Hardheim. Seit vergangener Woche gibt es in Hardheim wieder nur ein Thema: den Erfapark. Die Projektgesellschaft für das Vorhaben hat einen Insolvenzantrag gestellt (wir berichteten). Ein potenzieller Gesamtinvestor soll offensichtlich kein Interesse am Erfapark-Projekt haben. Die FN beleuchten die Situation und beantworten die wichtigsten Fragen.
Wie geht es jetzt, nach dem Bekanntwerden der Insolvenz der „Hardheim Würzburger Straße 8-12 GmbH & Co KG“, weiter?
Das Amtsgericht Offenbach bestellt einen vorläufigen Insolvenzverwalter. Das ist bisher noch nicht geschehen. „Wir haben noch keine Rückmeldung vom Gericht“, sagt eine Schoofs-Sprecherin auf FN-Anfrage. Sobald der Insolvenzverwalter bestellt ist, werde man in die Kommunikation gehen, erklärt die Sprecherin. Nach den Worten von Bürgermeister Stefan Grimm deute die „Schoofs“-Gruppe immer wieder an, dass sie auf einem guten Weg sei, mit einem neuen Gesamtinvestor den Geschäftsbetrieb wieder aufnehmen zu können. Danach werde es wieder leichter, über die Zukunft zu reden und konkrete Schritte für die Projekte abzuleiten. „Aktuell steht ,Schoofs’ mit beiden Füßen auf der Bremse und hat auch noch die Handbremse angezogen. So sind keine Fortschritte möglich“, sagt Grimm.
Merken die Bewohner des Erfaparks etwas von dieser Insolvenz?
Im Schreiben, das den Bewohnern am 2. Oktober zuging, steht, dass zeitnah der vorläufige Insolvenzverwalter Kontakt mit ihnen aufnehmen wird. Das ist bis jetzt nicht geschehen. „Ich habe einige Mails geschrieben und darauf nie eine Antwort bekommen“, sagt Horst Bernhard. Der Fotograf hat sein Fotoatelier in der Würzburger Straße, direkt neben dem „Eirich-Areal“, Mitte 2022 geschlossen. Seit 2021 wohnt er mit seiner Frau Brigitte in einer der Wohnungen im Erfapark. Die Kommunikation mit dem Investor als Vermieter sei unzureichend.
Was bisher geschah
- September 2016: Investor Schoofs-Immobilien kauft den Erfapark-Komplex.
- 31. August 2020: Das Projekt „Erfapark 2.0“ wird erstmals im Gemeinderat öffentlich vorgestellt.
- 19. Februar 2021: Auf dem „Eirich-Areal“ wird Platz für den Aldi-Markt gemacht.
- 25. April 2022: Eine Fachfirma beginnt mit dem Abriss des Norma-Marktes.
- 9. Juni 2022: Regierungspräsidentin Sylvia M. Felder ist zu Besuch in Hardheim. Hier wird erstmals deutlich, dass es beim Erfapark wohl gewaltig stockt.
- Juli 2022: In Hardheim regt sich Widerstand gegen die geplanten Kurzzeitparkplätze auf dem Kurt-Schmider-Platz. Der Gemeinderat hatte diesem Vorhaben zugestimmt.
- 17. Juli 2022: „Schoofs“ rudert zurück und verzichtet auf die Kurzzeitparkplätze.
- 13. Dezember 2022: Rund 160 Zuhörer verfolgen eine Informationsveranstaltung von „Schoofs“ in der Erftalhalle.
- 24. März 2023: Am Gelände des neuen Rewe- und des neuen Aldi-Marktes werden große Bauschilder aufgestellt.
- 26. Juni 2023: Der Technische Ausschuss billigt die Bauanträge für Rewe- und Aldi-Markt.
- 24. Juli 2023: Bürgermeister Stefan Grimm verkündet in der Gemeinderatssitzung, dass eine Rossmann-Filiale in den Erfapark einziehen wird.
- 11. September 2023: Das Projekt „Erfapark 2.0“ nimmt die letzte kommunale Hürde. Der Gemeinderat hat die Bebauungspläne geändert.
- Herbst 2023: Die Genehmigungen sind erteilt, Bagger rollen immer noch nicht. Das Landesdenkmalamt fordert archäologische Grabungen. Wann diese beginnen sollen, ist nicht absehbar.
- 4. Dezember 2023: Mit NKD und einer Bäckerei werden weitere Mieter bestätigt.
