Einheitlicher Regionalplan - Im Rahmen der laufenden Anhörung können Bürger ihre Meinung einbringen / Es geht um Freiraum- und Siedlungsplanung / Bürgermeister fühlt sich „gegängelt“

Einheitlicher Regionalplan: „Zwangsjacke“ oder Kampf gegen Wildwuchs?

Wo soll gebaut werden, wo darf noch gebaut werden? Wo haben Freiraum und Naturschutz Vorrang? Das ist Thema der laufenden Überarbeitung des Regionalplans. Und es birgt naturgemäß Konfliktpotenzial. Zum Beispiel in Fahrenbach und Ravenstein.

Von 
Sabine Braun
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Fahrenbach: Das Bild zeigt vorne einen Teil des neuen Baugebiets „Feldbrunnen II“, das derzeit in der Planphase ist. Es ist von den befürchteten Einschränkungen aus der Regionalplanung nicht betroffen. Darüber hinaus sieht Bürgermeister Wittmann allerdings nicht mehr viele Erweiterungsmöglichkeiten. © Uwe Köbler

Neckar-Odenwald-Kreis. Noch bis zum 29. Juni können schriftliche Stellungnahmen im Rahmen der Überarbeitung des Einheitlichen Regionalplans des Verbands Region Rhein Neckar (VRRN) eingereicht werden. Dabei geht es nicht nur um Siedlungs- und Freiraumplanung, sondern auch um Infrastrukturfragen. Der aktuelle Regionalplan ist von 2014, er muss aber regelmäßig überarbeitet werden. Jeder Bürger, jede Interessensgruppe und jeder Bürgermeister kann seine Meinung in das Verfahren einbringen. Einer, der schon seit Monaten nicht nur schreibt, sondern auch lautstark die Stimme erhebt, ist Bürgermeister Jens Wittmann aus Fahrenbach.

Schutzgebiet bis zum Gartenzaun

Er ärgert sich über die „Zwangsjacke“, die ihm die Regionalplanung verpasst. „Der regionale Grünzug und andere Schutzgebiete reichen in manchen Fällen direkt bis an die Bebauung, bis an den Gartenzaun“, kritisiert Wittmann. Er weist darauf hin, dass man in anderen Regionalverbänden diese Schutzgebiete erst 50 bis 80 Meter hinter der Bebauung beginnen lässt und regt eine ähnliche Regel für den VRRN an.

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Unverständlich ist für den Bürgermeister, dass seiner 2700-Einwohner-Gemeinde praktisch kein Zuwachs an Bauflächen und Bürgern mehr zugestanden werden soll. 0,8 ist der Faktor, um den Fahrenbach laut neuem Regionalplan noch wachsen darf. Das entspricht bescheidenen 20 oder weniger Bauplätzen in fünf Jahren, rechnet Wittmann vor und das bedeutet für ihn: „Wir müssen schrumpfen. Aber warum?“ Natürlich setze man ergänzend zur Ausweisung von Neubaugebieten auf Innenentwicklung. Schließlich werden auch in Fahrenbach ungenutzte Gebäude abgebrochen und so Baugrund geschaffen. Doch die Masse bringt das nicht. Im gerade errungenen Neubaugebiet entstehen 34 Bauplätze, und die Nachfrage ist riesig. 32 Plätze sind bereits vergeben. Aber auch künftig will Wittmann dem Nachwuchs aus dem eigenen Ort, der bleiben will, die Möglichkeit bieten, sich dort ein Eigenheim zu schaffen. Nicht nachvollziehbar ist für Wittmann, dass der VRRN Fahrenbach, das Arzt, Apotheke, Bäckerei und mehr zu bieten hat und nur wenige Kilometer von Mosbach liegt, als „abseits der Verkehrsachsen“ einordnet. Auch andere seien so eingestuft, sagt Wittmann und verweist kopfschüttelnd auf Höpfingen und Ravenstein.

Regionalplanung im VRRN

Der Neckar-Odenwald-Kreis ist Teil des Verbands Region Rhein-Neckar (VRRN). Er umfasst Kommunen und Kreise in Hessen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Der Einheitliche Regionalplan ist Grundlage für die räumliche Entwicklung der Region und gilt seit 2014 für den baden-württembergischen und rheinland-pfälzischen Teil des Verbandsgebiets. Er formuliert Ziele zur nachhaltigen, ökologisch tragfähigen, sozial gerechten und ökonomisch effizienten Entwicklung.

Zum Flächenverbrauch: Täglich werden rund 4,8 Hektar zusätzliche Fläche für Verkehr und Siedlung zugebaut (Statistisches Landesamt, Stand 2019). Ein weiteres wichtiges Thema der Regionalplan-Überarbeitung ist der Teilregionalplan Windkraft.

Dort wurde die räumliche Nähe zur A 81 und zu benachbarten Regionen Heilbronn und Würzburg zu wenig berücksichtigt, findet Bürgermeister Ralf Killian. Die Nachfrage an bezahlbarem Wohnraum gerade in Autobahnnähe sei ungebrochen hoch. Doch nur noch in begrenzten Maße stünden Erweiterungsmöglichkeiten zur Verfügung. „Mittelfristig sieht es schlecht aus“, so Killian. Er plädiert für „vernünftiges Wachstum“. Sein Wunsch an den VRRN wäre, die innerörtliche Wohnbauerschließung, also die Umnutzung alter, leerstehender Gebäude oder den Abbruch, verbunden mit einem Neubau, zu vereinfachen.

Mehr Spielraum gewünscht

Natürlich lässt auch der aktuell gültige Regionalplan Sonderregelungen zu, räumt Wittmann ein und verweist auf durchgeführte Zielabweichungsverfahren, durchaus auch in guter Zusammenarbeit mir den Behörden. Doch das sei jedes Mal ein Riesenaufwand und dauere. Der entscheidende Punkt für Wittmann: „Ich fühle mich gegängelt. Die sollen uns einfach zutrauen, dass wir selbst wissen, was für uns richtig und gut ist.“

Die laufende Anhörung ist für Wittmann eine „tolle Sache“. Auch Ravenstein macht mit: „Wir werden aus unserer Sicht eine vernünftige, nicht zu üppige und an den Bestand angepasste Stellungnahme abgeben und hoffen darauf, dass die Punkte in der Fortschreibung Berücksichtigung finden“, teilt Bürgermeister Ralf Killian mit.

Wittmanns ist skeptisch: „Schon im letzten Jahr bei der ersten Anhörung habe ich meine Kritikpunkte angebracht, und die wurden 1 zu 1 nicht übernommen“. Große Hoffnung, dass sein „Einspruch“ jetzt etwas bewirkt, hat er deshalb nicht: „Aus dem Landkreis sitzen sechs Leute in der entscheidenden Verbandsversammlung – sechs von 96.“ Aber: „Ich will kämpfen. Ich will mir nicht vorwerfen lassen, ich hätte gar nichts unternommen“.

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