Außergewöhnliche Einblicke – mit den FN hinter den Kulissen Hardheims (1)

Hardheim: Wo das Gedächtnis der Gemeinde ruht

Wie sieht es denn da aus? Diese Frage haben sich die FN gestellt und sich deshalb dazu entschlossen, für Hardheimer Türen zu öffnen, und zwar an Orten, an die sonst keiner kommt. Im ersten Teil waren wir mit Bürgermeister Grimm im Schlossspeicher.

Von 
Maren Greß und Michael Fürst
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Hardheim. Jetzt muss er doch gleich vorbeispuken – der Schlossgeist von Ritter Wolf. Auf solche abstrusen Gedanken kommt man, wenn man sich eine Zeit lang im Speicher des Hardheimer Rathauses aufhält. Es ist düster, es muffelt leicht modrig. Immer wieder muss man große Schritte über mächtige Balken machen und an anderer Stelle den Kopf einziehen. „Dieser Zimmermannskunst ist einmalig“, findet Hardheims Bürgermeister Stefan Grimm, als er mit den FN durch das Dachgeschoss „seines Reiches“, dem Hardheimer Schloss, stiefelt. Er selbst ist erst das zweite Mal hier oben. Für Reporterin Maren Greß und Reporter-Chef Michael Fürst ist es der erste Besuch unterm Dach des Rathauses. Sie staunen nicht schlecht.

Diese Zimmermannsarbeiten aus der Mitte des 16. Jahrhunderts sind tatsächlich beeindruckend. Das Schloss wurde 1561 erbaut, in einer Zeit also, in der das düstere Mittelalter das Licht gerade ausgeknipst hatte und sich in der frühen Neuzeit Erfindung an Erfindung reihte und die Menschen von einem Entdeckergeist getrieben waren. Zu entdecken gibt es auch unterm Dach des Schlosses vieles. Es wurden einige Pressspanplattenwände eingezogen und somit Archivräume geschaffen – für das Hauptamt, das Bauamt und für die Personalakten.

Exklusive Aussicht: FN-Reporterin Maren Greß mit Bürgermeister Stefan Grimm auf einem Balkon, den man nur über den Speicher des Schlosses betreten kann. © Fürst

Zunächst dürfen wir einen Blick ins Archiv des Hauptamtes werfen. Schnell wird klar: Wenn man sich für Historisches interessiert, zumal aus seiner Heimatgemeinde, könnte man sich hier einschließen lassen und tagelang stöbern; wenn es nicht so kalt wäre. Das Dach des Schlosses ist nicht isoliert. Auch der Bürgermeister ist schnell in einer Ecke verschwunden. Er hat einen alten Ordner herausgezogen mit der Aufschrift „Lohnsteuerkarten 1940“. Interessiert blättert er und sagt: „Wenn ich hier oben Zeit hätte, würde ich mich den Akten aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs widmen. Das interessiert mich.“ Unterdessen erklärt Sekretärin Anette Mayerhöfer – sie ist mit auf den Dachboden gestiegen – was es mit der badischen Lochung auf sich hat. Mit dieser Methode konnten Akten ohne Aktenordner liegend gelagert werden und waren somit länger „haltbar“.

Neue Perspektiven vom Balkon

Weiter geht es ins Archiv des Bauamtes. „Hier ist im Schnitt jede Woche jemand, um etwas nachzuschlagen“, berichtet Anette Mayerhöfer. Lagepläne, Baupläne, Kalkulationen für Bauwerke und bauliche Maßnahmen reihen sich aneinander. „Hochwasserschutz Doggenbrunnen“, „Die Nike-Stellung“, „Erfapark“ und, und, und. Die vielen Meter dieser Regale und die derer im Archiv des Hauptamtes würden, aneinandergestellt, einige Kilometer ergeben.

Doch das ist längst nicht alles. Bevor es an einen ganz besonderen Ort geht, treten wir erst einmal an die frische Luft. Stefan Grimm öffnet die Türe zu einem Balkon, der nur über den Speicher des Schlosses zu erreichen ist. Zusammen mit Maren Greß tritt er hinaus. Beim Rundumblick erkennt man freilich nichts Neues, doch man genießt die völlig neue Perspektive auf die alte Realschule, die Erftalhalle oder den Erfapark. Das Erlebnis „Speicher des Schlosses“ beginnt zu wirken.

