Tauber-Odenwald. Die Reserve der Bundeswehr ist für die Landes- und Bündnisverteidigung, aber auch für den Heimatschutz sowie für die Einsätze im Rahmen des internationalen Krisenmanagements ein unverzichtbarer Bestandteil der Bundeswehr. In der Truppen- und Territorialreserve sind laut Experten aktuell ca. 34 000 Reservisten beordert, der Allgemeinen Reserve in Deutschland gehören über 900 000 Reservisten, ehemalige Soldaten und Wehrdienstleistende, an.
NATO-Manöver
Marco Gantert aus Boxberg und Florian Döller aus Lauda-Königshofen sind aktive Reservisten und haben an der Übung „Quadriga 24“ der 10. Panzerdivision in Litauen teilgenommen. Die Übung war Teil des NATO-Manövers „Steadfast Defender 24“, des größten NATO-Manövers seit 30 Jahren.
Das Reservistenbataillon der Division, das Unterstützungsbataillon Einsatz 10, stationiert im unterfränkischen Veitshöchheim, sicherte dabei den Divisionsgefechtsstand. Gantert und Döller hatten sich hierfür freiwillig gemeldet und wurden von ihren Arbeitgebern dafür freigestellt. Gegenüber den Fränkischen Nachrichten schilderten sie Eindrücke von der Übung „Quadriga“ und äußerten sich auch zum Reservisten-Dasein allgemein.
Florian Döller betont, dass er in erster Linie durch seinen Einsatz seinem Land „etwas zurückgeben“ wolle. Die vielfältigen Übungsmöglichkeiten als Reservist sieht er aber auch „als spannende Abwechslung zum Alltag“ an.
„Die Sicherheit unseres Landes“
„Gerade mit der Annexion der Krim durch Russland änderte sich auch für mich die Sicht auf die Dinge. Früher noch leistete ich Ersatzdienst bei der Feuerwehr statt den Wehrdienst anzutreten, heute halte ich den Wehrdienst, in welcher Form auch immer, für besonders wichtig für die Sicherheit unseres Landes“, so Döller. Und Marco Gantert fügt an: „Das Selbstverständnis des Staatsbürgers in Uniform war für mich stets das Idealbild. Gerade deshalb fand ich eine Aussetzung der Wehrpflicht schon zu meinem Schulabschluss 2011 falsch. Die Möglichkeit sich heute freiwillig so umfangreich in der Reserve engagieren zu dürfen, gibt einem die Chance selbst Staatsbürger in Uniform zu sein und Verantwortung für Sicherheit und Gesellschaft zu übernehmen.“
Mit der 10. Panzerdivision aus Veitshöchheim zog man vor wenigen Monaten ins groß angelegte NATO-Manöver.
Es ging nach Litauen und in genau den Ort, an dem dauerhaft eine deutsche Kampfbrigade zur Abschreckung potenzieller Angreifer und zur Sicherung des NATO-Partners stationiert werden soll.
Multinational
Der Oberstabsgefreite d.R. Marco Gantert begrüßt es, dass die Bundeswehr-Reserve in multinationale Übungen eingebunden wird. Gemeinsam mit 16 Reservisten des Unterstützungsbataillons Einsatz 10 sicherte er bei der Übung „Grand Quadriga 24“ den Gefechtsstand der Division im südlitauischen Städtchen Nemencine am Neris-Fluss.
Im Zivilberuf ist Gantert als Key-Account-Manager verantwortlich für die Großkundenbetreuung bei Würth Industrie Service in Bad Mergentheim – „ein bundeswehrfreundlicher Arbeitgeber, der ihn für diesen speziellen Auftrag sogar vier Wochen am Stück ziehen ließ“, wie die Bundeswehr den FN mitteilte.
Kellermeister im zivilen Leben
Den Weinkeller mit der Waffenkammer tauschte Florian Döller ein. Der Stabsgefreite d.R. hat sich wie Gantert freiwillig für das Manöver in Litauen gemeldet: „Es hat mich interessiert, wie unser Auftrag im Ernstfall im NATO-Verbund aussehen würde.“ Im Zivilberuf ist Döller Kellermeister bei der Becksteiner Winzergenossenschaft.
Beide Reservisten aus dem Main- Tauber-Kreis haben einen ...