- 15. Februar 2024: Die Schoofs-Immobilien GmbH Frankfurt hat beim Amtsgericht in Offenbach einen Antrag auf ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung gestellt.
- Frühjahr 2024: Immer wieder ist von Schoofs-Verantwortlichen zu hören, dass das Insolvenzverfahren voranschreite und Gespräche mit potenziellen Investoren laufen.
- 1. Oktober 2024: Die „Hardheim Würzburger Straße 8 - 12 GmbH und Co. KG“, die Projektgesellschaft für den Erfapark, stellt beim Amtsgericht Offenbach einen Insolvenzantrag. Ein potenzieller Investor soll offensichtlich kein Interesse am Hardheimer Projekt haben. mg
Dazu kommt, dass das Gebäude seit Monaten mehr und mehr zerfällt. Die Haustür schließe nicht mehr richtig, erfahren die FN von den Hausbewohnern. Das Außengelände ist zugewuchert. „Es gibt keinen Hausmeister und auch keine Putzfrau. Wir sind quasi auf uns alleine gestellt“, erklärt Horst Bernhard. Eine Situation, die für die Mieter der insgesamt 27 Wohnungen, nicht zufriedenstellend sei.
Die Heizung im Erfapark ist kalt. Was hat es damit auf sich?
Seit der Herbst begonnen hat, müssen die Mieter frieren. Denn die Heizung funktioniert nicht. „Das ist für manche Mieter, vor allem die in den größeren Wohnungen, sehr unbequem“, erklärt Horst Bernhard. In manchen Wohnungen habe es gerade mal 17 Grad. Auch hier gebe es keine Kommunikation mit dem Vermieter, um das Problem zu lösen. Bürgermeister Stefan Grimm weiß: „Das Gas wurde bereits im Sommer – vermeintlich wegen Zahlungsrückständen – abgedreht. Nun sollte die Heizung zum Oktober wieder in Betrieb gehen. Wegen des langen Stillstands ist dazu eine technische Abnahme nötig. Die Abnahme und das Gas muss irgendwer per Vorkasse bezahlen. Genau den zu finden, ist in der aktuellen Übergangsphase aber nicht so einfach.“ Er habe viele Gespräche geführt, um die verschiedenen Akteure zusammenzubringen und um Bewegung in die missliche Lage zu bekommen. „Es kann nicht sein, dass die Mieter artig ihre Miete zahlen und trotzdem bei 17 Grad frieren müssen. Ich erwarte, dass sich der Gordische Knoten die nächsten Tage lösen wird.“
Wie gefährdet ist das Gesamtprojekt tatsächlich?
Bisher gibt es für das Gesamtprojekt Hardheim wohl keinen Interessenten. Falls „Schoofs“ das Gesamtprojekt deshalb nicht selbst weiterführen wird, wird es schwer, einen neuen Gesamtinvestor zu finden. „Zerlegt man das Gesamtprojekt in die drei Einzelprojekte Aldi-Areal, Rewe-Areal und Erfapark, wird das eventuell einfacher“, glaubt Bürgermeister Stefan Grimm. Um die Areale mache er sich keine Sorgen. „Dort ist Einzelhandel erlaubt und das sind in der Regel gefragte Grundstücke.“
Was konkret kann die Gemeinde tun?
„Wir versuchen, engen Kontakt zu ,Schoofs’ und dem Insolvenzverwalter zu halten. Allerdings würde ich mir für die Zukunft eine engere Einbindung wünschen. Unser lokales Wissen, unsere Kontakte und Möglichkeiten könnten die Lösungsfindung unterstützen“, betont der Bürgermeister.
Horst Bernhard ist der Meinung, dass die Gemeinde dahingehend noch mehr unternehmen und sich nicht immer telefonisch „abspeisen“ lassen sollte. „Da muss die Gemeinde eben auch mal nach Neu-Isenburg fahren und im Büro von ,Schoofs’ Druck machen, bis etwas passiert“, ist er überzeugt. Denn wenn jemand an Informationen kommen sollte, dann die Gemeindeverwaltung beziehungsweise der Bürgermeister, meint Horst Bernhard.
Wie beurteilen die Fraktionen des Gemeinderats die neue Situation?
