Walldürn. Walldürn strahlt Historie aus. Die Stadt hat eine lange Tradition und setzt diese auch als Marke etwa im Tourismus ein. Aber nur Geschichte verwalten, das ist nicht im Sinne von Bürgermeister Markus Günther. Der Blick geht auch nach vorne.
Walldürn. Geschichte atmet schon der Ort des Treffens. Im kleinen Sitzungszimmer des Alten Rathauses unterhalten sich der Walldürner Bürgermeister und Meikel Dörr, Leiter der Stabsstelle Bürgermeister, mit den FN. Und deutlich wird hier auch der Zweiklang Tradition und Moderne. Der Raum hat Patina: Die Balken an der Decke, die Stühle, der Tisch – aber an der Wand hängt ein großer Touchscreen-Bildschirm. „Da haben wir alle Daten sofort griffbereit. Bei Sitzungen, aber auch bei Gesprächen mit Interessenten oder Investoren.“ Vorbei die Zeiten, in denen in Aktenordnern geblättert wurde oder große Lagepläne auf dem Tisch ausgebreitet wurden.
Walldürn: Zahlen und Fakten
Höhe: 416 Meter über NHN.
Fläche: 10 591 Hektar.
Einwohner: 11 636.
Bevölkerungsdichte: 110 Einwohner je Quadratkilometer.
Postleitzahl: 74731.
Vorwahlen: 06282 und 06285 und 06286.
Kfz-Kennzeichen: MOS, BCH.
Siedlungs- und Verkehrsfläche: 1171 Hektar.
Landwirtschaftsfläche: 4787 Hektar.
Waldfläche: 4542 Hektar, davon 3333 Hektar Stadtwald.
Stadtgliederung: Die Stadt besteht aus Walldürn-Stadt, Altheim, Gerolzahn, Glashofen und Neusaß, Gottersdorf, Hornbach, Kaltenbrunn, Reinhardsachsen, Rippberg und Wettersdorf.
Homepage: www.wallduern.de
Und so geht der Blick beim Gespräch denn auch eher in die Zukunft – nach einem kleinen Schwenk zurück. In der Stadt wird gerade viel gebaut, an Straßen und in und an Gebäuden.
„Da gerät gerne etwas in Vergessenheit, dass wir in den vergangenen Jahren schon vieles erreicht und auf den Weg gebracht haben“, sagt der Bürgermeister. Etwa der Neubau der Turnhalle in der Keimstraße, die Sanierung der Unteren Vorstadtstraße oder die gerade laufende Sanierung der Oberen Vorstadtstraße. Manchem mögen die Baustellen manchmal etwas viel vorkommen, zumal sie gewisse Beschränkungen mit sich bringen. Etwa für Autofahrer oder Fußgänger. „Man muss die Sache aber vom Ende her denken“, so Günther.
Beispiel Grundschule: Die wird ab Herbst saniert, was eine Umstellung des Schulalltags mit sich bringt. Nicht nur die Grundschüler, sondern auch für die Schüler der Konrad-von-Dürn-Realschule und der Auerberg-Werkrealschule. Denn die Schüler aller drei Schulen werden in der rund zweijährigen Bauzeit im Auerberg-Schulzentrum unterrichtet.
Das erfordert eine gute Planung und Kompromissbereitschaft. „Aber am Ende haben wir eine moderne Grundschule mit historischem Flair. Das wird für Schüler und Lehrer eine Erleichterung sein.“ Und das ist auch bei der Straßensanierung so. „Alle sind zufrieden, wenn sie nicht mehr über eine Holperstrecke fahren müssen.“
Großes Potenzial sehen Günther und Dörr im Tourismus. Das merke man bei den Unterkunftsmöglichkeiten, „Hier gibt es mehr Nachfrage, als wir befriedigen können“, sagt Günther. „Das ist nicht gut.“ In Zeiten von Corona hat die Zahl der Menschen zugenommen, die Reiseziele im eigenen Land entdeckt oder wiederentdeckt haben.
Und da hat die Stadt einiges zu bieten: Walldürn hat viel Wald, eine tolle Luft, eine schöne Umgebung, Wanderwege und Sehenswürdigkeiten. „Hier schlummert ein Potenzial, das noch nicht vollständig ausgeschöpft ist.“ Und was Übernachtung und Unterkunft angeht, da arbeite man an einer Lösung und verhandele mit einem Investor.
Das Übernachten ist natürlich nur ein Faktor, mit dem man bei Touristen Punkte sammelt. „Entscheidend ist auch die Aufenthaltsqualität“, so der Bürgermeister. „Innenstadtentwicklung“ ist hier das Zauberwort, mit dem man in Walldürn in die Zukunft gehen will. Dazu gehöre etwa die Sanierung maroder oder unansehnlicher Häuser und Plätze – soweit das in der Hand und den Möglichkeiten der Stadt liegt. Einiges sei hier erreicht worden, so Günther, der hier die neue Querspange, die Sanierung der Unteren Vorstadtstraße oder der Kolpingstraße anspricht. „Die Eingangstore einer Stadt sind von großer Bedeutung, denn oft entscheidet der erste Eindruck.“ Man habe eine tolle Innenstadt, die solle Aufenthaltsort sein – und nicht nur Durchfahrtsstation.
