Main-Tauber-Kreis. Zwölf Fragen – eine Antwort. Das Regierungspräsidium Stuttgart hat ein Schreiben des SPD-Kreisvorsitzenden Thomas Kraft vom Mai, in dem dieser in seiner Funktion als Kreisrat rechtliche Bedenken bezüglich der Auffassung des Landrats des Main-Tauber-Kreises in Zusammenhang mit der Insolvenz der Rotkreuzklinik Wertheim äußert, jetzt beantwortet. Das Dokument liegt der Redaktion vor.
Zusammenfassend heißt es am Ende des neunseitigen Schriftstücks mit Datum vom 29. Juli: „Nach Sichtung und rechtlichen Überprüfung der dargestellten Sach- und Rechtslage kann festgehalten werden, dass für ein aufsichtsrechtliches Einschreiten kein Raum bestehen bleibt. Das Landratsamt Main-Tauber-Kreis hat zu keinem Zeitpunkt ein aufsichtsrechtlich zu ahndendes Handeln an den Tag gelegt, so dass ein Einschreiten seitens der Rechtsaufsichtsbehörde nicht angezeigt ist.“
Es handelt sich um genau die zwölf Fragen, die Kraft bereits in der Kreistagssitzung im Mai (die FN berichteten) mit ans Rednerpult brachte. Landrat Christoph Schauder hatte in der Sitzung jedoch klargestellt, dass er zu diesen Fragen nicht Stellung nehme, da sie alle längst beantwortet seien. Zudem stellte Schauder klar, dass er das „Nachkarten“ zu diesen Themen für kontraproduktiv halte. Den Vorwurf, dass Dinge im Zusammenhang mit der Insolvenz der Rotkreuzklinik Wertheim nicht behandelt worden seien, wies Schauder klar zurück und empfahl die Lektüre der betreffenden Sitzungsprotokolle.
Thomas Kraft wollte das nicht so stehen lassen und kündigte bereits in besagter Kreistagssitzung an, den Fragenkatalog an die Rechtsaufsichtsbehörde in Stuttgart weiterzuleiten. In der Auflistung Krafts, die der Redaktion ebenfalls vorliegt, geht es vorwiegend um „Irritationen um die Interpretation und die Anwendung von Rechtsvorschriften“, die im Laufe der Diskussion um das Insolvenzverfahren der Rotkreuzklinik entstanden seien.
Geschäftsordnung im Blick
Konkret ging es Kraft hier zunächst um die Auslegung des Geschäftsordnung des Kreistags im Zusammenhang mit der Eingabe eines Tagesordnungspunkts durch seine Fraktion zur Situation der Klinik in der Kreistagssitzung am 6. Dezember 2023, die mit Verweis auf die Sieben-Tages-Frist der Landkreisordnung abgelehnt worden sei, obwohl die Möglichkeit zur Aufnahme in dringenden Fällen bestehe (Frage 1 von 12). Diese Dringlichkeit sei aus seiner Sicht gegeben gewesen.
„Was, wenn nicht das, ist ein dringender Fall?“, so Kraft. Nach Anhörung des Landratsamts zu diesem Sachverhalt, kommt das Regierungspräsidium zu folgender Einschätzung: „Im Lichte der stets zu beachtenden kommunalen Selbstverwaltung ist das Vorgehen des Landratsamts aus aufsichtsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.“
Als problematisch ordnete Kraft auch die Position des Landrats ein, dass „der Landkreis als Gesellschafter der Gesundheitsholding Tauberfranken eine Treuepflicht hat, die ihr Engagement außerhalb der Holdingstrukturen stark einschränkt“. An das Regierungspräsidium gewandt fragte Kraft: „Ist es tatsächlich der Fall, dass unsere Handlungsmöglichkeiten aufgrund einer finanziellen Beteiligung eingeschränkt sind? Gilt das auch, wenn wir dadurch einen gesetzlichen Auftrag nicht erfüllen können? Würde dies auch eine eventuelle Pflichtträgerschaft unmöglich machen?“ (Fragen 2 bis 4).
