Romschlössle Creglingen ausverkauft

Creglingen: Ganz nah dran am beliebten Tatort-Kommissar

Heute ist Nemec ein Star im Krimi-Dauerbrenner „Tatort“. In seiner Kindheit war er „Miroslav Jugoslav“. In Creglingen brannte der beliebte Schauspieler ein Feuerwerk ab: Musik, Literatur – und jede Menge Witze.

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Michael Weber-Schwarz
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Schräge Anekdoten: Miroslav Nemec, alias Kriminalhauptkommissar Ivo Batic, wird von Passanten auch schon mal für „Derrick“ gehalten. © Michael Weber-Schwarz

Creglingen. Der Mann ist ein Vollblut-Entertainer: Fast zwei Stunden lang unterhielt der gebürtige Kroate Miroslav Nemec im komplett ausverkauften Creglinger Romschlössle. Der mit drei Jahrzehnten Dienstzeit deutschlandweit bekannte und beliebte Münchener „Tatort“-Ermittler hatte sein Publikum von Anfang an im Griff.

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Miroslav Nemec in Creglingen: Ganz nah dran am beliebten Tatort-Kommissar

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Dass ihm die Gastgeber- und Führungsrolle liegt, daraus macht Miroslav Nemec gar keinen Hehl. Wie viel „Rampensau“ dabei einfach naturbedingt ist und wie viel davon ein Resultat seiner durchaus wechselvollen Biografie: das bleibt offen. Klar ist aber auch: Nemec hatte wie viele Ausländer in Deutschland unter alltäglichem Rassismus zu leiden. Leistung ist da eine Möglichkeit, Akzeptanz zu schaffen. Heute jedenfalls sind seine Blicke zurück ohne größere Bitterkeit – Humor (auch schwarzer) und das Teilen von guten Momenten, das ist das Konzept von Nemec. Und es ging auf. Sein Publikum war begeistert.

Beste Abendunterhaltung

Nemec ist ein Multitalent. Für viele ist er in der Wahrnehmung eben ein mordermittelnder TV-Schauspieler. Doch er beherrscht im wahrsten Sinne des Wortes die Klaviatur bester Abendunterhaltung. Am Flügel oder an der Gitarre, mit jeder Menge teils derben Witzen aus dem donaumonarchischen Sprachkreis und mit immer wieder eingestreuten Bruchstücken aus seiner Autobiografie legte er einen organischen und stimmigen Abend hin. Kein vorgefertigter Ablauf, sondern viel Improvisation anhand eines Stichwortzettels. Diese Liveatmosphäre mit unzähligen Wendungen, Einschüben und plötzlichen Pointen erreicht die Zuhörer und deren Herzen. Das riesige Publikum aus dem ganzen Taubertal singt mit: Freddy-Quinn-Hits und welche von Jethro Tull, schnell vor-übersetzte hintersinnige Volkslieder vom Balkan.

Zwischen Zagreb und der Insel Krk: Dort liegen die Wurzeln von „Miro“ Nemec. In der Tito-Zeit herrscht Armut und das bedeutet wenig Essen auf dem Tisch seiner Familie. Doch es ist die Wahrnehmung der guten Seiten des Lebens, die viel vom Bedrückenden ein Stück weit wegkompensiert: Fußballturniere im nahen Zagreber Stadion, wo sein Vater im Nebenjob Eintrittskarten verkauft. Und überhaupt: Bei allen menschlichen Schwierigkeiten stimmt der Familienzusammenhalt doch irgendwie.

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Zwischen mehreren Welten

„Miro“ kommt als Kind nach Deutschland, muss wieder zurück nach Kroatien, irgendwann wird dann der Raum München doch seine zweite Heimat. Musikstudium am Salzburger Mozarteum und die Erkenntnis, dass er zwar ein passabler, aber doch kein Weltklassepianist werden würde – Wechsel an eine Züricher Schauspielschule. Und natürlich: Frauengeschichten.

Wert des „Fremden“ erkennen

Hin und her reisen, Abbrüche, Liebesdramen. Das alles könnte man als Niederlagen verstehen. Miroslav Nemec hat aber Nehmerqualitäten und steht immer wieder auf. Das mag eines der Rezepte eines gelungenen Lebens sein: Es auch sagen, wenn man merkt, dass Schluss ist. Und weitergehen.

Diese unbändige innere Kraft vermittelt sich dem Creglinger Publikum. Der Lebensweg von Nemec verweist aber auch auf ein immer wieder neues Problem, das Menschen mit dem Fremden haben. „Polacken“, „Zigeuner“, die tschechischen „Pospitschils“ der Österreicher – man begegnet dem Fremden nicht nur mit einem gewissen verständlichen Misstrauen, sondern vielfach auch mit unnötiger Zuschreibung und pauschaler Abwertung. Deshalb sind solche Veranstaltungen wie die mit Miroslav Nemec auch so wichtig: Kultur vermittelt den Wert anderer Kulturen. Man kann das bislang Fremde sozusagen kosten und seinen Geschmack daran finden.

Ein lauer Sommerabend mit Stargast: Ungezwungen konnte das Publikum im Hof des Romschlössles weiterfeiern, während Nemec signierte. © Michael Weber-Schwarz

Ein wichtiger Höhepunkt nach der „Show“ nämlich: Ein prima organisiertes Zusammenkommen im mediterran hergerichteten Hof des Romschlössles: Drinks und Erfrischungen, Nemec signiert sein Buch und schlägt keinen Selfie-Wunsch ab. Die Besucher gleiten in einem verlängerten Wohlfühlabend hinein. Nemec hat gleich seine Familie mit ins Taubertal mitgebracht. Und die scheint sich auch wohlzufühlen.

Mehrfach wurde bei den Musikbeiträgen von Nemec eingefordert, er möge doch gleich noch einmal nach Creglingen kommen – mit seiner Band. Vielleicht kann hier ja Büchereileiterin Ulrike Kästner erneut ihre guten Verbindungen ins Haus Nemec spielen lassen. Ein Konzert mit „Miro“ und Kollegen: Das wäre ein weiterer – mit Sicherheit hervorragend besuchter – Feierabend an der Tauber.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Bad Mergentheim

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