Die drei Fraktionen CDU, Freie Wähler und SPD-Bürgerliste glauben weiterhin an das Großprojekt. „Nach monatelangem Stillstand ist jetzt eine Entscheidung gefallen. Das lange Warten auf einen neuen Geldgeber war nicht erfolgreich“, kommentiert Brigitte Scheuermann von der CDU die Situation. Wie es nun weitergehe, sei nicht mehr Entscheidung der „Schoofs“-Gruppe. Der Erfapark hatte für Hardheim in der Vergangenheit „eine bedeutende Magnetwirkung über die Gemeindegrenzen hinweg“. Die CDU-Fraktion sei sich bewusst, dass die von „Schoofs“ vorgestellten Pläne nicht zu 100 Prozent umgesetzt werden können. Eine Anpassung an die geänderten Rahmenbedingungen werde erforderlich sein. „Die Gemeinde sollte zur Erhaltung der Attraktivität von Hardheim diesen Prozess konstruktiv begleiten.“
Die Freien Wähler halten beim „Eirich-Areal“ zumindest eine kurzfristige Lösung für möglich. Das Gebiet um den Erfapark sei eher langfristig zu betrachten. „Zu hoffen ist nur, dass zumindest die Bewohner im Bestandsgebäude zeitnah eine Info bekommen, wie es dort weitergehen kann und wer die Infrastruktur aufrecht erhält“, sagt Eric Bachmann. Nach jahrelanger Planung und kurz vor dem Ziel der Umsetzung sei es für alle Beteiligten frustrierend, hilflos zusehen zu müssen, ob und wann etwas passiere, und keinen Einfluss nehmen zu können.
„Wir sehen keinen Grund, den Kopf in den Sand zu stecken“, sagt Julia Göth von der SPD-Bürgerliste. Das Projekt habe schon viele Hürden genommen, sei gut vorbereitet und könne mit einem neuen Investor schnell weitergehen. „Durch Gespräche mit Bürgern wissen wir, dass ihnen eine belebte Ortsmitte wichtig und das Interesse und die Lust in Hardheim einzukaufen ungebrochen ist“, erklärt Göth.
Nach den Aussagen der Fraktionssprecher sind die Gespräche mit einem Investor offensichtlich bereits gescheitert. Damit ist die Frage erlaubt, ob sie in dieser Sache schon mehr wissen, als in der Öffentlichkeit bekannt ist.
Gibt es Alternativen zu denen im Bauantrag formulierten Baumaßnahmen?
Es dürfte alles gemacht werden, was durch den Bebauungsplan vorgegeben ist – beispielsweise Einzelhandel, der sehr gefragt sei. „Falls jemand eigene Pläne hat und diese zu Hardheim passen, sind wir dafür offen“, sagt Bürgermeister Stefan Grimm.
Gibt es unter Umständen lokale Interessenten, als Investor einzusteigen?
„Ich habe einen ersten Termin vereinbart“, sagt Stefan Grimm. Wenn jemand das nötige Kleingeld mitbringe und ein tragfähiges und passendes Konzept habe, könnte er damit seiner Heimat etwas sehr Gutes tun.
Was würde es für Hardheim bedeuten, wenn das Projekt komplett scheitern würde?
Trotz der Umstände ist das Gemeindeoberhaupt weiterhin optimistisch. „Ich gehe nicht davon aus, dass das Projekt komplett scheitert. Die Freiflächen machen mir keine Sorgen.“ Ein neuer Erfapark würde seiner Meinung nach dem Selbstwertgefühl Hardheims sehr guttun. „Wir stehen in vielen Punkte besser da, als es die Stammtische diskutieren“, betont Grimm. Die Gemeinde habe viele Baustellen, und die nächsten Jahre werden finanziell gesehen nicht einfach. „Auch deshalb müssen wir in den sauren Apfel beißen und uns mit dem Thema Windkraft in unseren Wäldern auseinandersetzen.“ Damit erhofft sich die Gemeinde mehr Einnahmen.
Das kommunale Krankenhaus, das gerade „auf neue und mehr Beine“ gestellt werde und der Umbau der Alten Realschule zu zusätzlichen Krippenräumen seien nur zwei Beispiele, die zeigen, dass es keinen Grund gebe, den Kopf in den Sand zu stecken – egal ob mit oder ohne Erfapark. „Dennoch gebe ich den Erfapark – mit einigen Anpassungen – noch lange nicht auf“, macht der Bürgermeister deutlich.
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Fränkische Nachrichten Plus-Artikel Kommentar Gemeinde Hardheim muss bei Großprojekten weiter nervig bleiben