So viel schon geschehen ist, so viele Meter sind auf dem Weg noch zu gehen. In der letzten Sitzung des Gemeinderates vor der Sommerpause ging es auch um die städtebauliche Feinuntersuchung für die Innenstadt. Eine große Aufgabe, „die nicht einer Generation zu erledigen ist“.
Klima- und Umweltschutz sind Themen, die in Walldürn ganz oben auf der Agenda stehen. Die Stadt war hier etwa mit dem Windpark in Altheim einer der Vorreiter. Mit der geplanten Photovoltaikanlage in Altheim, einer Agri PV-Anlage oder neuen Windrädern erreiche die Stadt eine Energiebilanz, die sich sehen lassen kann. „Bei einem Verbrauch von 16 Megawattstunden Strom pro Jahr erzeugen wir jetzt schon 27 Megawattstunden mit Erneuerbaren Energien.“ Wenn andere Gemeinden eine ähnliche Bilanz hätten, stünde es um das Klima besser, ist der Bürgermeister überzeugt.
Unter das Kapitel Klimaschutz fallen auch die Blühwiesen, die die Stadt in Eigenregie angelegt hat, die Aufnahme in ein Förderprogramm wäre mit zu vielen Auflagen verbunden gewesen. Fazit: „Das können wir auch selber machen.“ Und zwar so gut, dass jetzt über die Walldürner Aktion im Staatsanzeiger berichtet wird.
Walldürn, das ist mehr als die Kernstadt. Die Ortsteile mit ihrem eigenem Charisma geben der Stadt ebenfalls ihr Gepräge, so der Bürgermeister. In den Ortsteilen wurde vieles erledigt, aber auf der Liste stehen natürlich immer noch Dinge, die zu erledigen sind. Etwa der Umbau der Grundschule in Rippberg, das Feuerwehrgerätehaus in Glashofen oder der Umbau des Rathauses in Altheim. Ein wichtiges Thema ist die Schaffung von Bauplätzen. Hier gebe es eine große Nachfrage, „nicht nur in den Ortsteilen“.
In der Kernstadt sei man etwa beim Gebiet „Neuer Wasen II“ mit fast allen Eigentümern handelseinig. Und das Gebiet „Vorderer Wasen“ – ein Streitthema in der Stadt – sei nicht aufgegeben, so der Bürgermeister weiter. Dem schon klar ist, dass er sich mit einer solchen Aussage nicht nur Freunde macht. „Es ist aber utopisch zu sagen, dass wir alles mit der Innenentwicklung lösen können.“
Info: Weitere Bilder gibt es unter www.fnweb.de in einer Galerie.
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Walldürn hat eine lange Siedlungsgeschichte. Nach Funden im Quellgebiet des Marsbaches kann gefolgert werden, dass bereits vor circa 5000 Jahren Jungsteinzeitmenschen dort siedelten. In der Hallstattzeit um 600 v. Chr. wohnten Kelten am gleichen Platz, die sich im Laufe der folgenden Jahrhunderte mit germanischen Sueben mischten. Um 150 n. Chr. drangen die Römer hier ins Land vor.
Die fränkische Siedlung „Turninu“ wird erstmals im Jahre 794 n. Chr. in einer Schenkung an das Kloster Lorsch genannt.
Ein prägendes Gebäude ist das Rathaus, 1448 erbaut. Seitdem ist es ununterbrochen der Sitz des Bürgermeisters – und somit das dienstälteste Rathaus Deutschlands mit dessen durchgehendem Sitz.
Weitere markante Gebäude sind das Schloss, heute Sitz der Verwaltung, und das Stadt- und Wallfahrtsmuseum.
In der Kernstadt lohnt eine Führung mit Besuch der Wallfahrtsbasilika.
Walldürn hat eine einzigartige Museumslandschaft: Odenwälder Freilandmuseum, Stadt- und Wallfahrtsmuseum, Elfenbeinmuseum, Museum Zeit(T)räume, Haus der Bahngeschichte, die Grünkerndarren in Altheim und das Lichtermuseum in Wettersdorf bieten eine große Bandbreite. Dazu kommen noch die Walldürner Kunstmeile, der Limeslehrpfad und das Römerbad.
Walldürn ist der älteste Bundeswehrstandort in Nordbaden. Ende 1958 zogen die ersten Soldaten in die damals noch namenlose Kaserne ein. Die offizielle Übergabe an die Truppe fand am 4. April 1959 statt. 1964 er–hielt die Kaserne den Namen „Nibelungenkaserne“, in dem das Logistikbataillon 461 stationiert ist. mar
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