Weikersheim. In nur drei Wochen zwanzigmal von Weikersheim nach Stuttgart und zurück? Kein Problem – mit dem Auto. Das tut so mancher. Aber auf dem Rad? Günter Plonka hat einen enormen Stadtradel-Rekord aufgestellt.
Na ja: die Route Stuttgart – Weikersheim war’s nicht, auf der sich Günter Plonka zum Spitzenreiter beim Stadtradeln im Main-Tauber-Kreis abstrampelte. Aber die 5103 Kilometer, die zum Schluss auf der Uhr standen, entsprächen in etwa dieser Leistung. Für seinen Stadtradel-Rekord legte Plonka 20 Tage lang je eine Strecke von 255 Kilometern zurück, in täglich zwei großen Radrundtouren.
Von früh um fünf bis 13 Uhr war er da Tag für Tag unterwegs: Die Vormittagsrunde führte von Weikersheim über Bad Mergentheim, Lauda, Gerlachsheim, Grünsfeld, Reichenberg nach Würzburg und über Sommerhausen, Ochsenfurt, Bieberehren, Creglingen, Detwang, Spielbach, Widentierbach, Niederstetten, Laudenbach und Bronn wieder nach Weikersheim zurück – satte 180 Kilometer.
Den meisten würde das längst reichen, doch Plonka sattelte am selben Tag dann noch einmal auf und startete gegen 19 Uhr zur 75 Kilometer weiten „Vorabendtour“. Dann führte ihn sein Weg vom Heimatort über Nieder- und Oberstetten nach Schrozberg, Funkstatt, Enzenweiler und Leuzenbronn. Hemmersbach, Vorbach, Rothenburg, Creglingen und Röttingen wieder nach Weikersheim. Sportlich, sportlich – und mit 73 Lenzen noch eine ganze Ecke höher zu bewerten.
Bisherigen Star klar übertrumpft
Warum, bitte, tut man sich das an? Natürlich ist da Ehrgeiz im Spiel: als ältester Einzelradelnder übertraf er etwa die 2021 erradelten 4125 Kilometer des in Kleve lebenden Stadtradel-Stars Andreas Hendricks, deutlich. Chapeau!
Dabei, so Plonka, sei er als Schüler am Bad Mergentheimer Deutschordensgymnasium im Sportunterricht kaum je über die Note vier herausgekommen. Zwar hatte das Fahrrad in der aus Oberschlesien stammenden Familie zur Grundausstattung gehört – schließlich musste im Sommer wie im Winter der Schulweg auf dem Drahtesel bewältigt werden –, doch die Liebe zum Tritt in die Pedalen erwachte erst viel später: Gesundheitliche Probleme forderten dem diplomierten Sonderpädagogen Umdenken und Umlenken ab, und er entdeckte neben gesunder Ernährung und Meditationsübungen zur Prävention das Rad als medizinisches Gerät.
Langstreckentouren, bei denen er darauf achtete, die Menschen im Hier und Jetzt vom Rad aus fröhlich anzuschauen, erlebte er als meditative Auszeit im Alphazustand und perfekten Ausgleich für den heute üblichen Alltagsstress, der längst frühere Krankheitsursachen wie Infektionen und Mangel abgelöst hat.
Außerdem sei die Fortbewegung auf dem Rad, insbesondere in unserer Region mit ihrer Sinfonie an Radwegen, eine sehr kommunikative Angelegenheit. Man sehe so viele Dinge und treffe immer wieder interessante Menschen, mit denen es lohne, ins Gespräch zu kommen, schwärmt er.
Dabei dürfte seine angeborene schier unerschöpfliche Wissbegier manches Gespräch weit über die Small-Talk-Level heben. Wer sich schon als Kind, kaum lesefähig, eines Zeitungsteils bemächtigt, später mit dem Vater über Berichte debattiert, wer sich in Lesesälen auf die Tages- und Wochenpresse stürzt, sammelt breit angelegtes Weltwissen, das Lust auf mehr macht. Gern erinnert er sich schöner Gespräche mit Schaf- und Pferdezüchtern, Holz sägenden Anrainern seiner Tourwege und natürlich mit zahllosen anderen Radlern, Wanderern, Touristen aus aller Welt.
Gute Ideen für Hilfsprojekte
Der gebürtige Mergentheimer legte sein Abitur in Ludwigsburg ab, absolvierte sein Studium als Grund- und Hauptschullehrer in Schwäbisch Gmünd und schloss in Tübingen und Reutlingen ein sonderpädagogisches Aufbaustudium an. In Widdern, Krautheim und ab Mitte der 80er Jahre in Weikersheim unterrichtete er an Förderschulen. Gerade für diese Kinder sei Bewegung besonders wichtig: sportliche Anstrengungen, so seine Beobachtung, mache es ihnen leichter, sich auch auf geistige Anstrengungen zu konzentrieren.
Als er beim Radfahren am Wegrand immer wieder weggeworfene Pfandflaschen entdeckte, sammelte er sie erst selbst auf. Die Gepäcktaschen füllten sich bei jeder Tour, den in zwei Jahren zusammengekommenen Pfanderlös, immerhin 300 Euro, spendete er – und begeisterte die Weikersheimer Schulen von seiner Idee.
Über die an der Kraft zu Hohenlohe-Schule, Gemeinschaftsschule und Gymnasium aufgestellten Sammelbehälter wurden Hilfsprojekte des aus Weikersheim stammenden Comboni-Missionars Günter Hofmann ebenso gefördert wie beispielsweise ein Schulprojekt in Nepal, ein Hilfsprojekt für körperbehinderte Beduinenkinder in Israel oder ein Schulspeisungs-Programm in Kenia.
Es ist sein Glaube, der Günter Plonka immer wieder zum ehrenamtlichen Engagement im kirchlichen und bürgerschaftlichen Bereich motiviert. Fürs geistliche „Auftanken“ zieht es ihn immer mal wieder für ein paar Tage in klösterliche Gemeinschaften – und nach Israel, das er nach inzwischen über 25 Besuchen fast so gut kennt wie seine Gepäcktaschen am Rad. Auch wenn sich der 73-Jährige mittlerweile nicht nur aus dem Schuldienst, parteipolitischem und manch ehrenamtlichem Engagement zurückgezogen hat, bleibt er seiner Devise treu, gern auch mal „etwas jenseits der Norm, aber immer mit Maß und Mitte aus der Reihe zu tanzen.“
Na ja: Es kann darüber gestritten werden, ob über 5000 gefahrene Radkilometer noch Maß und Mitte darstellen. Klar aber ist, dass er nicht nur auf dem Rad auch weiter dafür wirbt, echter Mitmensch zu sein - auch gegenüber der Schöpfung, die es zu bewahren gilt.
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