Wertheim. Manchmal decken frisch gefallene Flocken alles zu und lassen die Landschaft friedlich erscheinen. Doch im Fall der Rotkreuzklinik brodelt es unter der ersten zarten Schneedecke in diesem Jahr gewaltig – und ein Ende ist noch nicht abzusehen. Wie jetzt bekannt wurde, hat die BBT-Gruppe, die Mehrheitsgesellschafter in der Gesundheitsholding Tauberfranken ist und die wiederum das Caritas-Krankenhaus in Bad Mergentheim und das Tauberbischofsheimer Krankenhaus betreibt, dem Insolvenzverwalter der Rotkreuzklinik eine Absage erteilt. Eine Trägerschaft würde zum jetzigen Zeitpunkt nicht in Betracht kommen, heißt es.
Die Gespräche wurden zwischen dem Krankenhausberater Christian Höftberger und Vertretern der BBT-Gruppe geführt. Die Absage kam in der vergangenen Woche. „Weitere Versuche von Herrn Boddenberg, einen Träger zu finden, sind bis zum jetzigen Zeitpunkt gescheitert“, sagte Wertheims Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez am Dienstagmittag. Er sehe es deshalb als seine Aufgabe an, die Wertheimer Bevölkerung über diesen aktuellen Sachstand zu informieren, begründete er die Mitteilung.
Das Land Baden-Württemberg habe bisher keine Stellung zum Erhalt des Krankenhauses bezogen. „Das finde ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt enttäuschend“, sagte der Rathaus-Chef. Er selbst hatte das Gesundheitsministerium kontaktiert. Als Antwort erhielt er ein Schreiben, in dem allerdings nur erklärt wurde, dass man die Situation in Wertheim kenne.
„Was bleibt also übrig? Die Stadt übernimmt Verantwortung und tritt jetzt in die Gespräche mit der Schwesternschaft München ein, unter welchen Konditionen und Rahmenbedingungen die Stadt die Trägerschaft des Krankenhauses übernehmen könnte“, so Herrera Torrez.
Defizitäre Lage
Grundsätzlich gehe man davon aus, nachdem das Krankenhaus in diesem Jahr ein Defizit von über sechs Millionen Euro erwirtschaften wird, sich dieses in naher Zukunft nicht ändern lassen werde. Außerdem haben sich durch die jahrelange defizitäre Lage Schulden in Höhe von über 25 Millionen Euro angehäuft (ohne die Bilanz 2023). Dazu kommen Schulden und Belastungen auf das Grundstück auf dem Reinhardshof in zweistelliger Millionenhöhe. Von der Förderung des Landes für den Neubau (ursprünglich 27 Millionen Euro) sind 17 Millionen Euro noch nicht abgeschrieben. Zudem bestehen Verpflichtungen in Höhe von 40 Millionen Euro für eine zusätzliche Altersvorsorge für die ehemals städtischen Angestellten (Anwartschaften).
Wie Herrera Torrez mitteilte, hafte die gGmbh, die Stadt habe jedoch eine Gewährträgerhaftung für diese Anwartschaften übernommen, sich aber gegenüber der Schwesternschaft München in gleicher Höhe abgesichert. „Wenn man diese Rahmenbedingungen kennt, die rund um dieses Krankenhaus bestehen, dann ist nachvollziehbar, dass es ein Gespräch braucht zwischen der Stadt und der Schwesternschaft München, unter welchen Rahmenbedingungen trotz dieser Vorzeichen, eine städtische Trägerschaft passieren könnte.“
Parallel zu den Gesprächen wurde ein Zukunftskonzept für die Klinik erarbeitet, das eine Konzentration auf Fachbereiche, weniger Betten und externe Partner, die Räumlichkeiten übernehmen, vorsieht (wir berichteten). „Klar ist auch, dass in diesem Zukunftskonzept ein Defizit für das Wertheimer Krankenhaus für die nächsten Jahre vorgesehen ist“. Allerdings, da ist sich Herrera Torrez ganz sicher, werden aufgrund der Komplexität mehrere Gespräche nötig sein, um eventuell auf einen gemeinsam Nenner zu kommen. Allerdings seien diese Gespräche wichtig, weil der Generalbevollmächtigte des Schutzschirmverfahrens, Mark Boddenberg, eine Art Plan für die Zukunft benötige. Offiziell würde das Schutzschirmverfahren am 1. Dezember auslaufen.
Gespräche mit Nachbarkommunen
Neben den Gesprächen mit der Schwesternschaft geht die Stadt auf die umliegenden Kommunen und Landkreise zu und lädt zu einem „Runden Tisch“ ein. „Dabei will ich die Betroffenheit der Kommunen erfahren“, so Herrera Torrez. Er verwies darauf, dass die Mehrzahl der Patienten der Rotkreuzklinik wohl aus dem Umkreis und nicht aus Wertheim stamme. „Im Fall einer Schließung sind eben auch umliegende Kommunen betroffen. Gleichzeitig wolle man ausloten, welche Möglichkeiten der Unterstützung es innerhalb der kommunalen Familie gebe – im Sinne des Erhalts des Standorts. „Das könnte durchaus dazu führen, dass es einfacher wird, solch ein Krankenhaus zu betreiben.“ Wie der OB mitteilte, soll jener „Runde Tisch“ in Präsenz und noch in diesem Jahr stattfinden.
Nicht allein tragen
Weil die Auswirkungen für die Stadt immens sind, egal ob bei einer Übernahme oder einer Schließung, halte Markus Herrera Torrez es für wichtig und angemessen, dass die Bürger der Stadt darüber entscheiden können. Er sprach von einer Entscheidung mit riesiger Tragweite, bei der jedoch die Zeit nicht der entscheidende Faktor sein dürfe. Keinen Hehl machte das Stadtoberhaupt daraus, dass die Stadt diese große Verantwortung nicht vollständig allein tragen könne. Grundsätzlich wolle man den Weg ergebnisoffen angehen. „Am Ende des Tages wird es eine Entscheidung sein, zwischen dem was im Herz bewegt und dem, was der Verstand sagt.“ Die Grundlage für diese Entscheidung sei jedoch noch nicht gegeben, so der OB.
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