diplomierte Lebensmitteltechnologin und weiß rein theoretisch wirklich sehr genau, dass ich die wenigsten Nahrungsergänzungsmittel wirklich brauche.

Schließlich bin ich weder krank, noch schwanger, noch Veganerin. Doch warum lasse ich mich immer wieder verleiten? Ist es nur die große Hoffnung, nach Einnahme der Supplements ewig gesund und attraktiv sein zu können? Oder sind diese Beiträge so gut gemacht, dass ich gar nicht anders kann? Ich weiß es wirklich nicht. Deshalb habe ich mich mit einem Experten unterhalten, der weiß, warum wir uns so gerne "influencen" lassen - und wie wir uns vor unseriösen Angeboten und unnötigen Käufen schützen können. Das Interview lest ihr hier.

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Fränkische Nachrichten

AOK Heilbronn-Franken

Sportgeräte, Beautyartikel - braucht man das wirklich alles?

Besser unerwähnt bleiben in diesem Artikel meine zahlreichen Käufe im Beauty-Bereich.

Die Phase mit dem Kauf von Sportgeräten, weil irgendein Influencer damit extrem abgenommen hat, habe ich inzwischen hinter mir – Gottseidank. Tatsächlich nutze ich von all den Geräten hin und wieder nur den „Total Crunch“ und das teure „Plankboard“. Der Rest ist im Keller gut verstau(b)t.

Meine neueste Errungenschaft: Ein Abonnement einer Fitness-App. Auf die bin ich bei der Suche nach einem passenden Faschingskostüm gestoßen. Mit dem blöden Algorithmus, der genau weiß, wofür ich mich interessiere, hat mich dieses Mal Pinterest gekriegt.

Drei Abende liege ich im Wohnzimmer auf dem Boden und lasse unter anderem meine Füße an der Wand hochkrabbeln. Am vierten Abend beschließe ich, anstatt mich zu quälen, lieber mit meinen „Badmintonweibern“ ein Glas Wein zu trinken. Für „Wandpilates“ ist schließlich am nächsten Abend auch noch Zeit. Doch der nächste Abend findet erst zwei Wochen später statt. Und dafür dann jeden Monat löhnen? Ich werde hoffentlich problemlos jetzt das Abo kündigen können.

Aktuell mache ich es nun meinen beiden Chefs nach und gehe lieber morgens joggen. Neue Laufschuhe hatte ich schon. Doch dieses Mal nicht durch einen Tiktok-Tipp, sondern auf ganz altmodische Art mit Beratung im Sportgeschäft gekauft – hat eh mehr Befriedigung verschafft.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Wertheim

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