Aktionswochen

Kilometer machen für Team und Klima

Seit Mittwoch läuft die Aktion „Stadtradeln“. Mehr als 1600 Radfahrer und Radfahrerinnen aus dem Main-Tauber-Kreis verzichten für drei Wochen möglichst häufig auf Auto und Co.

Von 
Katharina Buchholz
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Fast 30 Radkilometer legt Marina May bis zu ihrer Arbeitsstelle zurück. Die 22-Jährige fährt während der Stadtradeln-Wochen an jedem Arbeitstag von Werbach nach Wertheim und wieder zurück. © Katharina Buchholz

Wertheim/Main-Tauber-Kreis. Die ersten 6,6 Kilometer für das Team „Wilhelm Frank Maschinenbau“ gehen auf das Konto von Matthias Kurz. Am Mittwochmorgen radelte der 41-Jährige wie jeden Morgen gegen 5.40 Uhr aus dem Wertheimer Stadtteil Hofgarten los zu seinem Arbeitgeber, der Wilhelm König Maschinenbau in Bestenheid.

Seit Mittwoch zählt 21 Tage lang wieder jeder geradelte Kilometer: Rund 200 Radfahrerinnen und Radfahrer haben sich bisher für Wertheim zum Stadtradeln 2023 angemeldet. Landkreisweit sind es über 1600. „Das ist eine schöne Sache. Ich fahre sowieso seit sieben Jahren jeden Morgen mit dem Rad zur Arbeit“, erzählt Kurz.

In zwei Stunden am Schreibtisch

Andere nutzen die Aktion, um zumindest für diese Zeit auf den Drahtesel umzusteigen. „Es ist für mich ein Ansporn, meinen Schweinehund zu überwinden“, sagt Marina May. Die 22-jährige Auszubildende zur Industriedesignerin nimmt zum zweiten Mal am Stadtradeln teil und absolviert zweimal täglich die Strecke von ihrem Zuhause in Werbach auf den Wertheimer Reinhardshof.

Kurz vor 6 Uhr morgens schwingt May sich auf den Sattel. Zwei Stunden später sitzt sie an ihrem Schreibtisch bei Pink Vakuumtechnik. Das Unternehmen bietet für seine Mitarbeiter Duschen, in denen diese sich frisch machen und umziehen können. „Nach fast 30 Kilometern ist das auch notwendig“, meint May schmunzelnd.

Jede Strecke spart Kohlenstoffdioxid

Beim Stadtradeln geht es darum, 21 Tage lang möglichst viele Alltagswege klimafreundlich mit dem Fahrrad, Rollstuhl oder Handbike zurückzulegen. Zugelassen sind alle Fahrzeuge, die im Sinne der Straßenverkehrsordnung als Fahrräder gelten, auch Pedelecs.

Angesprochen sind nicht nur Radfahrer, die viele Kilometer fahren. „Jeder Kilometer auf dem Rad ist nahezu zwangsläufig ein Beitrag zum Klimaschutz“, schreiben die Veranstalter auf ihrer Homepage.

Die gefahrenen Kilometer können die Radfahrer entweder direkt per App und GPS tracken oder auf der Homepage nachgetragen. Mitfahrer im Lastenrad oder Fahrradanhänge zählen zusätzlich.

Auf der Internetseite des www.stadtradeln.de können sich Interessierte einen detaillierten und aktuellen Überblick über gefahrene Kilometer in ihrer Kommune oder ihrem Landkreis verschaffen. Gleichzeitig erfährt man, wie viel Kohlenstoffdioxid dadurch eingespart wurde. Auf der Homepage können auch die Blogs der sogenannten Stadtradelstars nachgelesen werden.

Im Main-Tauber-Kreis sind 164 Teams mit insgesamt über 1500 Teilnehmern angemeldet. Kurzentschlossene können sich auch jetzt noch auf der Homepage anmelden und einem bestehenden Team beitreten.

Beim Stadtradeln im Jahr 2022 hatten kreisweit 1707 Radelnde in 125 Teams zusammen 367 537 Kilometer gesammelt. kabu

Acht Kommunen machen mit

„Das Stadtradeln ist eine Aktion des europäischen Klima-Bündnisses, bei dem sich die Stadt Wertheim als Kommune registriert hat, um den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit zu geben, an dieser Initiative teilzunehmen“, sagt die bei der Stadtverwaltung Wertheim für das Stadtradeln zuständige Celia Fernandez Selles vom Referat Kultur, Innenstadt- und Veranstaltungsmanagement.

Unter dem Dach der Kommune kann jeder Radler antreten, der in Wertheim wohnt, arbeitet, einem Verein angehört oder eine Schule besucht. Neben Wertheim beteiligen sich aus dem Main-Tauber-Kreis Bad Mergentheim, Igersheim, Weikersheim, Niederstetten, Boxberg, Ahorn und Külsheim. Zwischen fünf und 33 Teams haben sich in diesem Jahr je Kommune gegründet, darunter sind neben privaten Freundeskreisen viele Vereine, Unternehmen und Schulen. Im Bereich der Schulen sticht vor allem Bad Mergentheim hervor, hier zählen Schüler und Lehrer aus zwei Realschulen, einem Gymnasium und einer kaufmännische Schule ihre Kilometer. Im vergangenen Jahr radelten 1707 Teilnehmer in 125 Teams im gesamten Kreis insgesamt 367 537 Kilometer.

