Wie viel ist dein Krankenhaus wert?

Redakteurin Katharina Buchholz zum Bürgerentscheid

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Katharina Buchholz
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Was würde man selbst nicht alles anders (und natürlich besser) machen als die Politiker da oben. Hätte man bloß mitzubestimmen!

Welche Last das Privileg der Entscheidungsgewalt mit sich bringt, werden die Wertheimer Bürgerinnen und Bürger unter Umständen bald selbst erfahren. Nämlich dann, wenn der Gemeinderat das Votum über die Zukunft der Klinik auf dem Reinhardshof per Bürgerentscheid an die Allgemeinheit übergeben sollte. Dann müsste (oder sollte) sich jede Wertheimerin und jeder Wertheimer ab 18 Jahren die Frage stellen, welchen Preis ihm der Erhalt des Krankenhauses wert ist.

Würde man eine neue Schwimmhalle und damit die langfristige Möglich der Schwimmausbildung der ortsnahen Versorgung im medizinischen Notfall opfern? Würde man bei sozialen Zuwendungen wie dem Familienpass sparen, um die Arbeitsplätze der 400 Angestellten zu retten? Würde man Unternehmen mit deutlich mehr Steuern belasten und deren Abwandern riskieren, damit der Krankenwagen verunglückte Arbeiter auch künftig auf den Reinhardshof fahren kann?

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Welche Konsequenzen ein „Ja“ zur Krankenhaus-Trägerschaft der Stadt hätte, ist bislang nur wage zu erahnen. Um die Bürger zu einer Entscheidung zu ermächtigen, müssten Insolvenzverwalter und Stadtverwaltung zahlreiche Informationen offengelegen und Szenarien für den schlechtesten Fall erörtern.

Neben der Komplexität der Sache bleibt der Faktor Zeit. Bis Februar oder März braucht es verbindliche Aussagen zur künftigen Trägerschaft, sagt Generalhandlungsbevollmächtigter Boddenberg. Denn: Je länger der Prozess dauert, desto mehr Mitarbeiter werden sich von Klinik abwenden. Und: ohne Personal, kein Krankenhaus.

Aber: Wie sicher kann sich die Belegschaft des Krankenhauses der Unterstützung der Bürgerschaft sein? Schließlich wollten viele Wertheimer in den vergangenen Jahren im Zweifel lieber nicht in der Rotkreuzklinik behandelt werden. Werden sich die Mitarbeiter das Warten auf einen Bürgerentscheid leisten?

Bei allem Nachdenken über „Worst-Cases“ sollte die von Gemeinderat und Kommune bevorzugte Lösung nicht in den Hintergrund rücken: Die Übernahme des Krankenhauses durch einen neuen Träger, naheliegend durch die Gesundheitsholding Tauberfranken.

Aus gutem Willen wird der Mehrheitseigner BBT-Gruppe das Wertheimer Haus jedoch nicht übernehmen. Die – mindestens in den ersten Jahren – sicheren Verluste müssen deshalb auf breiten Schultern verteilt werden: Dazu gehört der Beitrag der Kommune, des Kreises und des Landes. Doch auch andere Profiteure der ortsnahen medizinischen Versorgung – etwa die Nachbargemeinde Kreuzwertheim oder Unternehmen in der Region – sollten aus eigenem Impuls ihre Portemonnaies öffnen.

Ist das Krankenhaus fürs Erste gerettet, würde der wahre Bürgerentscheid stattfinden: Die Abstimmung der Wertheimer für ihr Krankenhaus – mit den Füßen.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Wertheim