Wertheim. In ungewöhnlicher Schärfe kritisierte der Wertheimer Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez am Freitagnachmittag Landrat Christoph Schauder wegen dessen Verhaltens bei der Umsetzung des Projekts Bürgerspital Wertheim. Die Landkreisverwaltung kontert, dass bisher in Tauberbischofsheim fast keine Unterlagen vorlägen. Und die Stadt müsse sich angesichts der geplanten Zuschüsse in Millionenhöhe mit dem Regierungspräsidium abstimmen.
Die Stadt hatte am Freitagvormittag mitgeteilt, dass das Land Baden-Württemberg die Genehmigung für die Aufnahme des Bürgerspitals Wertheim in den Landeskrankenhausplan mit 95 Betten erteilt hat. Dies ist die grundsätzliche Voraussetzung für die Realisierung des Projekts. „Alle arbeiten mit großem Eifer daran, dass uns in Wertheim etwas gelingt, woran viele schon nicht mehr geglaubt haben. Etwas aber stört mich gewaltig, und deshalb mache ich es jetzt hier auch öffentlich“, schreibt Herrera Torrez auf Facebook.
Hinter den Kulissen
„Ich habe immer mehr den Eindruck, dass der CDU-Landrat des Main-Tauber-Kreises versucht, die erfolgreiche Umsetzung des Bürgerspitals Wertheims hinter den Kulissen zu verhindern“, so der OB weiter. Seit Wochen höre er von dort hinter vorgehaltener Hand nur eine Aussage: „Was die Stadt Wertheim gemeinsam mit dem Bürgerspital Wertheim vorhat, ist rechtlich nicht möglich/zulässig.“
Vordergründig möge es sein, dass damit „nur“ versucht werde, eine finanzielle Unterstützung des Landkreises zu verhindern. „Dieses Vorgehen des Landkreises birgt aber auch die Gefahr, dass das Projekt durch Juristen gestoppt wird, bevor es überhaupt begonnen hat“, befürchtet Herrera Torrez.
OB zu Schauder: "Werden Sie Teil der Lösung"
„Was ich bisher tatsächlich noch gar nicht gehört habe, ist ein eigener Vorschlag des CDU-Landrates für die Krankenhausversorgung im nördlichen Main-Tauber-Kreis“, kritisiert der OB. „Deshalb fordere ich den Landrat des Main-Tauber-Kreises auf: Werden Sie Teil der Lösung, bleiben Sie nicht Teil des Problems“, schreibt Markus Herrera Torrez unverblümt.
Nach Informationen der Fränkischen Nachrichten zieht Schauder hinter den Kulissen in Zweifel, ob ein städtischer Zuschuss für den Betrieb des Bürgerspitals rechtlich zulässig ist. Ähnlich hatte er schon im Februar argumentiert, als es darum ging, ob der Landkreis die Klinik finanziell unterstützen kann.
„Aus Sicht des Landkreises ist es nachvollziehbar, dass die Große Kreisstadt Wertheim das Gebäude der ehemaligen Rotkreuzklinik gekauft hat“, heißt es aus dem Landratsamt zu den Vorwürfen. Damit erhalte die Stadt die Gewissheit, dass es zu keiner Nachnutzung kommt, welche ihren Interessen zuwiderläuft. Auch die geplante Nachnutzung einer stationären Krankenversorgung durch einen privaten Betreiber begrüße der Landkreis.
Millionenzuschuss für Bürgerspital Wertheim
„Wenn eine Bitte der Stadt Wertheim an den Landkreis herangetragen wird, einen Krankenhausbetrieb finanziell zu unterstützen, werden wir dies im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten lösungsorientiert prüfen und in den hierfür vorgesehenen Formaten beraten“, so Pressesprecherin Aylin Wahl am Sonntag. Der Landkreis sei am Freitagabend durch eine E-Mail des Oberbürgermeisters erstmals schriftlich darüber informiert worden, dass die Stadt plant, dem neuen Krankenhausbetreiber eine jährliche Zuwendung bis zu einer maximalen Höhe von 2,75 Millionen Euro zukommen zu lassen.
Diese Summe sei bereits seit längerem im Raum. „Prüffähige oder aussagekräftige Unterlagen, insbesondere der Nachweis, wie diese Summe zustande kommt, liegen der Landkreisverwaltung nicht vor, und dies trotz mehrmaliger Nachfrage in den vergangenen Wochen“, lässt Aylin Wahl wissen.
Es sei bislang lediglich eine Präsentation zur Verfügung gestellt worden, die den neuen Betreiber vorstellt und in groben Zügen die Idee eins Bürgerspitals Wertheim skizziert. In der Präsentation werde der neue Betreiber, die Westfalenklinik GmbH, unter anderem als „nachhaltig profitabel, kernsolide finanziert, bankenunabhängig“ und damit finanziell autark vorgestellt. Dem Oberbürgermeister sei seit längerem bekannt, welche Informationen benötigt werden, wenn eine finanzielle Unterstützung des Landkreises angefragt werden soll.
Landratsamt fordert nachvollziehbare Darstellung der Finanzströme
Dazu gehöre insbesondere eine „vollumfängliche wirtschaftliche Betrachtung des Krankenhausbetriebs, zu denken ist hier etwa an die Prognose der zu erwartenden Vergütungen durch die Kostenträger und das Privatpatienten- sowie Selbstzahler-Geschäft sowie eine nachvollziehbare Darstellung der Finanzströme zwischen der Stadt Wertheim, ihrer Stadtentwicklungsgesellschaft, einer Bürgerspital Wertheim gGmbH und der Westfalenklinik GmbH.“
In diesem Kontext müsse die Stadt Wertheim die notwendigen Abstimmungen mit ihrer Aufsichtsbehörde, dem Regierungspräsidium, durchführen. Das Verfahren sei „unzweideutig in der Gemeindeordnung des Landes Baden-Württemberg geregelt und wird nicht durch die Aufnahme eines Krankenhauses in den Landeskrankenhausplan ersetzt“, so die Sprecherin weiter.
Dies gelte jedenfalls so lange wie beabsichtigt ist, öffentliche Gelder – zumal in Millionenhöhe – in Form einer Freiwilligkeitsleistung an ein privates Unternehmen zu leisten. „Insoweit unterscheidet sich die aktuelle Thematik grundlegend von der im Frühjahr von der Stadt Wertheim beabsichtigten, und letztlich gescheiterten, Rekommunalisierung der Rotkreuzklinik in städtische Trägerschaft“, heißt es.
„Komplex und zeitaufwendig“
Die Landkreisverwaltung habe weder die Handhabe noch ein Interesse, die Implementierung eines Krankenhauses auf dem Areal der bisherigen Rotkreuzklinik zu unterbinden oder zu erschweren. „Eine diesbezügliche Behauptung wäre nachweislich falsch“, so Aylin Wahl. Es sei aber „die ausschließliche Aufgabe der Großen Kreisstadt Wertheim, den rechtssicheren Boden für Gespräche mit dem Landkreis zu bereiten, sofern von diesem ebenfalls eine finanzielle Unterstützung gewünscht wird.“
Im Übrigen sei es „bedauerlich, wenn der Oberbürgermeister diese Thematik nunmehr über die Sozialen Medien kommuniziert. Sinnvoller wäre es, wenn die offenen Themen – die zudem komplex und zeitaufwendig sind – von ihm beziehungsweise der Stadt Wertheim geklärt würden“, spielt die Landkreisverwaltung den Ball zurück.
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