Main-Tauber-Kreis. Sowohl bei der Bahn als auch beim Busverkehr hat sich im Main-Tauber-Kreis einiges getan in den vergangenen Jahren: Ein Ruftaxisystem wurde etabliert, der Regionalbahntakt mit viel Verve und bürgerschaftlichem Engagement durchgesetzt. Die Westfrankenbahn rüstet nach und nach Bahnhöfe und Stationen auf und sorgt für Barrierefreiheit.
Stundentakt an Wochentagen
Den Öffentlichen Personennahverkehr so attraktiv gestalten, dass auf ein eigenes Auto verzichtet werden kann, klappt auf der Tauberstrecke wochentags schon recht gut. Das trifft auch auf die Frankenbahn zu, die zumindest von montags bis freitags bis spätabends im Stundentakt verkehrt. Einen Flächenlandkreis aber vollends so zu erschließen, dass jede Ortschaft einmal pro Stunde zu erreichen ist, dürfte eine schwer lösbare Herausforderung sein. Dennoch: Mehr Menschen in Busse und Bahnen zu bringen, muss mit Blick auf den CO2-Ausstoß erklärtes Ziel sein.
Immer informiert sein
Oliver Roßmüller, Vorstandsmitglied beim Verkehrsclub Deutschland (VCD) Main-Tauber-Kreis, engagiert sich nicht nur für eine klima- und sozialverträgliche Mobilität, sondern lebt sie. Dabei fallen ihm trotz aller Verbesserungen in den vergangenen Jahren immer wieder die eine oder andere Schwachstelle auf. Eine davon sind die Zubringerverkehre an den Bahnknotenpunkt Lauda sowie an Wertheim und Bad Mergentheim an den Wochenenden. „Immer mehr Menschen müssen samstags arbeiten“, so sein Argument. Dabei denkt er an den Einzelhandel, aber auch an Menschen, die in Krankenhäusern oder anderen sozialen Einrichtungen tätig sind, die auch am Wochenende besetzt sind. Zudem könnten mit einem besseren Samstagsangebot Schüler mit Maxx-Tickets langfristig an den ÖPNV gebunden werden. „Der Samstag ist einer der wichtigsten Verkehrstage“, ist er überzeugt.
Kein Intercity-Verkehr
Von einem immer wieder geforderten Intercity-Verkehr zwischen Würzburg und Stuttgart hält Oliver Roßmüller indes nichts. „Das wäre kontraproduktiv, weil dann die Verbundtickets nicht mehr gelten würden“, meint er. Außerdem würde sich kein nennenswerter Zeitvorteil gegenüber dem Regionalexpress ergeben, sondern diesen vielleicht sogar verdrängen. Klar ist für Roßmüller ein Fakt: „Der Zugverkehr gibt den Takt vor.“
Für ihn ist es deshalb nicht logisch, warum die Linie 850 mittags erst um 13.07 und nachmittags ab 18 Uhr ebenfalls stündlich erst dann am Tauberbischofsheimer Bahnhof ankommt, wenn die Züge Richtung Wertheim oder Bad Mergentheim bereits abgefahren sind. Zudem könnte er sich vorstellen, dass der 850er von der Kreisstadt in Richtung Würzburg über den Brenner und die alte Straße nach Großrinderfeld fährt. So könnten die Wohngebiete Kirschengarten und Brenner an das Angebot angeschlossen werden.
Fehlender Anschluss
Ein Dorn im Auge ist ihm auch die Linie 941 von Tauberbischofsheim in Richtung Werbach und Wenkheim. Roßmüller fragt sich, warum dieser Bus nicht über die Kapellenstraße, wo sich zwei große Seniorenzentren befinden und das Krankenhaus nahe ist, fährt und am Einkaufsstandort in der Pestalozziallee Halt macht. In Richtung Lauda fährt die 941 werktags zur vollen Stunde vom Bahnhof der Kreisstadt ab, also genau zur Ankunftszeit der Züge aus Lauda und Wertheim. Dittigheimer oder Distelhäuser, bei denen der Expresszug auf der Tauberbahn nicht hält, haben somit keinen Anschluss.
Kritik übt Roßmüller auch an der Stadtbuslinie Tauberbischofsheim, da sie immer dann am Bahnhof ankommt, wenn gerade kein Zug fährt. Hier müsste schlichtweg der Fahrplan geändert werden, um ein wirklich attraktives Angebot mit guten Umstiegsmöglichkeiten auf den Zug zu offerieren.
Auch die Linie in Richtung Buchen – die 999 – könnte über die Alte Königheimer Straße fahren, um dort Fahrgäste aufzunehmen und nicht nur am Abzweig Külsheim halten, meint Roßmüller. Eine über 80-Jährige Königheimerin, die zwar immer noch selbst Auto fährt, würde die 999 gern nutzen, um in der Kreisstadt einkaufen zu gehen. Für sie wäre deshalb ein Halt in der Pestalozziallee wünschenswert, wo sich die großen Einkaufsmärkte befinden. Vom Halt am Bahnhof aus sind ihr die Wege dorthin zu weit. Sie schlägt deshalb eine Änderung des Linienverlaufs vor: Die 999 sollte vom Bahnhof aus über die Hochhäuser Straße zur Pestalozziallee fahren.
Halt im Industriegebiet
Hardheimer und Königheimer Bürger, von denen etliche bei Firmen im Industriegebiet von Tauberbischofsheim mit oft getakteten Arbeitszeiten tätig sind, vermissen zwei Haltepunkte des 999 in der Hochhäuser Straße. Vor dem Hintergrund steigender Spritpreise und mit Blick auf die Klimakrise könnten sich viele einen Umstieg auf den ÖPNV vorstellen. Den direkten Fußweg vom Bahnhof zur langen Hochhäuser Straße durch den muffigen Dohl meiden viele.
„Wir haben eine relativ gute Grunderschließung durch die Tauber- und die Frankenbahn, auch wenn mehr Halte wünschenswert wären“, so Oliver Roßmüller. Da es in einem so großen Landkreis aber kaum möglich sei, die komplette Fläche mit dem ÖPNV zu erschließen, sind für ihn auch Kompromisse nach dem Motto Auto und Abo denkbar.
Wer vom Main-Tauber-Kreis nach Würzburg fahren will, könnte sein Auto am nächsten Bahnhof stehen lassen und mit dem Zug in die unterfränkische Metropole zum VRN-Tarif fahren. Das dürfte für den Nutzer günstiger sein als die teuren Parkgebühren zu bezahlen – und stressfreier allemal.
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