Die rechtliche Einschätzung des Regierungspräsidiums fällt auch hier kurz aus: „Die getätigten rechtlichen und tatsächlichen Aussagen des Landratsamts sind aufsichtsrechtlich nicht zu beanstanden.“
„Müssen wir die Beteiligung des Landkreises grundsätzlich neu betrachten und bewerten?“, fragte Kraft weiter (Frage 5). Dies sei „Ausfluss der kommunalen Selbstverwaltung“ und entziehe sich mithin dem aufsichtsrechtlichen Wirkungskreis, heißt es dazu aus Stuttgart.
Frage nach der Treuepflicht
Zwei weitere Fragen von Thomas Kraft bezogen sich auf das Thema Treuepflicht, da es Kreisräte gebe, die als Bürgermeister Träger der Klinik in Hardheim seien. „Welche Treuepflichten sind für diese Kreisräte stärker?“ (Frage 6) und „Ist das mit der Treuepflicht sowohl der einen als auch der anderen Gesellschaft gegenüber vereinbar“ (Frage 9), fragte Kraft. Rechtlich betrachtet sei auch hier der Auffassung des Landratsamts zuzustimmen, antwortet das Regierungspräsidium. Weder seien die Kreisräte Gesellschafter, noch seien diese Mitglied des Zweckverbands. „Die Regelungen zu den angesprochenen Treuepflichten sind daher nicht einschlägig, weshalb es auch nicht zu der abgefragten Gewichtung kommen kann.“
Ob in einem solchen Fall Befangenheit vorliege, wollte Thomas Kraft wissen (Frage 7). Die Aufsichtsbehörde teile hier die Auffassung des Landratsamts, dass es diesbezüglich – vor allem in Bezug auf einen Kreistagsbeschluss vom März 2024 – an der Unmittelbarkeit fehle.
Kraft warf des Weiteren die Frage auf, ob durch die Konstellation nicht „entgegengesetzte Interessen“ entstünden (Frage 8). Nach Ansicht des Landratsamts erfolge die Wahrung des Interessenausgleichs ausschließlich über die Regelungen der Landkreisordnung zur Besorgnis der Befangenheit. Auch diese Aussage sei rechtlich nicht zu beanstanden.
Pflichtträgerschaft thematisiert
Mit Blick auf eine mögliche Pflichtträgerschaft, gegen die der Landrat angekündigt habe, zu klagen, fragte Kraft an, ob die Zuständigkeit hier alleine beim Landrat liege, oder es dafür einer Entscheidung des Kreistags bedürfe (Frage 10). Dazu das Regierungspräsidium kurz: „Fehler bezüglich der Auslegung der Zuständigkeitsregelungen sind nicht ersichtlich.“
Ob eine solche Klage die Übernahme einer Trägerschaft verhindern oder aufschieben würde, wollte Kraft ebenfalls wissen (Frage 11). Das Regierungspräsidium stimme auch hier den Ausführungen des Landratsamts zu, dass die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage gegen einen entsprechenden Feststellungsbescheid der geltenden Rechtsprechung folge.
Letzter Punkt in der Liste war die Frage nach einem Antrag zur Geschäftsordnung des Kreistags von Thomas Kraft (Frage 12). In einer Sitzung habe er dadurch in der Tagesordnung von Punkt 5 auf Punkt 4 zurückspringen wollen, da ein Bürger zu spät realisiert habe, dass er sich unter Punkt 4 hätte melden müssen. Landrat Schauder habe dies abgelehnt. Kraft fragte daher, ob über seinen Antrag nicht hätte abgestimmt werden müssen.
Die Auffassung des Landratsamts, der Antrag sei unzulässig und damit auch nicht zur Abstimmung zuzulassen gewesen, halte „einer rechtlichen Überprüfung auch in diesem Punkt Stand“, so das Regierungspräsidium abschließend.
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