Schäftersheim. „Es sind hauptsächlich Überlegungen zur Sicherheit“, hält Schäftersheims Ortsvorsteher Markus Lang fest, die zur Idee geführt haben, den Fußgänger- und Radler-Verkehr während der anstehenden Bauphase an der Tauberbrücke über die nahe Bahnbrücke zu führen. Das wird jetzt möglich dank eines engagierten Schulterschlusses zwischen Orts- und Stadtverwaltung, der Freiwilligen Feuerwehr Weikersheim und dem THW-Ortsverband Igersheim. Vermittelnd tätig war dabei Bundestagsabgeordnete Nina Warken – sie ist Präsidentin der Landesvereinigung des Technischen Hilfswerks.
Historische Verbindungswege
Ein gedanklicher Schritt zurück zum Verständnis der anstehenden Gesamtmaßnahme am geografischen Nadelöhr bei Schäftersheim und Weikersheim: Zwischen beiden Ortschaften verlief früher eine fast schnurgerade Verbindungsachse, vom Klosterhof durch den Torbogen bis zur alten Tauberbrücke und von dort aus weiter als „alte“ Schäftersheimer Straße bis zur Einmündung am Weikersheimer Friedhof.
Schnurgerade ist allerdings doch relativ, den einigermaßen parallel dazu schnauften vor einem Jahrhundert bis in die 1980er Jahre die Lokomotiven und Waggons der so genannten Gaubahn durchs Tal. Im Bereich des heutigen Kreisverkehrs bei der Firma Amon knickt die Schäftersheimer Straße leicht nach Westen weg, während die Bahntrasse sich früher über die heutige Kepler-Allee weiterzog und übers kleine L1001-Viadukt „hinten“ am Weikersheimer Bahnhof in die Vorbachtal-Bahnstrecke mündete.
Zuckerrüben aus dem Raum Niederstetten etwa: Sie rumpelten während der Kampagnen in ihren wuchtigen rostbraunen Verladewaggons den Vorbach hinunter und via Weikersheim und Bieberehren hinauf über die Gauebene nach Ochsenfurt ins Maintal zur Zuckerfabrik. Das ist Geschichte: Zunächst wurde der Personenverkehr auf dieser Bahnstrecke eingestellt, einige Jahre später endete auch der landwirtschaftliche Güterverkehr.
Immer stark frequentiert
Beide historische Weikersheimer Brücken bestehen aber bis heute: Am Tauber-Übergang bei Schäftersheim sind die beiden Verkehrswege nur wenige Meter von einander entfernt.
Schon seit langem beschäftigte den Weikersheimer Gemeinderat der Ersatzneubau „Tauberbrücke Schäftersheim“, denn wo die Eisenbahnbücke ihren Nutzen längst verloren hat, war die „normale“ Brücke noch immer stark frequentiert. Für den Auto- und Landwirtschaftsverkehr ist sie zwar gesperrt, aber sie ist trotzdem die direkteste Verbindung von hüben nach drüben. Und für den Spaziergänger ist das bucklige Sträßchen zudem wunderbar romantisch zu begehen, bietet es doch von der Brücke aus einen bezaubernde Überblick auf den mäandernden Lauf der Tauber.
Der Auftrag für einen neuen Betonüberbau mit Stahlträgern, die Sanierung der vorhandenen Widerlager und Pfeilerköpfe, sowie für einen neuen Brückenüberbau mit einem Holztragwerk, wurde in der Sitzung des Weikersheimer Gemeinderats vom 28. Januar vergeben. Nach der Sanierung sollen auch wieder Traktoren über die Brücke rollen können. Die ersten Planungen dafür reichen fast anderthalb Jahrzehnte zurück.
Täglicher Transit
Es ist vor allem der tägliche Schülerverkehr über die Brücke, der dem Schäfterheimer Ortsvorsteher Markus Lang und dem Ortschaftsrat Sorgen machte. Die Baumaßnahme wird voraussichtlich Mitte April beginnen. Als Bauzeit sind rund sechs Monate veranschlagt worden. So lange müsste der Schüler-Transit sich entlang der viel befahrenen Taubertalstraße bewegen – ein erheblicher Risikofaktor.
