Experteninterview

Experte klärt auf: Wieso Social Media-Werbung zum Kauf verleitet

Marco Kraus, Leiter der Mediavermarktung, ist seit November 2023 bei den FN beschäftigt. Der Fachmann weiß genau, wie Werbung funktioniert und warum Menschen auf Angebote reagieren, die über soziale Medien verbreitet werden.

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Heike Barowski
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Experte Marco Kraus klärt über Werbung auf und zeigt, wieso Angebote über Soziale Medien so stark zum Kauf verleiten. © Fabio Steinbach

Tauber-Odenwald. Wieso sprechen mich – als aufgeklärter Mensch – Beiträge auf Instagram oder TikTok an, und ich kaufe ganz ohne Not?

Kraus: Die meisten Content-Ersteller kennen ihr Handwerk genau und verfügen über ein tiefes Verständnis für ihre Zielgruppe. Oftmals agieren selbst kleinere Influencer mit einem umfangreichen Team im Hintergrund, deren Aufgaben weit über reines Management hinausgehen. Diese Teams führen detaillierte Analysen über ihre Zielgruppe durch, um deren Bedürfnisse und Probleme zu verstehen.

Die Produktion eines einzelnen Beitrags oder Reels kann Stunden dauern. Die Inhalte werden geschickt so gestaltet, dass sie authentisch wirken, häufig basierend auf vermeintlichen oder echten persönlichen Erfahrungen der Influencer. Produkte wie Cremes oder Nahrungsergänzungsmittel werden oft von Unternehmen unterstützt, die den Influencern großzügige Honorare zukommen lassen. Diese Praxis erstreckt sich über verschiedenste Bereiche, von Schönheit und Fitness bis hin zum Angeln. Indem die Influencer bestimmte Eigenschaften oder Inhaltsstoffe und deren Wirkung aufzählen, erwecken sie den Eindruck von Glaubwürdigkeit. Das trägt dann dazu bei, dass ihre Botschaften von den Nutzern akzeptiert und verinnerlicht werden.

FN-Serie „FitNess“

Wie Instagram, Tiktok und Co. uns zum Kauf verleiten

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Warum glauben wir ihnen?

Kraus: Die überzeugende Präsentation der Inhalte ist entscheidend, weil die Influencer genau wissen, wie sie ihre Zielgruppe ansprechen müssen. Im Gegensatz zur Werbung im Fernsehen werden auf Plattformen wie TikTok kleine Geschichten produziert, die die Zuschauer emotional ansprechen. Darüber hinaus regt das Call-to-Action dazu an, das Kaufverhalten zu beeinflussen. Oftmals wird dazu aufgefordert, einen Link zu klicken, um einen Rabatt zu erhalten. Der gewährte Rabatt kann dann dazu führen, dass der Preis des Produkts in diesem Moment wenig Beachtung findet. Rabatte haben sich seit Jahrzehnten als wirksames Instrument in der Werbung erwiesen.

Woran kann ich als Laie erkennen, dass es sich um einen seriösen Beitrag handelt und nicht um bezahlte Werbung?

Kraus: Wenn jemand mehr als zehn Minuten über ein Thema spricht und Quellen angibt, deutet das darauf hin, dass er sich wirklich intensiv damit auseinandergesetzt hat. Vor einem Kauf ist es immer ratsam, sowohl den Influencer als auch das beworbene Unternehmen auf Seriosität zu prüfen. Rechtschreibfehler im Begleittext eines Beitrags können bereits Zweifel an der Glaubwürdigkeit wecken. Beim Klicken auf den bereitgestellten Link gelangt man üblicherweise zur Website des Unternehmens. Hierbei ist es wichtig, das Impressum zu überprüfen, um festzustellen, ob das Unternehmen im Handelsregister registriert ist und ob Kontaktdaten, wie eine E-Mail-Adresse und Telefonnummer angegeben sind. Zusätzlich kann eine Suche nach Erfahrungsberichten über das Unternehmen hilfreich sein.

Sind Frauen für die neue Art des Verkaufens anfälliger als Männer?

Kraus: Die Anfälligkeit variiert je nach Thema. In den Bereichen Beauty und Ernährung sind Frauen oft stärker beeinflussbar. Auch meine Frau hat beispielsweise aufgrund eines Trends einen teuren Saft gekauft und speziellen Frühstücksbrei bestellt. Aber – und das ist ein weiterer Faktor – sie fühlt sich nach der Einnahme wohler. Bei Männern dagegen stehen eher neue Videospiele oder Sportzubehör im Fokus.

Sind Sie selbst auch schon mal schwach geworden?

Kraus (lacht): Ja klar, auf eine Rabattaktion. Aber: Als jemand, der in dieser Branche tätig ist, ist man natürlich besonders sensibilisiert für die Mechanismen und Taktiken.

Wie kann ich mich vor unnötigen Käufen schützen?

Kraus: Es ist wichtig, sich nicht selbst zu täuschen, indem man behauptet, die AGB vor einem Kauf gelesen zu haben. Es sollte zumindest eine kurze Überprüfung erfolgen, da sonst ungewollte Abonnements oder Kostenfallen drohen könnten. Außerdem ist es durchaus ratsam, sein eigenes Verhalten am Handy einmal zu analysieren: Schaut man nur zur Unterhaltung Beiträge an oder sucht man aktiv nach Lösungen für Probleme? Bevor man auf den Kaufen-Button klickt, sollte man sich immer die Fragen stellen, ob das Produkt wirklich nützlich ist und ob man es tatsächlich benötigt. Und als letzter Schritt hilft auch mal die Begrenzung der Bildschirmzeit.

Werden auf lange Sicht diese neuen Verkaufsstrategien über die sozialen Medien Anzeigen in der Zeitung oder in Magazinen ablösen?

Kraus: Es ist unbestreitbar, dass Plattformen wie Facebook, Instagram und Co den Großteil der Umsätze generieren. Deshalb setzen auch wir auf diese Plattformen, sowohl für redaktionelle und werbliche Zwecke. Durch eine Kombination dieser Kanäle und den Printausgaben erreichen wir sehr viele Ziel- und Altersgruppen. Wir setzen auf Vielfalt und nutzen alle verfügbaren Formate, einschließlich LinkedIn, um die Botschaften effektiv zu kommunizieren.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Wertheim

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