Wertheim

„Unser Krankenhaus gehört in die Hände der Stadt“

Mitarbeiter der Einrichtung sammeln Unterschriften für den Erhalt der Rotkreuzklinik in Wertheim. Bisher kamen schon über 1700 zusammen - allerdings finden die Mitarbeiter nicht überall nur Zustimmung.

Von 
Birger-Daniel Grein
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Die Rotkreuzklinik soll erhalten bleiben, indem die Stadt die Einrichtung zukünftig übernimmt – das fordern Mitarbeiter der Klinik, darunter Tanja Stroisch (rechts). Sie sammelten am Samstag dafür Unterschriften und erfuhren viel Unterstützung, unter anderem vom Rita Strobel. © Birger-Daniel Grein

Wertheim. Viele Bürger setzen sich für den Erhalt des Wertheimer Krankenhauses ein. Dazu gehören auch die zahlreichen Mitarbeiter der Rotkreuzklinik. Aktuell sammeln sie Unterschriften mit der Forderung der Rekommunalisierung des Krankenhauses mit der Betonung: „Unser Krankenhaus gehört in die Hände der Stadt.“

Sehr aktiv ist dabei unter anderem Tanja Stroisch. Sie ist seit 30 Jahren Physiotherapeutin und hatte dort ihre Arbeit aufgenommen, als die Klinik noch in städtischer Hand war. Sie berichtete darüber, dass die Initiative für die Unterschriftensammlung vom Betriebsrat unter Vorsitz von Birgit Väth mit Vertretern der Gewerkschaft „Verdi“ gekommen sei. Stroisch betonte: „Meiner Meinung nach können Gesundheit und Grund- und Regelversorgung nur Aufgaben der öffentlichen Hand sein, – denn Gesundheit ist ein Grundrecht.“

Unterschriften-Listen sind verschwunden

Gesammelt hätten viele Mitarbeiter Unterschriften erst einmal im privaten Umfeld. Wo es erlaubt wurde, habe man auch im öffentlichen Bereich, beispielsweise in kleineren Geschäften und Supermärkten, Listen ausgelegt. Ärgerlich sei, dass vollgeschriebene Listen von dort vor der Abholung verschwunden seien.

Am vergangenen Samstag sammelten Stroisch und ihre Kollegen aus allen Bereichen der Klinik (unter anderem dem Pflegebereich und der Ärzteschaft) im Eingangsbereich des Wertheimer Kauflands weitere Unterschriften. In Schichten deckte man dabei die Zeit von 7 bis 21 Uhr ab.

80 Prozent unterschreiben

Einige Mitarbeiter der Klinik sprachen die Menschen dabei direkt an. Am Samstag zuvor hatten Stroisch und weitere Mitarbeiter fünf Stunden lang auf dem Wertheimer Marktplatz gesammelt. „Da kamen knappe 150 Unterschriften zusammen. Für Wertheim ist das nicht schlecht.“ Man sei auch in Gaststätten und Geschäfte rund um den Marktplatz gegangen. „80 Prozent von den Menschen, die wir ansprechen, unterschreiben“, verdeutlichte sie die breite Unterstützung aus der Bürgerschaft auch über die große Kreisstadt hinaus.

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Aber nicht alle würden Zustimmung oder überhaupt Interesse zeigen. Ein Teil drehe sich weg, wenn sie die Leute mit den Unterschriftenlisten sehen. Auch bekomme man das Argument zu hören, man habe sich im Wertheimer Krankenhaus nicht wohlgefühlt. Dem trete man argumentativ entgegen, sagte sie. Auch werde teils auf andere Krankenhäuser der Region wie Würzburg verwiesen. „Im Notfall, wie einem Herzinfarkt oder einem Unfall, habe man jedoch keine Zeit, weiter weg zu fahren“, erwidere Stroisch dann. In diese prekäre Notfallsituation können auch jungen Menschen geraten.

Gesundheit für viele Menschen das Wichtigste

Zudem gebe es deutschlandweit ein Schließen von Kliniken. Die Kapazitäten werden insgesamt knapp. Das Hauptargument einiger der angesprochenen Bürger sei, dass die Stadt es sich nicht leisten könne, das Krankenhaus zu übernehmen. Andere Passanten wiederum sagten, dass die Stadt die Klinik übernehmen solle, und man dafür in anderen Bereichen, wie Freizeitangeboten, geld einsparen solle. Denn Gesundheit sei für die Menschen das Wichtigste, war zu hören.

Im Blick auf die Finanzen sagte Stroisch, dass sich die Stadt zur Finanzierung Hilfe holen und Strategien zum Erhalt der Klinik entwickeln solle. „Ich bin dabei“, betonte sie.

Nicht abwarten

Es gab auch von Angesprochenen Kritik darüber, dass eine große Gewerkschaft zur Unterschriftenaktion aufruft. Stroisch sagte dazu: „Mir persönlich ist es egal wer die Aktion macht. Es geht mir um den Erhalt des Krankenhauses.“ Ihr gehe es um das Wohl und die nötige Hilfe für Menschen, deshalb arbeite sie in einem sozialen Beruf. In dieser Situation könne schlecht einfach nur dasitzen und abwarten, was passiert. Außerdem bedeute der Wegfall des Krankenhauses auch den Verlust von Arbeitsplätzen. „Ich liebe dieses Haus und will bleiben.“ Gefordert sei auch die Bundespolitik, denn die Klinikfinanzierung müsse dringend verbessert werden.

Ein angesprochener Bürger sprach sich gegen den von der Stadt angedachten Bürgerentscheid aus. Die Einwohner hätten dafür nicht genügend Informationen - auch nicht zur Kostendeckung, sagte er.

Druck auf Stadt schon "maximal"

Sehr viele begrüßten die Unterschriftenaktion. Rita Strobel aus Lindelbach: „Wir haben unterschrieben und hoffen, dass die Klinik bleibt.“ Sie und ihr Mann könnten nur Gutes über die Einrichtung sagen. „Stellen Sie sich vor, einem passiert etwas.“ Auch mit dem besten Rettungswagen sei man dann auf einer langen Fahrt zur Klinik gestorben.

Stroisch sprach im Kaufland auch mit Kommunalpolitiker Mirco Göbel. Er betonte, er gehe vollkommen mit, dass das Krankenhaus erhalten werden muss. Dafür setze er sich auch ein. Die Stadtverwaltung als Adressat der Unterschriftenliste sei für ihn jedoch der falsche Ansprechpartner. Auf die Stadt sei der Druck schon maximal. Man müsse sich überlegen, wem gegenüber man stattdessen Druck aufbaue. „Zunächst müssen andere in die Verantwortung gehen.“ Für die Gesundheitsversorgung im Kreis sei auch dieser zuständig.

Wie Tanja Stroisch den Fränkischen Nachrichten mitteilte, kamen bisher auf 192 Listen 1728 Unterschriften zusammen. Alle gesammelten Unterschriften will man am 18. Dezember dem Wertheimer Gemeinderat übergeben.

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