So kam es im Ortschaftsrat schließlich zur Idee, die stillgelegte und seit langem behelfsmäßig abgesperrte Bahnbrücke für den Fußgänger- und Radverkehr zu reaktivieren. Bei einem Vor-Ort-Termin am Wochenende kamen Ideengeber, Planer und Umsetzende zu einer Besprechung zusammen.
Die stählerne Eisenbahnbrücke ist städtisches Eigentum, wie Bürgermeister Klaus Kornberger erläuterte. Die Stadt werde für das Baumaterial sorgen und die Behelfsbrücke als Auflagekonstruktion mit Geländer direkt und fest auf den vorhandenen massiven Stahlträgern verankern. Kornberger würdigte die Zusammenarbeit von örtlicher Feuerwehr und dem THW.
Die Igersheimer bringen neben „Manpower“ ihre Expertise bei Brückenkonstruktionen ein und sorgen für die Arbeitssicherheit während der Bauphase. Weil der Unterbau ja bereits existiert, rechnet THW-Ortsbeauftragter Marco Wieczorek nicht mit Problemen. Trotzdem müsse man natürlich mit Vorsicht ans Werk gehen. Der Arbeitsplatz befindet sich in durchaus luftiger Höhe über dem Wasserspiegel des Flusses. Für Feuerwehrkommandant Jürgen Friedel ist das Projekt ebenfalls spannend – immerhin arbeiten dabei zwei unabhängige technische Hilfsorganisationen Hand in Hand zusammen und können so gemeinsame Erfahrungen sammeln.
Arbeiten haben bereits begonnen
Das Vorhaben zeigt auch, wie schnell und unbürokratisch Abstimmungen mitunter gehen können. Der Erstkontakt von Ortsvorsteher Lang zu MdB Warken war erst im Januar – an den kommenden Wochenenden wird bereits an der Behelfsbrücke gebaut. Auch der Schäftersheimer Ortschaftsrat will sich nach Möglichkeiten an der Baumaßnahme beteiligen.
Bereits am Montag wurde mit dem Bau einer Rampe auf Schäftersheimer Seite begonnen. Dort geht die historische Bahnbrücke in einen Damm, bzw. eine flachere Brückenkonstruktionen für den Hochwasserfall über. Im Dammbereich wird eine Zuwegung von der Straße her über ein privates landwirtschaftliches Grundstück auf die Dammkrone hinauf geschaffen.
Einst war die Bahnstrecke doppelt „königlich“
Die so genannte Gaubahn war eine eingleisige Bahnstrecke zwischen Main- und Tauberfranken. Der größte Teil verlief in Bayern, nur ein kleinerer in Baden-Württemberg. Sie führte von Ochsenfurt über Bieberehren nach Weikersheim, bzw. umgekehrt.
Die rund 36,5 Kilometer lange Nebenbahn wurde von den Königlich Bayerischen Staatseisenbahnen im Jahr 1907 bis Röttingen eröffnet. Nach Staatsverträgen wurde sie Ende 1909 bis Weikersheim verlängert. Das letzte Stück war „Königlich Württembergisch“.
Ab der bayerischen Enklave Bieber-ehren gab es gleichzeitig noch eine Abzweigung bis ins württembergische Creglingen.
Aufgrund einer baufälligen Brücke wurde der Abschnitt Röttingen/Schäftersheim im Jahr 1984 stillgelegt. Nach Einschränkungen zwischen Weikersheim und Schäftersheim endete der Güterverkehr 1990. Zwischen Ochsenfurt und Röttingen wurde der Verkehr endgültig am 31. Mai 1992 eingestellt. Bis Anfang 1994 sind die Gleise abgebaut worden.
Teile der Trasse wurden als Gaubahnradweg ausgebaut und damit touristisch reaktiviert. mrz
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