Odenwald-Tauber. „Wir deutschen Landwirte produzieren qualitativ hochwertige und nachhaltige Lebensmittel, die einen angemessenen Preis verdienen“, äußert sich Thomas Landwehr aus Harthausen. Die Politik müsse dies besser publizieren – Verbrauchern und Einzelhandel. Es könne nicht sein, dass Lebensmittel im Ausland produziert werden, in Deutschland weiterverarbeitet oder verpackt werden und somit als deutsches Produkt in den Handel gingen.
Ähnlich sieht es Kai Vogel aus Werbach: „Wir Landwirte wollen qualitativ hochwertige Nahrungsmittel produzieren und dafür in Gedanken, Taten und auch finanziell gewürdigt werden.“ Streicheltierhalter wolle man genau so wenig sein wie reine Landschaftspfleger – und ganz gewiss auch nicht die alleinigen Insektenschützer werden. „Deshalb wünschen wir uns einen Landwirtschaftsminister, der alle Facetten der deutschen Tierhaltung und Nahrungsmittelproduktion kennenlernt, objektiv bewertet und hoffentlich zu dem Ergebnis kommt, die deutsche Tierhaltung und Nahrungsmittelproduktion zu unterstützen.“
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Der Weikersheimer Landwirt Norbert Beck hofft, dass „die neue Bundesregierung unsere Leistungen in Sachen qualitativ hochwertige Lebensmittel, Tier-, Klima-, Boden- und Naturschutz sowie Pflege der Kulturlandschaft wertschätzt“ und so honoriere, dass die nachfolgende Generation auch noch von der Bewirtschaftung ihrer Höfe gut leben kann. Außerdem wünscht er sich, dass die Bauern durch Produktion regenerativer Energien nachhaltig Wertschöpfung generieren können.
„Meine Erwartungen an die neue Regierung sind, dass es EU-einheitliche Auflagen und Richtlinien gibt und nicht jedes EU-Land sowie jedes Bundesland nochmals selbst sein ,Süppchen’ kochen darf“, meint Laura Frank aus Schweigern. Zudem würde sie sich freuen, wenn es in Bälde mehr Planungssicherheit gebe und man weitaus sicherer in die Zukunft schauen könne, damit tatsächlich die landwirtschaftlichen Familienbetriebe überleben.
Marco und Heidi Lang aus Creglingen-Schön plädieren für „klare Aussagen zur Zukunft der bäuerlichen Landwirtschaft“ und wollen wissen, ob Landwirtschaft mit Tierhaltung überhaupt noch gewollt wird. Weiterhin müsse eine eindeutige Herkunftskennzeichnung im Einzelhandel kommen. Und sie erhoffen sich schnelle und unbürokratische Unterstützung für Ferkelerzeuger, denn „sonst gibt es bald keine mehr“.
„Mein größter Wunsch an die neue Bundesregierung ist, dass politische Entscheidungen basierend auf belastbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen getroffen werden – und nicht aufgrund von parteipolitischen Idealen oder populistischen Anschauungen“, teilt Stefan Fröber, Geschäftsführer des Bauernverbandes Main-Tauber, mit.
„Wir brauchen unsere Landwirtschaft zum Leben“, fordert Franz-Josef Dertinger aus Honsbronn. Von der neuen Bundesregierung erwarte er eindeutig mehr Wertschätzung der bäuerlichen Arbeit, dazu faire, korrekte Behandlung aller Betriebe und keine einseitigen Sonderbehandlungen – etwa öko versus konventionell. Mehr Ökologisierung (Blühstreifen, Blumenwiesen, Bio) ja, aber es sei auch Fakt, dass „wir uns immer noch von Brot, Milch, Käse, Fleisch oder Eiern ernähren und (noch) keine Blumen essen“. Jeder landwirtschaftliche Betrieb biete auch Arbeitsplätze, da stehe eine Familie dahinter, die davon auskömmlich leben wolle und müsse. Dies müsse besser honoriert werden. „Ob Cem Özdemir der Richtige für dieses Amt ist, wage ich zu bezweifeln – man sollte davon auch Ahnung haben“, sagt Dertinger. Vor vielen Jahren sei es stets so gewesen, dass das Landwirtschaftsministerium auch von Personen geleitet worden sei, die aus eben dieser Branche gekommen sind. „Cem Özdemir hat ja erst vor kurzem völlig überraschend davon erfahren . . .“
