Wertheim. Die Wertheimer Rotkreuzklinik steckt in massiven Schwierigkeiten. „Für die Rotkreuzklinikum München gGmbH mit beiden Betriebsstätten und die Rotkreuzklinik Wertheim gGmbH wurde vor dem Amtsgericht München am heutigen Tage die Eröffnung eines Schutzschirmverfahrens eingeleitet“, teilte die Schwesternschaft München in einer Presseerklärung am Donnerstag mit.
Die Anträge umfassen demnach auch das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) Alte Grafschaft in Kreuzwertheim sowie das MVZ am Rotkreuzplatz in München. Die Schwesternschaft München vom BRK und die Rotkreuzklinik Würzburg seien von den Verfahren nicht betroffen.
Bei einem Schutzschirmverfahren verliert die Unternehmensspitze nicht die Kontrolle über ihren Betrieb. Sie steht allerdings unter der Aufsicht von Insolvenzgericht sowie Sachwalter und ist für drei Monate vor dem Zugriff der Gläubiger geschützt. Spätestens nach dieser Frist muss das Unternehmen einen Sanierungsplan vorlegen.
Teil eines umfassenden Sanierungsplans
Die Einleitung der Verfahren sei Teil eines „umfassenden Sanierungsplans zur Sicherung der finanziellen Stabilität der Einrichtungen unter dem Dach der Schwesternschaft München“. Alexandra Zottmann, Geschäftsführerin der Klinikgesellschaften in München und Wertheim, erklärt demnach den Kurs der Sanierung folgendermaßen: „Mit vereinten Kräften werden wir alles daransetzen, die optimale Lösung für unsere Versorgungseinrichtungen zu finden.“ Zielsetzung sei eine nachhaltige Sicherung der Standorte zu gewährleisten, „um unsere gemeinnützige Aufgabe im Sinne einer optimalen Versorgung erfolgreich fortzuführen“. Hierbei würden die Möglichkeiten, die der Sanierungsprozess biete, bestmöglich genutzt“.
Auslöser für die wirtschaftlich angespannte Situation des Rotkreuzklinikums München und der Rotkreuzklinik Wertheim und die jeweils zugehörigen MVZ seien insbesondere „äußere gesundheitspolitische Gegebenheiten“. „Die betroffenen Einrichtungen sind durch die nicht auskömmliche Krankenhausfinanzierung bei hohen Inflationskosten und tarifbedingten Kostensteigerungen in eine finanzielle Schieflage geraten“, heißt es. Edith Dürr, Generaloberin der Schwesternschaft München sagt demnach dazu: „Gründliche Untersuchungen und ausführliche Abstimmungen haben uns zu dieser Entscheidung bewogen, sie ist uns wahrlich nicht leichtgefallen. Wir bündeln jetzt unsere Kräfte als Trägerschaft, indem wir auf eine interdisziplinäre und standortübergreifende Zusammenarbeit aller Einrichtungen setzen.“
Ziel sei es, „unsere Werte und Leitlinien als Schwesternschaft auch in herausfordernden Zeiten aufrechtzuerhalten“. Jetzt gelte es, die Mitglieder und Mitarbeiter noch mehr miteinzubeziehen und dabei „unserer Verpflichtung gegenüber den uns anvertrauten Patienten und der regionalen Versorgung gerecht zu werden.“
Die Rotkreuzkliniken München und Wertheim und die jeweils zugehörigen MVZ würden die Sanierungsverfahren als Chance nutzen, ihre Einrichtungen zukunftsfähig zu machen und auf die anstehenden Rahmenbedingungen der Krankenhausplanung des Bundes vorzubereiten. Im Rahmen eines Versorgungskonzepts solle so für die Häuser eine maßgeschneiderte Versorgungsstrategie entstehen, die den individuellen Anforderungen der verschiedenen Regionen an den Standorten gerecht werde. Dabei sollen die wirtschaftlich tragfähigen Komponenten der Einrichtungen langfristig stabilisiert werden.
Oberbürgermeister Herrera Torrez bricht Dienstreise ab
Wertheims Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez wurde von der Nachricht auf einer dienstlichen Reise mit einer Delegation des Kreistags auf dem Weg in den Partnerlandkreis Bautzen überrascht, an der auch Birgit Väth, die Betriebsratsvorsitzenden des Krankenhauses, teilnahm. „Wir haben entschieden, die Fahrt abzubrechen und gemeinsam nach Wertheim zurückzukehren“, so der OB.
„Die Nachricht hat Verwaltung und Gemeinderat überrascht, die jetzt eingetretene Entwicklung wurde uns im Vorfeld nicht angekündigt oder angedeutet“, beklagt das Stadtoberhaupt. „Natürlich löst sie Besorgnis um die Zukunft des Krankenhauses in Wertheim aus. Ich fühle auch mit den rund 400 Beschäftigten der Klinik, für die nun womöglich eine Phase der Verunsicherung beginnt“, wird er in einer Pressemitteilung der Stadt zitiert.
Die Stadtverwaltung werde die überraschend eingetretene Situation, über die er den Gemeinderat sofort informiert habe, zunächst einordnen und bewerten. „In welche Richtung sich die Rotkreuzklinik entwickeln wird, ist für uns derzeit nicht erkennbar“, so Herrera Torrez. Er werde „sehr schnell das direkte Gespräch mit den Verantwortlichen des Krankenhausträgers suchen“, sagte der OB.
Betriebsratsvorsitzende Birgit Väth: "Ruhe bewahren"
Die Betriebsratsvorsitzende Birgit Väth sagte auf Anfrage, sie sei nach Erhalt der Nachricht „aus allen Wolken gefallen“. Die Beschäftigten sollten zunächst Ruhe bewahren. „Das Allerschlimmste, was jetzt passieren kann“ sei, dass sich die Mitarbeiter wegen der herrschenden Unsicherheit dazu entscheiden, die Klinik zu verlassen, obwohl dies gar nicht notwendig sei.
Leider müsse die Belegschaft die „große Unsicherheit“ nun aushalten, weil man nicht wisse, wie das Schutzschirmverfahren letztlich ausgehe. Ziel sei der Fortbestand der Klinik. Jetzt werde zum Beispiel das medizinische Konzept auf den Prüfstand gestellt, und vor allem, „wie man die Klinik weiterbetreiben kann, ohne diese hohen Defizite zu erwirtschaften“.
Birgit Väth ergänzte: „Es geht nicht nur um unsere Arbeitsplätze.“ Vielmehr stehe die Infrastruktur der Gesundheitsvorsorge in Wertheim auf dem Spiel.
Auch Landrat Christoph Schauder wurde von der Mitteilung der Schwesternschaft München überrascht und nahm diese „mit Bedauern zur Kenntnis“. Er hofft, dass die anstehende Restrukturierung gelingen wird und die Rotkreuzklinik mit einem angepassten Versorgungskonzept für die Zukunft dauerhaft gut aufgestellt wird.
Wie er weiter auf FN-Anfrage mitteilte, wünsche er sich das „im Sinne der Mitarbeitenden, der vielen zufriedenen Patientinnen und Patienten wie auch der langen Tradition der Großen Kreisstadt Wertheim als Krankenhausstandort. Dabei ist zu betonen, dass der Krankenhausbetrieb zunächst weiterläuft, so dass sich zum jetzigen Zeitpunkt Spekulationen über die weitere Entwicklung verbieten.“
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