Boxberg. Seit einem Jahr sitzt Heidrun Beck auf dem Chefsessel des Rathauses in Boxberg. Zeit für eine erste Bilanz.
Wie wohl fühlen Sie sich in ihrem Amt?
Heidrun Beck (lächelt): Ich fühle mich sehr wohl. Ich bin gut angekommen und habe ein ganz tolles Verhältnis mit meinen Mitarbeitern im Rathaus. Ich bin auch in der Bevölkerung sehr gut aufgenommen worden. Das zurückliegende Jahr war ein sehr intensives Jahr, aber auch ein sehr schönes mit unheimlich vielen neuen Eindrücken und interessanten Begegnungen.
Was hat Sie überrascht?
Beck: Was schon besonders ist, ist die Themenflut, die einen von Beginn an trifft und die man als Außenstehender so nicht sieht. Die Arbeit in der Kommunalpolitik an sich kannte ich zuvor schon aus dem Gemeinderat.
Was sind die aktuell größten Themen von Boxberg und seinen Stadtteilen?
Beck (überlegt kurz): Mich persönlich beschäftigt es sehr, dass seit der großen Gemeindereform in Baden-Württemberg nun 50 Jahre vergangen sind, ich aber feststelle, dass wir als Gesamtstadt immer noch nicht 100-prozentig zusammengewachsen sind.
Woran fehlt es?
Beck: Es fehlt manchmal noch am gemeinsamen Gedanken an Boxberg, an das Große und Ganze. Manche denken immer noch vorrangig an ihre Ortschaft. Dabei gilt doch: Wenn wir alle zusammenstehen, geht es einfacher vorwärts! Mein Ziel ist es daher, den Gedanken „Gemeinsam sind wir stärker!“ noch mehr nach vorne zu bringen. Es gibt auch keine Stadtteile, die wichtiger oder weniger wichtig sind.
Welche Themen stehen noch auf der Agenda?
Beck: Neue Baugebiete, damit wir wieder wachsen, denn momentan stagniert die Einwohnerzahl. Großes Thema sind immer auch die Kindergärten. Die kleinen Betreuungseinrichtungen in den Ortschaften wollen wir erhalten und in Uiffingen zum Beispiel bald investieren. Klar ist aber auch, dass es für flexiblere Öffnungszeiten größere Einrichtungen braucht.
Wir beschäftigen uns aktuell zudem mit dem Feuerwehrbedarfsplan und dem Abwasser. Wir haben eine tolle neue Kläranlage in Unterschüpf, aber auch zwei kleine in Uiffingen und Schwabhausen, die wir in den nächsten Jahren abschalten wollen. Großes Thema ist auch immer das Gewerbe. Wir haben kaum noch Entwicklungsflächen übrig. Wenn Hofmann Menü von Schweigern in das Gebiet am Seehof umgesiedelt ist, kommt außerdem die Mammutaufgabe auf uns zu, den dann ehemaligen Firmenstandort neu zu entwickeln.
Was gibt es im Bereich der Verkehrswege zu tun?
Beck: Die großen Themen, die Ortsdurchfahrten Boxberg und Schweigern, wurden bereits erledigt. Wir wünschen uns nun sehr, dass der Landkreis bald die Strecke Epplingen-Wölchingen saniert. Mit Blick auf die Bahnstrecke unterstütze ich die gemeinsame Forderung aller Anrainer, den Takt auf der Frankenbahn zwischen Würzburg und Heilbronn auszubauen. Wir brauchen einladende Bahnsteige. Ich sehe es wie mein Amtskollege Dr. Braun in Lauda-Königshofen, dass erst investiert werden muss und dann mehr Leute das Angebot nutzen werden - und nicht umgekehrt.
Wie steht es um die Pläne für den Schulverbund in Boxberg? Und welche Investitionen sind hier geplant?
Beck: Laut Regierungspräsidium gibt es keine Bedenken gegen eine Verbundschule. Das haben wir allerdings noch nicht schriftlich. Voraussichtlich wird die Verbundschule zum 1. August kommen.
Das Realschulgebäude wollen wir langfristig sanieren. Die Baracke hinter der Schule ist ein Provisorium, steht aber schon seit über 20 Jahren. Die dort untergebrachten Räume sollen verschwinden und einem Anbau an der Schule weichen. Wie genau dieser aussehen wird, wissen wir jetzt aber noch nicht. Es wird sicher noch zwei Jahre dauern, bis wir hier rangehen können.
Ich bin zudem im engen Austausch mit den Rektoren, weil ich unseren Schülern gute Bildungsmöglichkeiten anbieten möchte, aber auch unseren Firmen die Chance geben möchte, hier die Fachkräfte der Zukunft zu finden. Wir ziehen an einem Strang und wollen die Verknüpfung Schule-Wirtschaft weiter stärken.
Eine gute Mobilfunk-Versorgung ist den Bürgern wichtig, Ihnen auch?
Beck: Ja, auf jeden Fall. In Kupprichhausen, Epplingen und Lengenrieden gibt es noch Nachholbedarf. Ein Anbieter wollte auf der Anhöhe zwischen Lengenrieden und Kupprichhausen einen Sendemast aufstellen, aber die Bundeswehr legte leider ihr Veto ein, weil hier eine Tiefflugübungsstrecke der Niederstettener Heeresflieger liegt. In Bobstadt wird übrigens gerade ein zweiter Mast errichtet. Vodafone kommt. Angeltürn ist auch noch zu schwach versorgt. Es gibt also noch einiges zu tun.