Rudolf Schönit aus Buchen/ Walldürn wünscht sich vom neuen Landwirtschaftsminister „mehr Wertschätzung für die Lebensmittel, die wir herstellen, keine Billigangebote mehr, Preise, die die hohen Standards in der Produktion, die artgerechte Tierhaltung und innovative Technik nachhaltig zulassen“. Des Weiteren spricht er sich für eine Perspektive für Tierhaltung mit nachhaltigen Preisen (Zuverlässigkeit) aus und gegen Gräben zwischen Bio- und konventioneller Landwirtschaft. Und: „Die Darstellung der Landwirtschaft in den Medien muss sich verändern. Sie ist kein Ponyhof, wir brauchen auch eine Entlohnung für Arbeit und Kapital.“
Der Buchener Herbert Kieser appelliert an den Nachfolger von Julia Klöckner, die bäuerlichen Familienbetriebe und deren Strukturen zu erhalten. „Das ständige Wachsen oder Weichen muss beendet werden, da es für die meisten Betriebe nicht zielführend ist.“ Es sei genau diese Art der Betriebe, die dazu beitrügen, die ökologische Artenvielfalt aufrechtzuerhalten und zu fördern. Junge Hofnachfolger bräuchten zudem dringend auf ihren Betrieben Planungssicherheit und Perspektiven. „Jedes Hoftor, das zugemacht wird, ist eines zu viel.“ Lebensmittel seien Mittel zum Leben. Diese Akzeptanz und Wertschätzung solle und müsse in die Gesellschaft hineingetragen werden. „Der ewige Preiskampf der Discounter und die Lebensmittel-Verramschung muss sofort beendet werden.“ Aus seiner Sicht seien höchste Priorität für Politik, Gesellschaft und Landwirtschaft die Erhaltung der Schöpfung und In-Einklang-Bringen von Ökologie und Ökonomie. „Um diese kurz gefassten Aufgaben zu erfüllen, hat der neue Landwirtschaftsminister viel zu tun.“
Einheitliche Produktionsbedingungen innerhalb Europas mahnt der Boxberger Stefan Graf an. Denn die Produktionskosten der deutschen Landwirtschaft könnten nicht mit denen in anderen Staaten in Europa verglichen werden. Die produzierten Waren in Deutschland wiesen beste Qualitäten auf, dazu müssten aber unzählige Auflagen erfüllt werden, was in vielen anderen Ländern so nicht der Fall sei. Aber die deutsche Landwirtschaft müsse mit sehr günstig produzierten Waren etwa aus Osteuropa konkurrieren. „Die vielen Auflagen, die eingehalten werden müssen, sollten auch zu höheren Verkaufserlösen führen.“
Die Sicherung der Nahrungsmittelrohstoffproduktion im eigenen Land und damit den Erhalt der heimischen, bäuerlichen, familiengeführten landwirtschaftlichen Betriebe haben Anja und Alexander Kraft aus Schweigern im Blick. Importierte Nahrungsmittelrohstoffe müssten unter den gleichen Produktionsbedingungen erzeugt worden sein wie im eigenen Land – ansonsten Kennzeichnungspflicht, Importstopp oder Außenschutz vor Dumpingware. „Land grabbing“ durch außerlandwirtschaftliche Investoren müsse dringend unterbunden werden, ebenso sei der Fokus auf eine Gleichbehandlung der landwirtschaftlichen Betriebe, ob konventionell oder biologisch wirtschaftend, zu legen. Und die zwei machen sich für langfristig auskömmliche sowie existenzfähige Preise auf die produzierten Agrarrohstoffe ohne staatliche Stützung und damit verbunden eine teilweise Entbürokratisierung stark.
„Die Nahrungsmittel, die unter extrem erhöhten Tier- und Umweltstandards in Deutschland erzeugt werden, müssen einen besonderen Schutz erhalten und preislich honoriert werden“, geben Sabine und Rainer Ott aus dem Weikersheimer Stadtteil Nassau an. Es sei anzunehmen, dass die Auflagen diesbezüglich unter der jetzigen Regierung noch zunehmen werden. Nahrungsmittel, die vom Ausland eingeführt werden, müssten gleichen Standards entsprechen. Weiterhin sei es wichtig, Wettbewerbsverzerrungen auszugleichen, um nicht weiter die inländische Produktion zurückzufahren. „Eine Grundversorgung mit in Deutschland erzeugten Lebensmittel ist unabdingbar, wie uns die jüngste Pandemie gezeigt hat.“ Die beiden plädieren dafür, weitere Standbeine in der Erzeugung erneuerbaren Energien, oder im Tourismus zu ermöglichen und mahnen „mehr Sachlichkeit in den Aussagen der Verantwortlichen“ an.
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