Land und Leute - Idee wurde während einer Geburtstagsfeier geboren / Regelmäßige Aktionen

Höpfingen: Verein „Bürger für Bürger” setzt sich für Nachbarschaftshilfe ein

2008 wurde in Höpfingen der Verein „Bürger für Bürger“ gegründet. Was genau dahinter steckt, erzählt die langjährige Vorsitzende Brigitte Liebler den FN.

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Adrian Brosch
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Eine Aktionsveranstaltung des Vereins „Bürger für Bürger“ ist die alljährliche Bürgerverein-Fastnacht, die zuletzt 2020 stattfand. © Verein Bürger für Bürger

Höpfingen. Nachbarschaftshilfe ist ein Wort der Stunde – in Zeiten des demografischen Wandels umso mehr. Was viele Kommunen erst nach und nach umsetzen, ist im kleinen Höpfingen seit mehr als zehn Jahren eine Erfolgsgeschichte, die weit mehr als die „Mittwochstreffs“ und den 2011 veröffentlichten, als früher Vorläufer der „Höpfi-App“ anzusehenden Bürger-Ratgeber umfasst: 2008 wurde der Verein „Bürger für Bürger“ als Vorbote heutiger Nachbarschaftshilfen gegründet.

Die Idee zu jenem damals wegweisenden, ohne Dachverband konzipierten und auch überörtlich vorgestellten Projekt ergab sich während eines Gesprächs bei einer Geburtstagsfeier: „Höpfingen verfügte damals über kein Lebensmittelgeschäft mehr, wies einen recht beschränkten öffentlichen Nahverkehr auf und auf der anderen Seite betagte, alleinstehende Einwohner mit in der Ferne lebenden Kindern“, blickt die bis vor Kurzem als Vorsitzende tätige Brigitte Liebler zurück.

Gründung am 14. November

Da sich nicht jeder an Vereine binden wollte – teils auch aus gesundheitlichen Gründen – begrenzten sich Kontakte häufig auf Begegnungen nach dem Kirchgang oder auf dem Friedhof. Darüber hinaus ergaben sich Fragen, wer denn in Notsituationen den Rasen mähen, die Post entgegen nehmen oder im Winter den Schnee räumen könnte. „Generell war und ist das Nachbarschaftsdenken in Höpfingen sowie Waldstetten zwar groß und man hilft sich, doch stellten wir uns damals die Frage, ob das auch künftig so sei und wie man tätig werden könnte, um in der Heimat für die Menschen der Heimat etwas zu bewegen“, schildert die inzwischen 71-jährige pensionierte Lehrerin.

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So erarbeitete man gemeinsam mit den Freien Wählern unter Alfred Nohe ein Konzept und legte es dem damaligen Bürgermeister Ehrenfried Scheuermann vor. In enger Zusammenarbeit wurde eine Satzung aufgestellt, die am 14. November 2008 zur Gründungsversammlung des Vereins mit seinen zwei Standbeinen – Ermöglichen sozialer Kontakte über Begegnung und Hilfe in Notsituationen – führte.

„Von damals 35 Personen wuchs die Mitgliederzahl auf inzwischen 200 an, wobei keine Mitgliedsbeiträge erhoben werden und jeder ehrenamtlich arbeitet“, betont Brigitte Liebler. Damals wie heute tritt die Gemeindeverwaltung als Schirmherr auf, so dass der amtierende Bürgermeister – zur Zeit Christian Hauk – kraft Amtes dem Vorstand angehört. Gleiches gilt für die katholische und evangelische Kirchengemeinde: Beide haben jeweils einen Delegierten im Beirat, um die auf Höpfingen und Waldstetten zugeschnittene Arbeit mitgestalten zu können.

Aber was machen die „Bürger für Bürger“ eigentlich? Brigitte Lieblers Antwort ist eindeutig: „Unser Motto ist ,Engagement für mehr Lebensqualität – wir alle können sie gestalten’. So geht es darum, Alteingesessene und Neubürger miteinander bekannt zu machen, nicht nur durch regelmäßige Spenden ein gutes Miteinander mit der Schule, den Kindergärten und Vereinen zu pflegen und Treffpunkte offen zu halten, die der Allgemeinheit zugänglich sind“, umschreibt sie die Ziele.