Beide Reservisten aus dem Main-Tauber-Kreis haben einen besonderen Werdegang als Soldaten. Marco Gantert hatte nicht einmal regulär als Wehrpflichtiger „gedient“: Als erster Jahrgang, der nicht mehr zum Wehrdienst eingezogen wurde, ergriff er selbst die Initiative, absolvierte in Walldürn die Grundausbildung und kam dann zum Veitshöchheimer Unterstützungsbataillon Einsatz 10.
Die veränderte sicherheitspolitische Situation zu Beginn des Konflikts in der Ukraine war für Florian Döller die Motivation, als Reservist zu dienen. Der Stabsgefreite hatte sich parallel zum Zivilberuf zum Soldaten ausbilden lassen und den ersten Durchgang der Ausbildung Ungedienter absolviert – ein neues Projekt des Reservistenverbands, das Interessenten, die nie zuvor Zeitsoldat oder Wehrdienstleistender waren, die Möglichkeit eröffnet, als Reservist in den Streitkräften zu dienen. bw/sabix
Döller berichtet weiter: „Alles organisatorische und logistische klappte hervorragend. Wir reisten am Vortag der Verlegung in Veitshöchheim an und wurde am Morgen darauf mit dem Bus nach Nürnberg gebracht. Auch dort eine schnelle und reibungslose Abfertigung. Der Flug mit dem neuen Transportflugzeug A400M der Luftwaffe war ebenso eindrucksvoll wie perfekt durchgetaktet. Als Reservist hat man nicht alle Tage die Gelegenheit das Team der Luftwaffe zu erleben.“
Gantert und Döller verrichteten in Litauen gemeinsam den Wachdienst am Kasernentor, grüßten mit einem freundlichen „Laba diena!“ (Guten Tag), passten an einer Personenschleuse auf, dass nur berechtigtes Personal in den Gefechtsstand gelangte und patrouillierten auf Streife im Gelände drumherum. Parallel dazu wurde die Ausbildung vertieft, zum Beispiel bei einem Schießen mit litauischen Soldaten nach deren Vorschriften. Und ganz nebenbei sahen sie auf dem Übungsplatz das Leistungsvermögen einer Panzerdivision inklusive scharfem Gefechtsschießen mit Kampfpanzern Leopard, Schützenpanzern Puma und Panzerhaubitzen.
Innerhalb weniger Wochen hat die Division nach der Alarmierung ihre Truppen und ihr Großgerät per Bahn, per Schiff, mit dem Flugzeug und im Landmarsch durch Polen nach Litauen transportiert, um dort gemeinsam mit den französischen, niederländischen und den litauischen NATO-Partnern die Landes- und Bündnisverteidigung an der NATO-Ostflanke zu üben.
Gelebte Kameradschaft
„Auch die Truppenversorgung war einwandfrei, es fehlte den Kameraden und mir an nichts“, erzählt Döller und lobt die gelebte Kameradschaft. Jeder sei auf den anderen angewiesen, „wie eine Familie“, bloß aus dem Weg gehen konnte man sich vor Ort nicht.
Döller ist begeistert von Land und Leuten in Litauen. „Das Land wirkt zugleich modern in den Städten und auf dem Land scheint manchmal die Zeit stehengeblieben zu sein.“ Er spüre, wie sehr sich die Litauer seit der russischen Annexion der Krim-Halbinsel und dem russischen Angriff auf die Ukraine von ihren Nachbarn bedroht fühlen.
„Ich habe dort den Eindruck gewonnen, sie sind froh, dass die Bundeswehr hier ist.“
Auch Gantert wollte die Chance nutzen, das Land kennenzulernen. Von den Litauern erfuhr er viel Dankbarkeit, stimmt er seinem Kameraden zu: „Wir wurden oft angesprochen und spürten, dass wir willkommen waren und unsere Präsenz im Baltikum wichtig für sie ist.“
Persönlich Eindrücke schildert auch Marco Gantert: „Vor der ersten Übung im Ausland war ich schon sehr aufgeregt. Als Soldaten im Sicherungszug waren wir in Schichten rund um die Uhr im Einsatz.“ Vor Ort habe der schwelende Konflikt mit Russland bedingt durch den Angriffskrieg auf die Ukraine „unglaublich nah gewirkt“ und bei ihm, so Gantert, die Überzeugung und den Willen gefestigt „für die Freiheit Europas einzustehen und seinen Teil beizutragen“.
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/region-main-tauber_artikel,-main-tauber-laudaboxberg-reservisten-sichern-gefechtsstand-in-litauen-_arid,2236251.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.fnweb.de/orte/boxberg.html