Wie steht es um den Ausbau von Windkraftanlagen?
Beck: Bad Mergentheim hat neue Windräder nahe Dainbach und Althausen beschlossen, diese schließen sich an unsere Zone auf Bobstadter Seite an. Damit haben wir also kein Problem. Boxberg selbst ist fürs Erste mit der Windkraft durch. Wir glauben, dass wir auf unseren Flächen kein weiteres Potenzial für Windräder haben.
Wie stehen Sie zu Freiflächen-Photovoltaikanlagen?
Beck: Boxberg hat dafür Potenzial. Ich selbst finde es tatsächlich wichtig, dass wir hier unseren Beitrag zur Energiewende noch leisten. Vor vielen Jahren gab es aber eine Grundsatzentscheidung in Boxberg gegen Freiflächen-Photovoltaikanlagen, deshalb gehen wir in Kürze mit dem Gemeinderat in Klausur und lassen uns von Experten noch einmal beraten. Ein Kriterienkatalog könnte das Ergebnis sein.
Freiflächen-Photovoltaik auf landwirtschaftlichen Flächen und auf hochwertigen Böden finde ich aber nicht gut. Doch auch auf unserer Gemarkung gibt es steinreiche und nicht so gute Böden, die optimal nutzbar wären. Wir bekommen immer wieder Anfragen von Interessenten und Investoren. Es ist ein wichtiges Thema, das wir als Stadt für uns neu klären müssen.
Welche eigenen Akzente planen Sie noch zu setzen?
Beck (voller Begeisterung): Da ist ganz klar der Schlossberg zu nennen. Meine Vision ist es, dass hier eine dauerhafte Veranstaltungsstätte entsteht. Es ist ein ganz tolles Flair und Ambiente auf dem Berg! Zusammen mit dem Heimatverein, der sich übrigens liebevoll kümmert, gibt es den Gedanken, dass auf dem ehemaligen Burgareal wieder mehr Leben einzieht. Im Sommer wird es eine Serenade oben geben. Verschiedene Kapellen werden aufspielen. Es ist ein Wunschprojekt für die nächsten Jahre und es braucht die Mithilfe der Bevölkerung.
Die Bürger erwarten eine digital gut aufgestellte Verwaltung. Wie sieht es hierzu in Boxberg aus?
Beck: Wir müssen und wollen künftig den Bürgern mehr digitale Angebote machen, dass wird mit der neuen Homepage erledigt, die schon beauftragt ist. Der Gemeinderat hat aber auch entschieden, dass es eine Boxberg-App geben soll, um die Kommunikation mit der Bevölkerung zu verstärken und zum Beispiel auch Umfragen machen zu können.
Die Ereignisse im April und Mai in Bobstadt (große Polizeieinsätze) sorgten für viel Wirbel. „Reichsbürger“ und rechte Szene stehen im Fokus. Das „Netzwerk gegen Rechts“ fordert Aufklärung jetzt. Wie sehen Sie die Situation mit ein paar Wochen Abstand?
Beck: Ich teile die Forderung nach Aufklärung, bin mir aber auch sehr sicher, dass unsere Polizei gut arbeitet und die offenen Fragen klärt. Ich habe mich mit dem „Netzwerk gegen Rechts“ vor wenigen Tagen in Verbindung gesetzt und die Unterstützung der Stadt angeboten. Ich möchte den gesamten Komplex aber auch allgemein halten, denn es ist nicht nur ein spezielles Thema für Bobstadt, sondern könnte auch andere Kommunen im Landkreis betreffen. Über eine mögliche Veranstaltung mit dem „Netzwerk gegen Rechts“ in städtischen Räumen wird bereits nachgedacht. Ich glaube, wir kommen mit politischer Aufklärung und Bildung weiter, statt mit dem Hammer drauf zu hauen. Wir wollen die Möglichkeit zum Austausch und zur Aufklärung geben. Wir wollen den Raum bieten, über die Themen zu sprechen. Es gibt auch Gedanken für ein Demokratie-Cafe.
Wie intensiv ist der Austausch zu den Ereignissen in der Verwaltung und im Gemeinderat?
Beck: Wir haben intensiv in der Verwaltung darüber gesprochen. Wir werden wie bisher auch, Auffälliges an Personen und Strukturen an die zuständigen Stellen, das Polizeipräsidium Heilbronn, den Staatsschutz und das Landratsamt weitermelden. Im Gemeinderat haben wir nicht-öffentlich über die Ereignisse gesprochen.
Das „Netzwerk gegen Rechts“ beklagt, dass es in Bobstadt einen stellvertretenden Ortsvorsteher gibt, der bereits 2016 und 2020 Rechtsrockkonzerte vor Ort veranstaltet hat, und immer noch im Amt ist. Kann das so bleiben oder sollte er zurücktreten?
Beck: Er ist strafrechtlich nicht belangt worden. Die Veranstaltungen werden wir nicht verbieten können. Er ist gewählt und die Verwaltung kann diesen Ortschaftsrat auch nicht so einfach absetzen.
Wenn Sie auf das vergangene Jahr insgesamt zurückblicken, was ist dann auf Ihrer Seite nicht so gut gelaufen?
Beck (überlegt): Es gibt immer wieder kleine Fehler im Alltag. Wenn ich hier meinen Gemeinderat zitieren darf, dann gilt: Wer nach hinten schaut, aber nach vorne läuft, der stolpert. So gehen wir also voller Tatkraft voran (lächelt).
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