Schutzschirmverfahren

Wertheim: Bürgerentscheid wegen Rotkreuzklinik?

Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez will, dass – im Fall der Fälle – die Wertheimer darüber entscheiden, ob die Rotkreuzklinik wieder von der Stadt betrieben wird.

Von 
Gerd Weimer
Lesedauer: 
Die Rotkreuzklinik in Wertheim. © Gerd Weimer

Wertheim. Was die Zukunft der Wertheimer Rotkreuzklinik angeht, hat Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez am Montagabend bei der Gemeinderatssitzung einen Bürgerentscheid ins Spiel gebracht. „Eine Rückkehr des Krankenhauses in städtische Trägerschaft“ sei nur denkbar, wenn der Gemeinderat einen Bürgerentscheid auf den Weg bringt, der das notwendige Quorum erreicht und dem die Wähler zustimmen, so Herrera Torrez im Rahmen der Vorstellung des Haushaltsentwurfs für 2024. Es handele sich dabei um eine „Überlegung für den Fall, dass keine andere Lösung gefunden wird“.

Die Suche nach einem neuen Betreiber für die Klinik, die sich derzeit in einem Schutzschirmverfahren befindet, ist bisher nicht von Erfolg gekrönt. Dass das Krankenhaus wieder unter der Regie der DRK-Schwesternschaft München weitergeführt wird, ist ausgeschlossen (wir berichteten). Anwalt Mark Boddenberg, der im Schutzschirmverfahren die Regie führt, hat dies längst klargestellt. Gerne hätte er die Stadt Wertheim im Boot.

Millionenminus der Wertheimer Klinik auch in Zukunft

Doch im Rathaus ist man skeptisch. Es fehlen schlicht die finanziellen Mittel, wie OB Markus Herrera Torrez bei verschiedenen Gelegenheiten feststellte. Selbst nach einer Sanierung würde in den Büchern der Klinik ein Millionenloch klaffen: zwischen zwei und drei Millionen Euro jährlich, heißt es. Ob die von Bund und Ländern forcierte Krankenhausreform – wie erhofft – binnen drei Jahren Früchte trägt, und die Klinik aus dem Millionen-Minus herauskommt, steht längst nicht fest.

Zudem fehlt es der Stadtverwaltung an eigener Kompetenz in Sachen Gesundheitswesen. Es würde nicht genügen, ein neues Management für das Krankenhaus anzuheuern. Man bräuchte auch Kompetenzen im Rathaus, um strategische Ziele auszugeben und deren Erreichung zu überwachen.

Mehr zum Thema

Medizinische Versorgung

Krankenhaus Wertheim: Das Ende des Boykotts?

Veröffentlicht
Von
Katharina Buchholz
Mehr erfahren
Gesundheitspolitik

„Wir lassen niemanden im Regen stehen“

Veröffentlicht
Von
kabu/spd
Mehr erfahren
Gesundheitswesen

Wertheim kämpft für Erhalt der Klinik

Veröffentlicht
Von
Gerd Weimer
Mehr erfahren

Herrera Torrez sagte am Montagabend, es sei ein „Fehler“ gewesen, die Trägerschaft des städtischen Krankenhauses an die Rot-Kreuz-Schwestern abzugeben, legte aber Wert darauf, dass dies „kein Vorwurf“ sei, sondern „eine Erkenntnis von heute mit dem Wissen von heute“. Den Münchner Rotkreuzschwestern fehle das Fachwissen für die „Führung und Entwicklung eines Krankenhauses im 21. Jahrhundert“ sowie an „Fingerspitzengefühl gegenüber leitenden Mitarbeitern und Ärzten“. Die Belegschaft habe ohne die „notwendige Wertschätzung“ auskommen müssen. „Gespür für Kommunikation und Vermittlung von Vertrauen zu Patienten“ seien ebenso nicht vorhanden gewesen. „Mit dem Wissen von heute wäre es besser gewesen, das Krankenhaus in eine gemeinsame und stabile Trägerschaft mit dem Landkreis und der Gesundheitsholding Tauberfranken zu überführen“, so Herrera Torrez.

Finanzielle Risiken für die Stadt Wertheim

Um die Zukunft des Hauses sicherzustellen, brauche es Menschen, die sich dort behandeln lassen und Ärzte, die Patienten dorthin schicken. Da es an beidem momentan mangele, sei klar, dass ohne ein Bekenntnis der Bürger zu der Klinik eine „umfassende Trägerschaft der Stadt Wertheim nicht denkbar“ wäre. Die Wertheimer müssten bereit sein, „die Risiken und finanziellen Auswirkungen“ einer städtischen Trägerschaft mitzutragen. Bei einer Beteiligung an der Klinik müssten „dauerhaft Einnahmen und Steuergelder aus dem städtischen Haushalt in das Krankenhaus fließen“.

Dies funktioniere nur über Mehreinnahmen zum Beispiel bei der Gewerbesteuer und Kürzungen von Leistungen. Andererseits schaffe man einen „großen Wert“: die Krankenhausversorgung für bis zu 50 000 Patienten in Wertheim und Umgebung. Man stehe deshalb vor einer „Entscheidung zwischen Herz und Verstand“, die Risiken und Möglichkeiten in sich berge und das Bekenntnis der Bürger zu dem Krankenhaus voraussetze. Deshalb sei ein Bürgerentscheid erforderlich.

Wertheims Kräfte „nicht unendlich“

Zunächst seien die Schwesternschaft und Mark Boddenberg am Zug. Sie müssten eine tragfähige Lösung für den künftigen Betrieb finden. Die Stadt werde sich nicht ihrer Verantwortung entziehen. Man wolle einen Runden Tisch initiieren, um die notwendigen Kontakte herzustellen und Gespräche zu ermöglichen. Die Kräfte der Großen Kreisstadt seien aber „nicht unendlich“.

„Eine Rückkehr des Krankenhauses in städtische Trägerschaft“ sei nur denkbar, wenn der Gemeinderat einen Bürgerentscheid auf den Weg bringt, der das notwendige Quorum erreicht und dem die Wähler zustimmen, so Herrera Torrez. Es handele sich dabei um eine „Überlegung für den Fall, dass keine andere Lösung gefunden wird“.

Rotkreuzklinik Wertheim im Schutzschirmverfahren

Die Wertheimer Rotkreuzklinik befindet sich seit Anfang September in einem sogenannten Schutzschirmverfahren. Binnen drei Monaten muss der Generalhandlungsbevollmächtigte Mark Boddenberg ein tragfähiges Konzept entwickeln. Ansonsten droht das dauerhafte Aus. Offenbar ist es bisher nicht gelungen, einen anderen Träger für die Klinik zu finden und Boddenberg brachte zuletzt die Stadt Wertheim als Träger ins Spiel. Weil auch in den nächsten Jahren Defizite in Millionenhöhe zu erwarten sind, kann man sich in der Stadtverwaltung damit allerdings offenbar wenig anfreunden – zumal auch nicht sicher ist, dass die kommende Krankenhausreform zeitig Entlastung schafft.

Redaktion Reporter Wertheim

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten