Die Kommunalpolitik will für den Erhalt der Rotkreuzklinik kämpfen. Bei einer CDU-Veranstaltung wurde klar, dass es kein einfacher Weg wird.
Wertheim. Ganz Wertheim bangt um die Existenz der Rotkreuzklinik. Die Hiobsbotschaft über das Insolvenzverfahren Anfang September machte klar, dass die Bürger Main-Tauber-Stadt und der Umgebung die Krise der deutschen Krankenhäuser deutlich zu spüren bekommen. Die Kommunalpolitik wurde von der Entwicklung überrascht, obwohl das Krankenhaus seit Jahren tiefrote Zahlen schreibt. Jetzt greifen die Parteien das Thema auf. Wie der CDU-Stadtverband, der am Dienstagabend im „Zorbas“ eine Forumsveranstaltung anbot, bei dem das ursprüngliche Thema, das soziale Pflichtjahr (siehe weiteren Bericht), beinahe zur Nebensache geriet.
Der CDU-Stadtverbandsvorsitzende Jochen Wältz machte klar, dass die Bemühungen für den Erhalt der Klinik eine überparteiliche Angelegenheit seien. Bei der Veranstaltung waren mit Brigitte Kohout (SPD), Thomas Wettengel (Bürgerliste) und Richard Diehm (Grüne) Vertreter anderer Fraktion unter den etwa 50 Anwesenden. Auch Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez war gekommen.
Kaum Einfluss
Wältz, als Steuerberater von Berufs wegen mit dem Thema vertraut, erklärte, die Krankenhäuser könnten im deutschen Gesundheitssystem grundsätzlich kaum ihre Einnahmen und Ausgaben selbst beeinflussen. Auf der Kostenseite hätten sie beispielsweise mit den Tariferhöhungen für die Angestellten zu kämpfen, während die Erlöse nicht entsprechend steigen. „Die Mehrheit der Häuser schreibt rote Zahlen“, so Jochen Wältz zu den finanziellen Folgen.
Bundesregierung und Länder wollen mit einem Gesetz die Kliniken in Leistungsgruppen einteilen. Die ordnen die einzelnen Häuser diesen Kategorien zu. Für die Abteilungen wie beispielsweise Innere Medizin oder Chirurgie werden demnach Anforderungen wie Bettenanzahl und Ausstattung definiert.
„Der große Unterschied bei der Finanzierung“ bestehe darin, dass sie nicht von der tatsächlichen Belegung über Fallpauschalen bestimmt wird, sondern über ein Mischsystem aus Vorhalte- und Fallpauschalen. „Der richtige Weg“, so Wältz. Denn dadurch werde der Druck von den Häusern genommen.
Weil dies aber erst in zwei bis drei Jahren volle Wirkungen entfalte, sei dieser Weg für die Wertheimer Rotkreuzklinik „nicht einfach“. Wenn Anfang Dezember nach Ablauf des Schutzschirmverfahrens das Konzept für die Klinik vorliegt, müsse sich die Kommunalpolitik stärker mit dem Thema befassen.
Axel Wältz, Fraktionsvorsitzender der CDU-Gemeinderatsfraktion, bedauerte, dass das Schutzschirmverfahren „zur ungünstigsten Zeit“ begonnen habe, weil unklar sei, wann die Krankenhausreform wirkt. „Als Kommunalpolitiker kann ich mir Wertheim ohne ein Krankenhaus nicht vorstellen“, sagte er. Man müsse alles versuchen, um es zu erhalten. Es sei wichtig für den Wirtschaftsstandort und besonders für die Mitarbeiter, die dem Haus „auch in schwersten Zeiten die Treue gehalten haben“.
Auf jeden Fall werde es ohne Trägerwechsel nicht funktionieren. Es sei wahrscheinlich ein Modell mit kommunaler Beteiligung notwendig. Sowohl auf Stadt- als auch auf Kreisebene müsse eine „fraktionsübergreifende Lösung“ gefunden werden. Brigitte Kohout pflichtete bei und sagte: „Es wäre Wahnsinn, wenn das tolle Haus geschlossen werden müsste.“
Auf starke Partner angewiesen
Die CDU-Bundestagsabgeordnete Nina Warken sagte, es sei wichtig, für die Häuser im ländlichen Bereich mit einem Vorschaltgesetz finanzielle Mittel bereitzustellen, damit sie die Zeit überbrücken können. Das verschaffe den Kliniken Zeit, sich neu aufzustellen. Gebe es diese Gelder nicht, laufe es für viele Häuser auf eine „kalte Sanierung“ hinaus.
„Wir brauchen dieses Krankenhaus, weil rund 50 000 Menschen durch die Klinik versorgt werden“, sagte OB Markus Herrera Torrez. Wenn es wegfiele, müssten diese Leute mehr als 30 Minuten in das nächste Haus zurücklegen. Von der Stadtgesellschaft müsse nun ein klares Signal ausgehen, dass es erhalten bleibt. Er räumte aber ein: „Die Stadt Wertheim kann dieses Problem nicht alleine lösen.“ Sie sei auf Lösungsvorschläge von Fachleuten angewiesen, und dann könne man Verbindungen herstellen, um eine mögliche Lösung herbeizuführen. Es würden starke Partner benötigt.
Helga Hiller fragte in der anschließenden Diskussion, ob die Ärzte der Klinik in der gegenwärtigen Situation überhaupt zum Bleiben bereit seien. Der „privat anwesende“ Gynäkologe Holger Erdniss, seit über 30 Jahren in der Klinik tätig, sagte, dass dies stark vom medizinischen Konzept abhänge, das momentan erarbeitet wird.
Im Grunde stelle sich die Frage, welche Leistungen angeboten werden können, weil dafür eine lokale Nachfrage besteht. Wenn das Angebot eines Kollegen nicht gewünscht sei, dann würde er wahrscheinlich schlussfolgern, dass er nicht erwünscht sei. Derzeit gebe es aber im ärztlichen Bereich keine Abwanderungstendenzen.
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