Hinter den Kulissen

Jeder kennt’s, jeder weiß, wo es ist, doch kaum einer hat eine Ahnung davon, wie es dort aussieht: Diese Tatsache haben die FN zum Anlass genommen, um in der Serie „Außergewöhnliche Einblicke – mit den FN hinter den Kulissen Hardheims“ ganz besondere Türen von Hardheimer Bauwerken und Orten öffnen zu lassen. Im ersten Teil unserer Serie waren wir mit Bürgermeister Stefan Grimm und seiner Sekretärin Anette Mayerhöfer im Speicher des Schlosses – und ungeplanterweise dann sogar noch im Keller. red

Wieder drinnen lässt der Bürgermeister seine Gedanken kreisen: „Wir haben hier viel Platz. Vielleicht kann man den ja irgendwann einmal, irgendwie für kommunale Angelegenheiten nutzen.“ Baufällig wirkt hier nichts, trotz des Alters von gut 460 Jahren. Auch wenn es ganz hoch geht, in die zweite Etage des Speichers direkt unter den First, ist man auf der alten Holztreppe trittsicher. Die Räumlichkeiten ganz oben sind ungenutzt. Es sieht noch so aus wie 1561. Hier könnte sich der Schlossgeist austoben…

Alle Geburtenzettel

Dann öffnet sich die Tür zu einem ganz besonderen Archiv: Hier lagern alle Geburtenzettel der in Hardheim geborenen Kinder. Der Ordner „Geburtsregister 1870 bis 1909“ ist ein ganz besonders Fundstück, das wir in den Regalen entdecken. Nach all den Eindrücken wird klar: Hier oben im Speicher des Schlosses ruht das Gedächtnis der Gemeinde. Historische Schätze, die für die Nachwelt niemals verloren gehen dürfen – das findet auch der Bürgermeister.

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Neben einem geheimnisvollen Schrank entdecken wir eine weitere Türe. „Was ist hier?“, fragt Maren Greß. „Hier lagern sämtliche Personalakten. Da dürfen wir nicht rein. Da habe nicht mal ich einen Schlüssel“, erklärt Anette Mayerhöfer. Der Bürgermeister grinst.

Ist noch etwas unter dem Keller?

Die Türe zum Speicher wird wieder geschlossen, doch Bürgermeister Grimm öffnet uns sogleich noch eine andere. Dahinter verbirgt sich die steile Treppe hinab in den Keller des Schlosses. Dort werden bei Michael Fürst Erinnerungen wach: An eine Kellerbar von Hardheims TV-Fußballern am Sommerfest vor vielen, vielen Jahren. Beim Rundgang wird deutlich: Auch das Untergeschoss dient weitgehend als Lager und Archiv, unter anderem für die EDV und – das Fundbüro. Zig Fahrräder stehen in einer Ecke. „Die hat bisher keiner abgeholt“, erklärt Grimm. Beim Blick durch die Schießscharten in den Alpengarten weht einem eine leichte Brise entgegen. Sie sind seit Jahrhunderten offen.

Feuer frei: Beim Blick durch eine Schießscharte im Keller des Hardheimer Schlosses sieht man den Alpengarten. © Fürst

Der EDV-Kabelstrang an der Wand zeigt: Hier verbinden sich Vergangenheit und Zukunft. Beim Gang zurück zur Treppe bringt Stefan Grimm ein weiteres Mysterium ins Spiel: „Es wird vermutet, dass unter dem Keller noch diverse Dinge zu finden sind.“ Man müsste also mal graben. Aber beim Thema Graben denkt man in Hardheim aus aktuellem Anlass sofort an das Landesdenkmalamt… und den Erfapark…

Die wesentlichste Frage bleibt am Ende des FN-Besuchs allerdings unbeantwortet – nämlich die nach der Existenz des Schlossgeistes. Anette Mayerhöfer lässt sie unbeantwortet: „Das verraten wir nicht!“

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