Die Kilometer werden entweder bei jeder Fahrt live per App dokumentiert oder können später über die Internetseite nachgetragen werden. „Die Angabe der Kilometerzahl läuft auf Vertrauensbasis. Bei ,Ausreißerteams’ oder Einzelpersonen kann gegebenenfalls nachgefragt werden, wie die hohe Kilometerzahl zustande kam“, weiß Fernandez Selles. Ob die Radfahrer und Radfahrerinnen wie Matthias Kurz mit Unterstützung eines Motors unterwegs sind oder ohne, ist ihnen freigestellt. Marina May überwindet allein mit Muskelkraft nicht nur eine ordentliche Zahl von Kilometern, sondern auch einige Höhenmeter: Ihr Weg führt unter anderem die Serpentinen bei Reicholzheim nach Sachsenhausen hinauf.

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Anmeldung noch möglich

„Auch wenn der Aktionszeitraum schon begonnen hat, können sich weiterhin Teilnehmer registrieren, sich für ein Team anmelden und ihre geradelten Kilometer eintragen“, erklärt Fernandez Selles. „Einer unserer Mitarbeiter ist gerade noch im Urlaub. Er wird sich nach seiner Rückkehr registrieren. Ich werde seine bis dahin gefahrenen Kilometer nachtragen“, berichtet Bianca Geis, die das Stadtradel-Team von Pink Vakuumtechnik betreut.

Das Unternehmen nimmt seit dem Jahr 2021am Stadtradeln teil. Bereits damals sammelten die Pink-Teammitglieder fleißig Kilometer und belegten stadtweit den zweiten Platz hinter dem Team von Wilhelm König Maschinenbau. Im vergangenen Jahr wurde das Pink-Team dann als kreisweit erfolgreichstes Unternehmensteam ausgezeichnet. Die insgesamt 50 Teammitglieder kamen auf zusammen 13 265 Kilometer, Platz zwei ging an Wittenstein aus Igersheim-Harthausen (10 3161 Kilometer). Auch auf Ebene der Einzelfahrer war Pink erfolgreich: Platz drei im Landkreis belegte mit Michael Penning (1812 Kilometer) ein Mitarbeiter des Unternehmens.

„Diese Erfolge spornen an. Allerdings ist es nicht unsere Priorität zu gewinnen. Wir sehen die Aktion als Maßnahme zur Teambildung“, verdeutlicht Bianca Geis. Auch bei Wilhelm König würde man sich natürlich über eine Wiederholung des Erfolgs von 2021 freuen. „Jeder unserer Mitarbeiter, der sich für das Stadtradeln registriert, erhält zwei Wertheim-Cards. Am Ende der Aktion verlosen wir zusätzlich Gutscheine“, verrät Verena Gutsch die Anreize, die das Unternehmen zur Teilnahme setzt. Über einen Aushang und das monatliche Infoblatt wurden die Mitarbeiter auf das Stadtradeln aufmerksam gemacht. „Gut ein Drittel unserer Teilnehmer kommen mit dem Rad zur Arbeit, alle anderen radeln während der Aktion privat mehr“, schätzt Gutsch.

Auto bleibt komplett in der Garage

Andere Stadtradler verzichten während des Aktionszeitraums ganz auf Auto und Co. „Die Stadtradel-Stars steigen für den gesamten dreiwöchigen Radelzeitraum auf das Fahrrad um und berichten über ihre Erfahrungen im Stadtradeln-Stars-Blog“, heißt es auf der Stadtradeln-Internetseite.

Im Main-Tauber-Kreis gibt es mit Julian Uhl aus Igersheim und Günter Plonka aus Weikersheim zwei Stadtradel-Stars. „Als ich gefragt wurde, ob ich mir vorstellen könnte, dieses Jahr als Stadtradel-Star für unsere Gemeinde anzutreten habe ich mich nach anfänglicher Skepsis dafür entschieden“, berichtet Uhl auf seinem Blog. Er fahre ohnehin das ganze Jahr über mit dem Rad zur Arbeit bei Wittenstein. Gleichzeitig sei er gespannt, auf die Erfahrung, komplett auf das Auto zu verzichten. In die drei Radelwochen startete Julian Uhl am Mittwoch voll motiviert, wie auf seinem Blog zu lesen ist: „Da der direkte Arbeitsweg zu langweilig gewesen wäre, habe ich einen ,kleinen’ Umweg gemacht.“

Umwege eingeplant

Den einen oder anderen Umweg möchte auch Matthias Kurz in den kommenden Wochen nach Feierabend einplanen, denn die 120 Kilometer, die er beim letzten Stadtradeln geschafft hat, möchte er dieses Mal gern überbieten. So verließ der Monteur am Mittwochnachmittag gegen 14.45 Uhr das Gebäude von Wilhelm König Maschinenbau und machte sich auf den Weg zum Fahrradabstellplatz. Dort wartete sein schwarzes Pedelec auf mindestens die nächsten 6,6 Kilometer.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Wertheim

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