Tauberbischofsheim. Das Interesse war groß und die meisten Plätze besetzt im Veranstaltungsraum des Gründerzentrums. Mehr Männer als Frauen, mehr Ältere als Jüngere waren gekommen, um sich von Vertretern der Stadt, des Regionalverbands und der Projektierergesellschaft ZEAG das Vorhaben und das Verfahren erläutern zu lassen.
Zunächst nahm Anette Schmidt die geänderte rechtliche Lage in den Blick. Wurden bislang Konzentrationszonen für Windkraftanlagen im Flächennutzungsplan der Verwaltungsgemeinschaft Tauberbischofsheim, Werbach, Königheim und Großrinderfeld ausgewiesen, soll dessen steuernde Wirkung künftig entfallen. Bis zum 31. Dezember 2032 sollen 1,8 Prozent der Fläche für Windenergie zur Verfügung stehen, Baden-Württemberg will das bereits bis Ende September 2025 schaffen. „Bei einer Gesamtfläche Tauberbischofsheims von 7000 Hektar haben wir momentan mit 65,8 Hektar für die Windenergie 0,95 Prozent dieses Flächenziels erreicht“, so die Bürgermeisterin. Falle die Privilegierung auf Grundlage der im Flächennutzungsplan festgeschriebenen Vorrangflächen weg, sei die gesamte Stadtfläche privilegiert und jeder Investor könne sich einen Land besitzenden Privatmann suchen, um ein Windrad zu errichten.
Dem wolle die Stadt entgegenwirken, indem sie selbst aktiv wird und im Idealfall auf städtischen Flächen Windkraftanlagen errichtet, so Schmidt. „Wir wollen agieren und nicht reagieren.“ Weiterer Vorteil: Erzielte Einnahmen sollen in der Stadt bleiben und die Bürger per genossenschaftlichen Anteilen am Erlös teilhaben.
Erneuerbare sind Standortfaktor
Klaus Mandel, Direktor des Regionalverbands Heilbronn-Franken, ging auf die allgemeinen Rahmenbedingungen wie Digitalisierung, Dekarbonisierung, Deglobalisierung, den durch den Klimawandel notwendigen Handlungsbedarf oder die Zunahme der Sonnentage ein. „Erneuerbare Energien sind relevant und ein echter Standortfaktor“, blickte Mandel auf die Großinvestitionen von Untenhemen wie Tesla in Brandenburg oder Intel in Sachsen-Anhalt. Laut Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg sollen zuzüglich zu den 1,8 Flächenprozent für Windenergie 0,2 Prozent für Freiflächenphotovoltaik zur Verfügung stehen. Und er merkte an: „Windkraft und Freiflächenphotovoltaik ergänzen sich.“
Harald Endreß, Geschäftsführer der ZEAG Erneuerbare Energien, versprach für die Windenergieplanung in der Kreisstadt: „Die Stadt Tauberbischofsheim, ihre Bürger und die ZEAG setzen gemeinsam vor Ort die Energiewende um.“ Er erläuterte, dass die 2011 gegründete Tochtergesellschaft zum Bau und Betrieb von Erneuerbaren Energieanlagen nunmehr 33 Gesellschaften habe – eine davon die Erneuerbare Energien Tauberbischofsheim. Per zu gründender Genossenschaft könne ein Bürger-Energie-Modell entwickelt werden.
175 Meter Gesamthöhe
Den momentanen Sachstand bei der Planung der vier Windenergieanlagen legte Thomas Ellmer, Projektentwickler bei der ZEAG, dar. In den Blick genommen seien zwei Standorte für jeweils zwei Windräder: einer auf der Gemarkung von Hochhausen, der andere im Gewann „Tannen“ auf der Gemarkung Tauberbischofsheim. Dabei handele es sich – nach aktuellem Stand der Planungen – um Enercon-Anlagen mit einer Nabenhöhe von 162 Metern und einem Rotordurchmesser von 175 Metern. Gerechnet werde mit 6000 Kilowatt Leistung pro Anlage, was 13 Millionen Kilowattstunden Strom bedeute, der rund 4150 Haushalte versorgen könne.
Vorabschätzungen für einen astronomisch möglichen Schattenwurf und den Schall lägen bereits vor. Der Flächenbedarf betrage jeweils 0,5 Hektar, entsprechend der Vorgaben werde nach Möglichkeit im direkten Umfeld wieder aufgeforstet.
Natur- und Vogelschutz im Fokus
Bei der sich anschließenden Fragerunde ging es um den Infraschall, der laut Ausführung von Dr. Armin Stremlau in niedrigen Bereichen gar nicht gemessen werde. Weiterer Aspekt etlicher Bürger waren der Natur-, Pflanzen- und Vogelschutz, die befürchtete Verdichtung von Zufahrtswegen oder eine mögliche Verbreiterung dieser, der Schutz von Kulturdenkmälern, wie uralten Grenzsteinen, die Nähe des Bereichs „Tannen“ zum riesigen Naturschutzgebiet Brachenleite, Sichtbeziehungen und die notwendige Einbindung in das Verfahren vom örtlichen Nabu und der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald.
Thomas Ellmer und Bürgermeisterin Anette Schmidt meinten, dass sich bei den Öffentlichkeitsanhörungen jeder Bürger zu Wort melden und Einwendungen einbringen könne. Der zeitliche Rahmen des komplexen Verfahrens bis zur Inbetriebnahme der Windkraftanlage wird derzeit mit dem Jahr 2029 angegeben.
Info: Die Präsentationen, die auf der Infoveranstaltung gezeigt wurden, finden Sie auf der Homepage der Stadt Tauberbischofsheim.
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