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Konkurrenzsituation vermeiden

Von Anfang an vermieden wird dabei eine mögliche Konkurrenzsituation mit Sozialstationen oder Taxiunternehmen: „Wir bieten keine Dauerdienste an, sondern nur Hilfsangebote in Notfällen wie Schneeschieben oder Fahrten etwa zu Ärzten – zumal alles andere die Kapazitäten unserer Ehrenamtlichen übersteigen würde“, gibt Liebler zu bedenken.

Einen festen Platz im Kalender vieler Höpfinger haben dabei die vor der Corona-Pandemie stets gut besuchten, zur Zeit von Agnes Sauer und Elli Häfner und davor lange Jahre von Rosemarie Hauck organisierten Mittwochsrunden bei Kaffee oder Tee mit bis zu 2000 Besuchern pro Jahr, die von Ilse Hefner organisierten Ausflüge, die von Rosemarie Hauck betreuten Spielenachmittage. Auch die Donnerstags- und Aktionsveranstaltungen in der Bürgerstube im Alten Rathaus oder im katholischen Gemeindezentrum, deren Bandbreite über die Jahre von Vorträgen, Autorenlesungen und Bastelnachmittagen über gemeinsames Singen bis hin zu einer Modenschau reichte, finden regelmäßig großen Andrang.

Die Fackelwanderung – hier ein Bild aus dem Jahr 2018 – ist fester Bestandteil des Jahreskalenders. © Verein "Bürger für Bürger"

Auch beteiligte man sich mit einem antiken Krämerladen am „Seinerzeitfest“ 2011; ein Höhepunkt sind zudem Jahr für Jahr die Fackelwanderungen mit der Freiwilligen Feuerwehr. Nicht zu vergessen wäre neben der ab 2015 über Sprachhilfen und Einzelbetreuungen durch ehrenamtliche Helfer geleisteten Flüchtlingshilfe noch die Kooperation mit der Schule sowie den Kindergärten Höpfingens und Waldstettens.

Ein- bis zweimal im Monat gestaltete der Verein vor Corona zumeist von Erstklässlern besuchte Nachmittage mit auf die Jahreszeiten abgestimmten Angeboten. „Die Kinder freuten sich immer und statteten uns Dankesbesuche ab, an denen sie zum Beispiel gesungen oder kleine Theaterstücke aufgeführt hatten“, so Brigitte Liebler.

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Überörtlich ist man Mitglied der Nachbarschaftshilfe Hardheim und Umgebung, deren Gründungsphase man begleitete, und pflegt Kontakte zum Kreisseniorenrat sowie zum Ehrenamtszentrum des Landratsamts. Brigitte Liebler bringt darüber hinaus ihre während eines in Heidelberg absolvierten Gasthörerstudiums der Gerontologie (Altersforschung) gewonnenen Erkenntnisse mit ein. „Auch der fortwährende Austausch mit Gleichgesinnten bringt wertvolle Ideen und Anregungen“, räumt sie ein.

Für Brigitte Liebler waren die dreizehn Jahre als Vorsitzende des Vereins „Bürger für Bürger“ eine besondere Zeit ihres Lebens, wie sie erzählt: „Ich wurde öfters gefragt, wieso ich das machte – aber ich habe es nicht nur für anderen getan, sondern auch für mich. Jede Erfahrung war bereichernd“, bemerkt sie, „und die schönsten Momente bestanden für mich darin, verschiedenste Altersgruppen und Menschen zusammen zu sehen und das herzliche Miteinander zu erleben“.

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Gäste haben Verständnis

Es sei „ein schönes Gefühl, soziale Kontakte zu pflegen oder zu helfen“. Doch genau das fehle den Menschen gegenwärtig: „Wir mussten im März 2020 über Nacht die Bürgerstube schließen und alle Angebote bis auf weiteres abbrechen“, fährt sie fort. Oft werde sie gefragt, wann man wieder kommen könne: „Unsere Gäste haben Verständnis, fragen aber vermehrt nach und vermissen ihre Treffs“, schildert Liebler.

Wann es weiter gehe, könne man derzeit nicht sagen – man hoffe aber, die Türen der Bürgerstube bald wieder öffnen zu können. Natürlich für alle Generationen, mit Kaffee oder Tee, guter Laune und – wie es in „Höpfi“ eben üblich ist – der Gelegenheit zum „Kousche“ in froher Runde.

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