Wertheim. Es knirscht im Gebälk zwischen Stadt Wertheim und dem Landkreis. Landrat Christoph Schauder steht dem Projekt Bürgerspital – vorsichtig formuliert – reserviert gegenüber. Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez wirft ihm vor, das Vorhaben insgeheim zu hintertreiben.
Gegenüber der Öffentlichkeit signalisierte Christoph Schauder jüngst Zustimmung. „Die Landkreisverwaltung hat weder die Handhabe noch ein Interesse, die Implementierung eines Krankenhauses auf dem Areal der bisherigen Rotkreuzklinik zu unterbinden oder zu erschweren“, hieß es in der Stellungnahme zu den Vorwürfen aus Wertheim.
„Infame Falschbehauptung“
FN-Informationen laut derer Schauder vergangene Woche bei der Sitzung der CDU-Kreistagsfraktion klargemacht haben soll, dass er das Projekt Bürgerspital „bis zur letzten Patrone“ bekämpfen werde, dementierte das Landratsamt auf Anfrage am Dienstag deutlich.
„Eine derartige Aussage hat er nicht getätigt“, antwortete Pressesprecher Markus Moll. „Anderslautende Darstellungen wären eine infame Falschbehauptung“, so Moll. Das Gegenteil sei vielmehr richtig. „Der Landkreis begrüßt die geplante Nachnutzung des Gebäudes der Rotkreuzklinik im Rahmen einer stationären Krankenversorgung durch einen privaten Betreiber.“
Kontakt zum Regierungspräsidium
Dass der Landrat in den vergangenen Wochen und Monaten in der Thematik Kontakt zur Aufsichtsbehörde hatte, bestätigte Moll indes. Das Regierungspräsidium (RP) Stuttgart sei sowohl Rechtsaufsichtsbehörde für die Stadtverwaltung Wertheim als auch für das Landratsamt. „Da seit längerem die Ankündigung im Raum steht, die Stadt Wertheim werde den Main-Tauber-Kreis um eine finanzielle Unterstützung für das Projekt Bürgerspital bitten, ist das Landratsamt hinsichtlich der damit verbundenen, schwierigen rechtlichen Fragen selbstverständlich im Austausch mit dem Regierungspräsidium Stuttgart“, so Moll.
Landrat Schauder beruft sich auf Gemeindeordnung
Bei den „schwierigen rechtlichen Fragen“ bezieht sich der Landrat auf Paragraf 88 der Gemeindeordnung Baden-Württemberg. Die Vorschrift besagt, dass Gemeinden keine Sicherheiten zu Gunsten Dritter bestellen dürfen, sofern das Regierungspräsidium keine Ausnahme zulässt. Zudem dürfen sie Bürgschaften und Verpflichtungen aus Gewährverträgen nur zur Erfüllung ihrer Aufgaben übernehmen.
In der Tat habe das Landratsamt „frühzeitig und mehrfach“ auf den Paragrafen hingewiesen, so Moll. Es sei nur unter Reglementierungen möglich, öffentliches Geld zur Finanzierung von privaten Projekten zur Verfügung zu stellen. Es gehe darum, „dass Steuergelder für wirtschaftliche Risiken privater Unternehmen nur sehr eingeschränkt eingesetzt werden können“. Solle eine Ausnahme gemacht werden, sei die Rechtsaufsichtsbehörde in jedem Fall zu beteiligen.
Teil einer Lösung
Politische Beobachter, die nicht namentlich genannt werden wollen, gehen indes davon aus, dass das RP eine Ausnahmegenehmigung erteilen wird. Schließlich habe die Landesregierung das Projekt mit der Aufnahme in den Landeskrankenhausplan durchgewunken. Mittlerweile gelte das Modell, bei dem private Gesundheitsunternehmen mit einer Kommune zusammenarbeiten, in Stuttgart auf höchster Ebene als Teil einer Lösung für die sich zuspitzenden Probleme bei der stationären medizinischen Versorgung im ländlichen Raum.
Das Landratsamt hält unterdessen an dem Vorwurf fest, die Stadtverwaltung habe seit längerem angeforderte Unterlagen nicht zur Verfügung gestellt. Die seien unerlässlich, wenn es um die Beteiligung des Landkreises an der Finanzierung des notwendigen städtischen Zuschusses von bis zu 2,75 Millionen Euro für die Notaufnahme geht. Das Wertheimer Rathaus reagiert verärgert: Der Vorwurf gehe ins Leere. „Die Verhandlungen mit dem Bürgerspital sind zwar weit fortgeschritten, aber in ihren Details noch nicht ganz abgeschlossen“, heißt es aus der Stadtverwaltung. Sobald dies der Fall sei, werde man das finale Vertragswerk dem RP vorlegen, so dass anschließend der Gemeinderat darüber entscheiden könne.
Stadt Wertheim: „Selbstverständlich rechtssicher“
Die Unterstützungsvereinbarung zwischen Stadt Wertheim und Bürgerspital müsse selbstverständlich rechtssicher sein, stellt das Rathaus klar. Der Gemeinderat habe dies in seiner Beschlussfassung so formuliert. Die Stadt habe sich dafür juristische Expertise von außen gesichert und stehe dazu mit der Rechtsaufsicht des Regierungspräsidiums in engem Kontakt.
OB Markus Herrera Torrez habe den Landrat in den letzten Monaten kontinuierlich über den Fortgang des Projekts informiert, ebenso die Mitglieder des Kreistags in der jüngsten Sitzung über den Stand und das weitere Vorgehen.
Die Sicherstellung der Notfallversorgung sei im Interesse der Menschen in der Region und „eine Herausforderung, die nur als Gemeinschaftsleistung von Stadt Wertheim, Landkreis Main-Tauber und benachbarten Kommunen getragen werden kann“, stellte das Rathaus klar. „Dies sollte gemeinsame Grundhaltung und politischer Wille in der kommunalen Verantwortungsgemeinschaft sein.“
Damit sich dieser gemeinsame politische Wille artikulieren könne, bereite die Stadt Wertheim neben konkreten Gesprächen mit benachbarten Kommunen eine formale, schriftliche Bitte an die Landkreisverwaltung um finanzielle Unterstützung vor. OB Herrera Torrez werde in seiner Funktion als Kreisrat gemeinsamen mit weiteren Kreisräten einen Antrag zur Befassung des Kreistags mit diesem Thema einbringen, kündigt das Rathaus an.
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